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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Zur Bundesverfassung von 1848 9<br />

allmählich ein 28 . Der eigentliche Bruch mit der Vergangenheit bestand vielmehr in der<br />

Art der Verfassunggebung sowie der Verankerung der Kompetenzkompetenz des Bundes.<br />

Die Verfassungsväter standen einer Grundhaltung nahe, nach welcher das Gemeinwesen<br />

zu keiner Zeit ein absolutes oder gar vollkommenes Gebilde sein konnte. Der Staat bildete<br />

vielmehr einen Rahmen menschlichen Zusammenlebens, welcher gestaltet, weiterentwickelt<br />

und verbessert werden musste. Daher kannte die BV 1848 (als „relativ-starre Verfassung“)<br />

im Unterschied zum Bundesvertrag 1815 eine ausdrückliche Revisionsklausel.<br />

Mit der ersten Bundesverfassung war ein Fundament für den neuen Staat gelegt worden –<br />

nicht mehr und nicht weniger 29 .<br />

1.1.2. Weiterbestehen der kantonalen Rechtsordnungen<br />

Folglich setzte die Verfassung von 1848 weder die bestehenden Kantonsverfassungen<br />

noch die kantonalen Rechtsordnungen ausser Kraft. Insbesondere wurde der Genehmigungsvorbehalt<br />

der Bundesversammlung gegenüber kantonalen Verfassungen nicht<br />

rückwirkend auf bestehende Kantonsverfassungen angewendet 30 . Die BV 1848 bildete<br />

damit einen letztverbindlichen, gesamteidgenössischen Überbau mit sachlich beschränkter<br />

Breite und Tiefe 31 . Allerdings geht seit 1848 das Bundesrecht aller Stufen dem kantonalen<br />

Recht aller Stufen vor.<br />

Entsprechend liess die Bundesverfassung grundsätzlich auch ältere Verträge (sog. Konkordate)<br />

zwischen den Kantonen bestehen, welche bereits unter dem Bundesvertrag<br />

1815 Gültigkeit besessen hatten. Die Bundesverfassung derogierte nur diejenigen Konkordate,<br />

welche in Widerspruch zu ihr standen 32 .<br />

Ähnliches galt hinsichtlich der einsetzenden Bundesgesetzgebung 33 . Im Bereich konkurrierender<br />

Kompetenzen wurde kantonales Recht nach dem noch heute üblichen Prinzip<br />

der nachträglich derogatorischen Kraft des Bundesrechts 34 erst mit der tatsächlichen<br />

Ausübung einer Bundeskompetenz verdrängt 35 . Damit konnten allfällige Rechtslücken<br />

vermieden werden, auch wenn die Gesetze des Bundesstaates erst sukzessive – oder<br />

überhaupt nicht – erlassen wurden.<br />

28 Zu den Kantonen als den „ursprünglichen Staatswesen der <strong>Schweiz</strong>“ sei verwiesen auf URSULA ABDERHALDEN,<br />

Möglichkeiten und Grenzen der interkantonalen Zusammenarbeit, Diss. Freiburg 1999, S. 23.<br />

29 Zur Bedeutung der Gesetzgebung im jungen Bundesstaat JAKOB DUBS, Die <strong>Schweiz</strong>erische Demokratie in<br />

ihrer Fortentwicklung, Zürich 1868, S. 11: „Nach der Verfassung ist das Wichtigste im Staate die Gesetzgebung. Diese<br />

setzt die Verfassung erst in den Stand, das Staatsleben zu beherrschen (…). Gerade dadurch entsteht aber auch die Gefahr, dass<br />

die Verfassung von der Gesetzgebung übel verstanden oder durch mangelnde Ausführung ihr Wille in’s Gegentheil versetzt werden,<br />

sowie dass die Gesetzgebung mit dem lebendigen Volkswillen, diesem Urgrund aller Staatseinrichtungen, in Widerspruch geraten<br />

kann.“<br />

30 Art. 4 ÜBest BV 1848.<br />

31 Vgl. auch KLEY-STRULLER, Verfassungsgeschichte der Neuzeit, S. 229.<br />

32 Art. 6 ÜBest BV 1848.<br />

33 Art. 6 ÜBest BV 1848.<br />

34 Ob das Prinzip zur Anwendung kommt, bestimmt sich auch heute noch nach der jeweils auszulegenden<br />

Bundeskompetenz. Die nachträglich derogatorische Kraft des Bundesrechts gilt jedoch nach wie vor als Regelfall.<br />

Siehe HÄFELIN/HALLER/KELLER, Bundesstaatsrecht, Rz. 1092.<br />

35 FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 98f.; AUBERT, Bundesstaatsrecht Bd. I, Rz. 641; HÄFE-<br />

LIN/HALLER/KELLER, Bundesstaatsrecht, Rz. 1094.

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