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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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144 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

anvertraute. Gestützt auf zwei Bataillone übernahm der Kommissär, ganz den Instruktionen<br />

des Bundesrates folgend 969 , die Regierungsgewalt über den Kanton Tessin 970 .<br />

„Die in Bern im Dienst befindlichen (…) Bataillone 38 und 39 werden morgen nach dem Tessin abgehen,<br />

wie auch Herr Kommissär Künzli.<br />

Die Letzterem ertheilte Instruktion lautet:<br />

1) Da die Regierung des Kantons Tessin durch Gewalt beseitigt, so erhält der Kommissär den Auftrag,<br />

für einstweilen die Regierungsgewalt zu übernehmen, über die Situation zu berichten, die öffentliche Ordnung<br />

aufrecht zu erhalten und weitere Weisungen des Bundesrathes zu gewärtigen.<br />

2) Der Kommissär erhält die Verfügung über die Bataillone 39 und 38.“ 971<br />

Mit Rücksicht auf die weiteren Entwicklungen wurde der Auftrag des Kommissärs einen<br />

Tag später ergänzt:<br />

„Sie wollen die in Verhaft gesetzten Regierungsmitglieder, übrigen Beamten und Privaten (auch alt Ständerath<br />

Reali sei verhaftet) sofort auf freien Fuss setzen; die provisorische Regierung auflösen und alle von<br />

ihr getroffenen Anordnungen, insbesondere diejenigen betreffend Abstimmung über das Initiativbegehren<br />

um Verfassungsrevision, Neuwahlen in den Grossen Rath, Absetzung und Neueinsetzung von Beamten<br />

rückgängig machen, bezw. deren Vollziehung hindern; die von der gleichen Regierung aufgebotenen Truppen<br />

auflösen, sowie andere bewaffnete Schaaren entwaffnen, und, so lange sich die gesprengte Regierung<br />

nicht wieder konstituiert hat, die Leitung der Staatsgeschäfte an die Hand nehmen. Sobald wir Bericht<br />

von Ihnen haben, werden wir Weiteres beschliessen. (…) Theilen Sie beförderlich mit, ob Sie neue Truppenaufgebote,<br />

und in welchem Umfange, verlangen.“ 972<br />

Während Künzli vor Ort mit den zerstrittenen Parteien verhandelte, kommunizierte<br />

(telegrafierte) auch der Bundesrat mit dem Tessin. Betreffend Wiedereinsetzung des<br />

gestürzten Staatsrats kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Bundesrat<br />

und dem Kommissär. In Bern präzisierte man daher dessen Auftrag und drängte auf<br />

eine schnelle Ausführung.<br />

„In Bestätigung unserer gestrigen Instruktionen beauftragen wir Sie:<br />

1. die verhafteten Personen unverzüglich in Freiheit zu setzen und die für deren <strong>Sicherheit</strong> erforderlichen<br />

Massnahmen zu treffen;<br />

2. die provisorische Regierung unverzüglich aufzulösen und deren bisherige Regierungsakte null und nichtig<br />

zu erklären;<br />

3. uns zu berichten, in welchem Momente die gesprengte Regierung im Stande und gewillt sei, ihre Funktionen<br />

wieder auszuüben.“ 973<br />

Künzli hielt die im Telegramm erwähnte Wiedereinsetzung der gestürzten Regierung für<br />

undurchführbar und lehnte jede Verantwortung dafür ab. Der Kommissär erbat daher<br />

seine sofortige Entlassung 974 . Der Bundesrat wiederum fühlte sich von Künzli missver-<br />

969 Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes (vom 11. und 12. September 1890), BBl. 1890 IV, S. 45 –<br />

50 (S. 49f.); dazu auch VON SALIS, Bundesrecht Bd. I, S. 92.<br />

970 Die Hauptaufgabe der Truppen lag darin, neuralgische Räume im Kanton zu überwachen und die Parteien<br />

voneinander zu trennen; vgl. MARTIN, Kriegsgeschichte, S. 128.<br />

971 Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes (vom 11. September 1890), BBl. 1890 IV, S. 49.<br />

972 Aus den Verhandlungen des schweiz. Bundesrathes (vom 12. September 1890), BBl. 1890 IV, S. 49f.<br />

973 Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die bewaffnete eidgenössische Intervention<br />

im Tessin und die politische Lage dieses Kantons (vom 22. September 1890), BBl. 1890 IV, S. 153 – 210<br />

(S. 167).<br />

974 GNEHM, Interventionsrecht, S. 143.

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