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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Bewährungsproben von 1874 bis 1914 161<br />

chungsrichter vielfach mit rein polizeilichen Nachforschungen abgeben mussten. Wer unsere Institutionen<br />

nicht kennt, wird diese Art von Untersuchung nicht verstehen. Halb Polizei, halb Untersuchungsrichter!<br />

Halb administrativ, halb gerichtlich! Die Schwierigkeit zeigte sich schon in dem dem Unterzeichneten<br />

vom Bundesrath ertheilten doppelten Auftrage, der dahin ging, einmal dem angeblich geplanten Attentat<br />

auf das Bundesrathhaus nachzuforschen, also ein bestimmtes Verbrechen zu verfolgen, dann aber auch<br />

über den Anarchismus in der <strong>Schweiz</strong> überhaupt Nachforschungen zu veranstalten. Es konnte nicht<br />

ausbleiben, dass unter solchen Umständen auch bei den Kantonen Zweifel darüber entstanden, welche Organe<br />

zur Hülfeleistung berufen seien. Und wirklich kam es vor, dass am einen Orte sich die Beamten der<br />

administrativen und der richterlichen Gewalt darüber stritten, wer berechtigt sein solle, die Requisitionen<br />

des eidgen. Untersuchungsrichters zu vollziehen, während am andern Orte Zweifel darüber entstanden,<br />

wer hiezu verpflichtet sei.<br />

(…)<br />

Endlich hatte die Ausdehnung der Untersuchung auf polizeiliche Erhebungen zur Folge, dass die Untersuchungsrichter<br />

sich mit einer Reihe von Personen einlässlicher befassen mussten, welche man ohne das<br />

kurzer Hand hätte entlassen können.“ 1125<br />

Nach sorgfältiger Abwägung hielt Müller in seinen Schlussfolgerungen fest, dass im<br />

Bund eine „Centralstelle“ zur Bekämpfung politisch motivierter Verbrechen geschaffen<br />

werden sollte.<br />

Eine eidgenössische politische Polizei<br />

„(…) würde (…) einerseits der Opposition der Föderalisten und andererseits der natürlichen Abneigung<br />

unseres Volkes gegen alles, was Polizei heisst, namentlich aber gegen eine politische Polizei, begegnen.<br />

Und es ist allerdings die Errichtung einer Polizei, welche die ausschliessliche Bestimmung hat, eine politische<br />

Partei oder eine soziale Bewegung zu überwachen, mit grossen Gefahren verbunden. Übertriebener<br />

Diensteifer, Ungeschicklichkeit, unter Umständen selbst persönlicher Hass, können zur Verletzung der<br />

Rechte und Freiheiten von Bürgern führen (…).<br />

So lange unsere Kantone unter sich nicht in Beziehung stehen und keiner weiss, was im andern geht, so<br />

lange werden alle Anstrengungen der kantonalen Behörden nur mangelhafte Resultate zu Tage fördern.<br />

Eine erfolgreiche Verfolgung der anarchistischen Bewegung ist erst dann möglich, wenn allseitig eine einheitliche<br />

Orientierung stattfindet. Diese herzustellen, sind die Kantone als solche nicht im Stande, es muss<br />

dazu die Vermittlung durch den Bund in Anspruch genommen werden. Zu dem Zwecke hätte der Bund<br />

eine Centralstelle zu errichten, welcher sämtliche Kantone periodisch Bericht zu erstatten, Domizilveränderungen,<br />

neuen Zuzug, neue Erscheinungen, welche mit Bezug auf die anarchistische Bewegung beobachtet<br />

wurden, u.s.w. zu melden, in besonders wichtigen Fällen auch sofort Anzeige zu machen hätten.“ 1126<br />

Abschliessend konstatierte der Generalanwalt, dass auch anarchistisch motivierte Delikte<br />

nach kantonalen Gesetzen, nicht nach Bundesstrafrecht beurteilt würden. Wegen ihres<br />

speziellen Charakters zog er jedoch eine einheitliche Behandlung in der ganzen <strong>Schweiz</strong><br />

der kantonalen Vielfalt vor. Eine Revision des BStR sei geboten 1127 .<br />

3.4.2.4. Unmittelbare Folgen<br />

Direkte Folgen zeitigte der Anarchistenbericht keine. Sowohl die Revision des BStR als<br />

auch institutionelle Änderungen wurden auf die lange Bank geschoben. Währenddem die<br />

Nachbarländer legiferierten, wartete der Bund vorerst einmal ab 1128 . Da es in der<br />

1125 Anarchistenbericht, S. 605f.<br />

1126 Anarchistenbericht, S. 718f.<br />

1127 Anarchistenbericht, S. 720f.<br />

1128 Darüber beklagte sich LANGHARD, Die anarchistische Bewegung, S. 434.

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