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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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206 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

4.5.3. Die Oberstenaffäre<br />

In die Zeit des Ersten Weltkrieges fielen mehrere Affären, welche vor allem innenpolitisch<br />

hohe Wellen schlugen 1435 . Die Folgenreichste davon 1436 war die eigentliche 1437<br />

Oberstenaffäre im Jahre 1916: Zwei Obersten der <strong>Schweiz</strong>er Armee 1438 hatten die täglichen<br />

Nachrichtenbulletins des Generalstabs an deutsche Stellen weitergeleitet 1439 und<br />

ausserdem Nachrichtenhandel mit dem nördlichen Nachbarland betrieben 1440 .<br />

Die Vorkommnisse wurden von Armeespitze und Bundesrat ursprünglich verheimlicht<br />

und sollten „intern“ erledigt werden 1441 . Erst nachdem sich ein beteiligter Kryptograph<br />

der (französischsprachigen) <strong>Schweiz</strong>er Presse anvertraut hatte, erhielt die Öffentlichkeit<br />

Kenntnis von den Tätigkeiten der Generalstabsoffiziere 1442 . Der Bundesrat veranlasste<br />

schliesslich eine Untersuchung gegen die beiden Obersten durch den Oberauditor der<br />

Armee 1443 . Das Militärgericht überwies die Offiziere mangels Feststellung eines schuldhaften<br />

Verhaltens zur disziplinarischen Bestrafung an ihre Vorgesetzten 1444 : Von Wattenwyl<br />

und Egli wurden aus dem Generalstab entfernt 1445 und zu 20 Tagen scharfem<br />

Arrest verurteilt, behielten aber ihren Grad und die Zugehörigkeit zur Armee 1446 . Begründet<br />

hatten die Obersten ihren Geheimnisverrat mit dem Bedürfnis, die Nachrichtenbeschaffung<br />

des Landes zu verbessern 1447 .<br />

Dem Prozess vorausgegangen war ein Streit zwischen dem Bundesrat und General Wille<br />

über die Zuständigkeit des (militärischen) Gerichts. Während Wille es bei einer rein disziplinarischen<br />

Beurteilung des Sachverhalts bewenden lassen wollte 1448 , beharrte der Bun-<br />

1435 Vgl. FUHRER, Die Oberstenaffäre, S. 359.<br />

1436 HANS RUDOLF FUHRER, Die <strong>Schweiz</strong>er Armee im Ersten Weltkrieg, Zürich 1999, S. 216, nennt die Oberstenaffäre<br />

die „grösste innenpolitische Krise in der <strong>Schweiz</strong> seit 1847“, ROGER-CHARLES LOGOZ, in: Altermatt<br />

(Hrsg.), Die <strong>Schweiz</strong>er Bundesräte, Camille Decoppet, S. 316 – 320 (S. 318), die „Krise des Jahrzehnts“.<br />

1437 Eine weitere Affäre drehte sich um den Obersten Obrecht, welcher in vermeintlichem Landesinteresse Uniformstoff<br />

aus Frankreich in die <strong>Schweiz</strong> einführte, um den überwiegenden Teil davon anschliessend nach Österreich-Ungarn<br />

(wo eine grosse Knappheit daran herrschte) zu exportieren. Ausserdem nahm er in Kauf,<br />

dass für die <strong>Schweiz</strong> bestimmtes Öl aus Frankreich von einem <strong>Schweiz</strong>er Unternehmen nach Deutschland<br />

ausgeführt wurde. An einem Zusammenhang zur inneren <strong>Sicherheit</strong> der <strong>Schweiz</strong> fehlt es bei dieser „anderen“<br />

Oberstenaffäre; siehe dazu JÜRG SCHOCH, Oberstenaffäre. Eine innenpolitische Krise (1915/1916), Diss.<br />

phil. hist. Bern 1972, S. 68 – 71.<br />

1438 Oberst i Gst Moritz von Wattenwyl als Chef der Nachrichtensektion des Armeestabes, Oberst i Gst Karl Egli als<br />

dessen Unterstabchef; SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 9; KURZ, Dokumente, S. 127.<br />

1439 SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 18.<br />

1440 SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 10.<br />

1441 SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 31f.; KURZ, Dokumente, S. 127; FUHRER, <strong>Schweiz</strong>er Armee im Ersten Weltkrieg,<br />

S. 217.<br />

1442 SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 17 und 37 – 40.<br />

Zu den Reaktionen im Ausland siehe FUHRER, <strong>Schweiz</strong>er Armee im Ersten Weltkrieg, S. 217f.<br />

1443 KURZ, Dokumente, S. 127f. (inkl. Beschluss des Bundesrates).<br />

1444 FUHRER, <strong>Schweiz</strong>er Armee im Ersten Weltkrieg, S. 221.<br />

1445 Oberst Egli wurde stattdessen mit dem Kommando über die (nicht unbedeutende) Festung Hauenstein,<br />

Oberst von Wattenwyl mit jenem über eine Brigade der 2. Division betraut; SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 31f.<br />

1446 Zum Prozess vor dem Divisionsgericht 5a und zur disziplinarischen Bestrafung ausführlich RUCHTI, Geschichte<br />

1914 – 1918, S. 168 – 185; siehe SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 94 – 99.<br />

1447 FUHRER, <strong>Schweiz</strong>er Armee im Ersten Weltkrieg, S. 220.<br />

1448 Vgl. SCHOCH, Oberstenaffäre, S. 31.<br />

Dem General schien es dabei weniger um (die nachgesagten) Sympathien zum deutschen Kaiserreich (dazu

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