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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Erster Weltkrieg und Landesstreik (1914 – 1920) 233<br />

4.6.7. Der Landesstreikprozess<br />

Der Bundesanwalt leitete gegen die Führer des Landesstreiks die Untersuchungen für<br />

einen Hochverratsprozess ein. Viele vor und während des Landesstreiks aufgestellte<br />

Behauptungen stellten sich als unwahr oder nicht beweisbar heraus; ein Verschulden<br />

nach geltendem Bundesstrafrecht konnte keinem der Angeschuldigten nachgewiesen<br />

werden. Daher beschloss der Bundesrat an seiner Sitzung vom 27. Februar 1920 auf<br />

Antrag des Bundesanwalts, das Strafverfahren gegen die Führer des Landesstreiks einzustellen<br />

1653 .<br />

Nach CONSTAT FREY liegt der einzige (historische) Wert der Untersuchung darin, dass sie<br />

die Haltlosigkeit vieler Vorwürfe, Unterstellungen und Behauptungen zu Tage gefördert<br />

habe 1654 .<br />

Wegen der Aufforderung zur Meuterei wurde gegen die Redaktoren der Aufrufe zum<br />

Landesstreik vor dem Divisionsgericht III am 19. März 1919 eine Verhandlung eröffnet<br />

1655 . Bereits nach dem zweiten Prozesstag folgte allerdings ein zweimonatiger Unterbruch,<br />

weil die Verteidiger die Zuständigkeit eines Militärgerichts bezweifelten 1656 .<br />

Die Problematik bestand darin, dass die Angeklagten nicht dem Militärstrafrecht unterstanden,<br />

sie andererseits für die Streikaufrufe nur insoweit verantwortlich gemacht werden<br />

konnte, als sich die Aufrufe an Wehrmänner gerichtet hatten. Das Gericht war den<br />

Anträgen der Verteidigung gefolgt und hatte seine Unzuständigkeit erklärt 1657 . Dieser<br />

Entscheid des Divisionsgerichts III wurde aber nach einer Klärung der Rechtslage durch<br />

das EMD vom Militärkassationsgericht auf Grund einer ebenfalls erfolgten Beschwerde<br />

des Auditors der Armee aufgehoben und der Fall an das Gericht zur materiellen Beurteilung<br />

zurückgewiesen 1658 . Die parlamentarische Immunität von neun beteiligten Nationalräten<br />

wurde in der Frühjahrssession (mit 50 gegen 83 Stimmen) aufgehoben 1659 .<br />

Der angeklagte Nationalrat Platten konnte am Prozess nicht persönlich teilnehmen, weil<br />

er zwischenzeitlich für politische Studien in die Sowjetunion gereist war; die Zürcher Regierung<br />

hatte ihm dafür einen Pass ausgestellt 1660 .<br />

Der Prozess vor dem Militärgericht endete für die 21 Angeklagten 1661 mit nur vier<br />

1653 FREY, Grève générale, S. 167 – 170.<br />

1654 FREY, Grève générale, S. 169.<br />

1655 Das Stenogramm des Prozesses wurde in Buchform veröffentlicht von ROBERT GRIMM, Der Landesstreik-<br />

Prozess gegen die Mitglieder des Oltener Aktionskomitees vor dem Militärgericht 3 vom 12. März bis 9. April<br />

1919, Bern 1919, passim.<br />

Zu dem 21 Anklagen a.a.O. S. 5 – 8 sowie S. 23f. (Ergänzungsanklageschrift).<br />

Die Streikteilnehmer wurden (im Gegensatz zu den Organisatoren) nicht verfolgt, sondern mit einem „Lohnabzug“<br />

(privat) bestraft; RUCHTI, Geschichte 1914 – 1918, S. 455.<br />

1656 FREY, Grève générale, S. 173.<br />

1657 BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. IV, S. 978f.<br />

1658 BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. IV, S. 979; GAUTSCHI, Landesstreik, S. 352.<br />

1659 Botschaft des Bundesrates an den Nationalrat betreffend die Aufhebung der Immunität gegenüber denjenigen<br />

Ratsmitgliedern, die im Strafprozess des Oltener Aktionskomitees etc. unter Anklage gestellt sind (vom 24.<br />

März 1919), BBl. 1919 I, S. 544 – 540; FREY, Grève générale, S. 174.<br />

1660 RUCHTI, Geschichte 1914 – 1918, S. 456f. sowie GRIMM, Landesstreik-Prozess, S. 3f.<br />

1661 Vgl. die Liste bei FREY, Grève générale, S. 171.

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