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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Erster Weltkrieg und Landesstreik (1914 – 1920) 235<br />

Eine allgemeine Amnestie lehnte die Bundesversammlung ab 1670 . Bereits kurz nach dem<br />

Ende des Landesstreiks fanden ausserdem Verurteilungen wegen gemeinen Delikten<br />

nach kantonalem Strafrecht statt.<br />

Beispielhaft der Fall eines Arbeitersekretärs, welcher der Nötigung gegen einen Fabrikleiter,<br />

begangen am 9. und 12. November 1918, beschuldigt wurde. Mit Urteil vom 25. Februar<br />

1919 erkannte die III. Kammer des Zürcher Obergerichts im Generalstreik zwar politische<br />

Ziele. Es war aber nicht bereit, eine in diesem Rahmen erfolgte Handlung eines<br />

Einzelnen als politisches Verbrechen zu beurteilen, solange sich das Delikt nicht gegen<br />

den Staat oder staatliche Institutionen richtete 1671 .<br />

4.6.8. Die Bürgerwehren<br />

Mit dem Landesstreik hatten sich lokale 1672 , teilweise kantonal verankerte Bürgerwehren<br />

gebildet 1673 , welche sich später unter dem nationalen Dachverband SVV (<strong>Schweiz</strong>erischer<br />

Vaterländischer Verband) 1674 miteinander verbanden 1675 . Die Bürgerwehren hatten<br />

sich zum Ziel gesetzt, die „verfassungsmässige Ordnung“ auf privater Basis zu sichern<br />

1676 . An einem „Volkstag“ (gedacht als Gegenbewegung zum Landesstreik) demonstrierten<br />

sie am 24. November 1918 mit einem Aufgebot von ca. 12'000 Personen –<br />

trotz Versammlungsverbot wegen der grassierenden Grippeepidemie – im Amphitheater<br />

Vindonissa (Windisch/AG) ihr Mobilisierungspotential 1677 .<br />

Die Reaktionen in der Armeeführung fielen unterschiedlich aus. General Wille erkannte<br />

die Gefahr des Bürgerkrieges; weitere höhere Offiziere teilten die Bedenken 1678 . Hingegen<br />

nahmen andere Truppenführer gegenüber den Bürgerwehren eine freundliche Haltung<br />

1670 GAUTSCHI, Landesstreik, S. 358.<br />

1671 III. Kammer des Zürcher Obergerichts, Strafspruch vom 25. Februar 1919, in: Blätter für Zürcherische<br />

Rechtsprechung, XVIII. Band, Zürich 1919, Nr. 191 (S. 372f.)<br />

1672 So gründeten etwa die Zürcher Zünfte am 12. November 1918 die Zürcher Stadtwehr, welche die „Organisierung<br />

des Widerstands bis aus äusserste gegen jeden Versuch bolschewikischer Gruppen, die öffentliche Ordnung zu stören und die<br />

<strong>Sicherheit</strong> des Vaterlandes in Gefahr zu bringen“ bezweckte; zitiert nach ZELLER, Emil Sonderegger, S. 75.<br />

1673 GAUTSCHI, Landesstreik, S. 315f.; ANDREAS THÜRER, Der <strong>Schweiz</strong>erische Vaterländische Verband und die<br />

in ihm zusammengeschlossenen Bürgerwehren 1919 – 1923, Lizentiatsarbeit phil. hist. Basel 1978, S. 3f. Vgl.<br />

auch etwa das Flugblatt des Exekutivkomitees der Zürcher Stadtwehr (vom 12. November 1918), abgedruckt<br />

bei GAUTSCHI, Dokumente, S. 278.<br />

1674 Zu den Tätigkeiten des SVV siehe HELLER, Eugen Bircher, S. 103 – 108; zur Gründung THÜRER, SVV, S. 13;<br />

allgemein ZELLER, Ruhe und Ordnung, S. 124f.<br />

1675 Eine dieser Bürgerwehren ist die „Aargauische Vaterländische Vereinigung“, welche am 11. November 1918<br />

gegründet wurde und noch heute existiert (http://www.vaterlaendische.ch/pge_gesc.html; zuletzt besucht am<br />

1. Mai 2009).<br />

1676 Zu den Trägern dieser Organisationen und ihren teilweise engen Verknüpfungen zu staatlichen Behörden(mitgliedern)<br />

siehe HELLER, Eugen Bircher, S. 107f.<br />

1677 HELLER, Eugen Bircher, S. 61 – 64; eingehend THÜRER, SVV, S. 5 – 13.<br />

Eine zentrale Rolle für die landesweite Verknüpfung der Bürgerwehren und deren Auftreten nach aussen<br />

spielte der Arzt Eugen Bircher. Daher wird bei der Behandlung der Bürgerwehren auch auf das Werk von<br />

Daniel Heller abgestellt. Heller weist darauf hin, dass es sich bei den Bürgerwehren in jener Zeit um ein europäisches<br />

Phänomen gehandelt hat, welches bislang von der Geschichtswissenschaft noch nicht genügend untersucht<br />

worden ist. Eine solche Aufarbeitung – und auch die Rolle der Bürgerwehren in den verschiedenen<br />

Kantonen – kann an dieser Stelle nicht erfolgen. Einerseits bedürfte es dazu umfassender geschichtswissenschaftlicher<br />

Studien, andererseits würde der Rahmen dieser Arbeit bei Weitem gesprengt.<br />

1678 THÜRER, SVV, S. 43, erwähnt die Oberst-Divisionäre Biberstein, Brügger und Pfyffer.

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