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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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178 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

3.4.8.3. Die (unvollendet gebliebene) zweite Novelle<br />

Weil der Volksentscheid von 1903 nicht falsch verstanden werden dürfe 1257 und sich die<br />

Lage weiter verschlimmert habe 1258 , unternahm der Bundesrat einen zweiten Versuch<br />

zur Einführung eines Art. 48 bis in das BStR 1259 . Damit wäre ein abstraktes Gefährdungsdelikt<br />

gegen „Aufreizungen“ zur Dienstverletzung geschaffen worden 1260 . Die gesetzgeberischen<br />

Arbeiten zogen sich aber in die Länge 1261 . Schliesslich wurde die Novelle nicht<br />

mehr selbständig weiterverfolgt, sondern sollte in das neu zu schaffende eidgenössische<br />

Strafgesetzbuch einfliessen 1262 . Die Arbeiten daran wurden aber vom Ersten Weltkrieg<br />

und den darauf folgenden Krisenjahren jäh unterbrochen 1263 .<br />

Als mit dem Ende des Weltkriegs auch in der <strong>Schweiz</strong> soziale Spannungen offen zu Tage<br />

traten, kamen ähnliche Tatbestände als Notverordnungen zur Anwendung 1264 .<br />

3.5. Krawalle in den Grossstädten<br />

Neben den bekannten „Brandherden“ im Tessin und in Genf wurde in den 1890er<br />

Jahren das Phänomen der spontanen, sozial bedingten Unruhen in den stark anwachsenden<br />

Städten zu einer grossen Herausforderung primär für die Kantone. Dabei zeigten<br />

sich bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung insbesondere praktische Prob-<br />

1257 Ständeratspräsident Hoffmann am Tag nach der verlorenen Volksabstimmung bei Eröffnung der Herbstsession<br />

der eidgenössischen Räte im Oktober 1903:<br />

„Man darf die Bedeutung dieses Volksentscheides nicht übertreiben. Entscheidend war die unseres unmassgeblichen Erachtens<br />

unbegründete Befürchtung, als könnte durch die Vorlage ein Attentat auf die verfassungsmässig gewährleisteten Individualrechte,<br />

insbesondere die Pressfreiheit, versucht werden, Individualrechte, über deren Respektierung das Volk eifersüchtig wacht. Irrig wäre<br />

es dagegen, in diesem Volksentscheide den Ausdruck einer militärfeindlichen Stimmung zu erblicken.“<br />

Botschaft Ergänzung BStR 1906, BBl. 1906 IV, S. 31 – 52 (S. 34f.).<br />

1258 „Der Bundesrat hat von diesem Volksentscheide Kenntnis genommen und daraus ersehen, dass die Mehrzahl der <strong>Schweiz</strong>erbürger<br />

die Tatsachen, welche zum Vorschlag des Gesetzes im Jahre 1902 Veranlassung gaben, nicht als genügend erachtete, um die<br />

Ergänzung des Bundesstrafrechtes zu begründen. Er ist aber durch Ereignisse der neueren Zeit veranlasst worden, auf die Frage<br />

zurückzukommen, die ihn damals beschäftigte und er glaubt sich verpflichtet, als Hüter der Verfassung und der Gesetze unseres<br />

Landes, neuerdings den eidgenössischen Räten den Vorschlag zum Erlass der seinerzeit so hart angefochtenen Strafbestimmung<br />

zu unterbreiten.“ Botschaft Ergänzung BStR 1906, BBl. 1906 IV, S. 31 – 52 (S. 35).<br />

1259 Botschaft Ergänzung BStR 1906, BBl. 1906 IV, S. 31 – 52.<br />

1260 „Wer Militärpflichtige zu einer Dienstpflichtverletzung, welche den Tatbestand eines durch die Militärgerichte des Bundes zu<br />

beurteilenden Verbrechens oder Vergehens bilden würde, öffentlich aufreizt, wird, wenn auch die Aufreizung erfolglos geblieben<br />

ist, mit Gefängnis bestraft.<br />

Unter die Bestimmung dieses Artikels fällt auch die im Auslande begangene Handlung.<br />

Vorbehalten bleiben die Bestimmungen der Militärstrafgesetze für die denselben unterstellten Personen (Bundesgesetz über die<br />

Militärstrafgerichtsordnung vom 28. Juni 1889, Art. 1).“<br />

Botschaft Ergänzung BStR 1906, BBl. 1906 IV, S. 31 – 52 (S. 51f.).<br />

1261 Siehe dazu BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. IV, S. 525f.<br />

1262 Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1912 (Justiz- und<br />

Polizeidepartement), BBl. 1913 II, S. 274 – 341 (S. 274).<br />

Zum Ganzen auch BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. IV, S. 524 – 526.<br />

1263 Das Eidgenössische Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 trat erst per 1. Januar 1942 in Kraft. Prof. Carl<br />

Stooss, welcher im 19. Jahrhundert den ersten Entwurf vorgelegt hatte, war zu jenem Zeitpunkt bereits acht<br />

Jahre tot.<br />

1264 Verordnung betreffend Massnahmen gegen die Gefährdung und Störung der innern <strong>Sicherheit</strong> der Eidgenossenschaft<br />

(vom 11. November 1918), AS 34, S. 1161f.; Verordnung betreffend die Gefährdung der militärischen<br />

Ordnung (vom 4. März 1919), AS 35, S. 170f. Siehe auch BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. IV, S. 527ff.

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