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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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132 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

Das zum Eingreifen vorgesehene Kontingent bestand ursprünglich aus insgesamt 22<br />

bewaffneten, mit Polizeimützen (Käppis) versehenen Zivilisten und ordentlichen Polizeikräften.<br />

Später schlossen sich weitere zehn Männer einer Göschener Bürgerwehr<br />

an 883 .<br />

Die empörten Arbeiter waren den Ordnungskräften zahlenmässig rund um das Vierzigfache<br />

überlegen 884 . Entsprechend liess sich die aufgebrachte Menge dazu hinreissen, die<br />

anrückende Mannschaft mit Beschimpfungen, Steinwürfen und sogar Revolverschüssen<br />

zu empfangen. In Notwehr erschoss die Polizeimannschaft zwei der Anführer und verletzte<br />

zwei weitere tödlich 885 . Daraufhin zogen sich die Arbeiter zurück und die Lage<br />

beruhigte sich 886 . Die erst am nächsten Tag anrückende Urner Infanterie führte Verhaftungen<br />

durch 887 .<br />

3.1.2. Der Bericht des eidgenössischen Kommissärs Hold<br />

Der Bundesrat setzte den Bündner Ständerat Hans Hold 888 als eidgenössischen Kommissär<br />

ein, welcher in Ergänzung zu den Untersuchungen der Urner Behörden den<br />

Auftrag erhielt,<br />

„(…) zunächst die Frage zu begutachten, ob und nach welchen Richtungen die gerichtliche Untersuchung<br />

einer Ergänzung bedürftig sein möchte, und daneben in einer selbständigen Erhebung die administrativen<br />

und technischen Verhältnisse festzustellen, welche die Vorgänge in Göschenen veranlasst haben, sowie zu<br />

konstatieren, ob und in wie weit die von der Urner Behörden zur Unterdrückung jener Unruhen gegriffenen<br />

polizeilichen und militärischen Massregeln erforderlich und gerechtfertigt gewesen seien, und endlich<br />

sein Gutachten über die Frage abzugeben, welche Massnahmen zu treffen seien, um eine Wiederholung<br />

ähnlicher Vorkommnisse zu verhindern.“ 889<br />

Kommissär Hold konstatierte in seinem ausführlichen Bericht eine überaus laxe Ausübung<br />

der Polizeigewalt am Nordportal der Gotthard-Baustelle 890 . Ausserdem sei die<br />

Organisation der Ordnungskräfte (inkl. der Urner Infanterie) ungenügend 891 . Dem Einsatz<br />

der Bürgerwehr brachte der Kommissär angesichts der in jener Situation fehlenden<br />

Alternative ein gewisses Verständnis entgegen 892 , er hielt aber unmissverständlich fest:<br />

„Die Bewaffnung solcher beliebig zusammengefasster Leute (…) zur Verstärkung der regulären Polizeimannschaft,<br />

ist in der Regel zu vermeiden. Auch die sogenannten Bürgerwehren müssen ihre Organisation<br />

haben und namentlich von einem durch die kompetente staatliche Autorität ernannten Chef befehligt<br />

sein.“ 893<br />

883 Zum Ganzen der Bericht Hold, S. 622 – 625. Allgemein zum Bau der Gotthard-Bahn CURTI, Geschichte,<br />

S. 625 – 628.<br />

884 Bericht Hold, S. 638. WANNER, Gotthardbahn, S. 128, spricht sogar von 1'000 streikenden Arbeitern.<br />

885 Bericht Hold, S. 625f. und 640.<br />

886 Bericht Hold, S. 625.<br />

887 Bericht Hold, S. 625.<br />

888 Kurzbiografie unter http://hls-dhs-dss.ch/textes/d/D3599.php (zuletzt besucht am 1. Mai 2009).<br />

889 Bericht des Bundesrathes an die hohe Bundesversammlung über seine Geschäftsführung im Jahre 1875, BBl.<br />

1876 II, S. 233 – 301 (S. 299).<br />

890 Bericht Hold, S. 629.<br />

891 Bericht Hold, S. 637, m.H. auf die damalige Militärorganisation des Kantons Uri.<br />

892 Bericht Hold, S. 638.<br />

893 Bericht Hold, S. 638.

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