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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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3. Bewährungsproben von 1874 bis 1914<br />

Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wallten die innenpolitischen Spannungen im<br />

Kanton Tessin noch einmal zu gewaltsam ausgetragenen Konflikten auf. Erst wiederholte<br />

Bundesinterventionen vermochten den Kanton zu befrieden. Gleichzeitig traten mit<br />

der Zunahme sozialer Spannungen sowie der Infragestellung des Staates durch anarchistische<br />

Theorie und Praxis zwei neue Herausforderungen zu den traditionellen Konfliktfeldern<br />

hinzu. Die Gefahr gewaltsam ausgetragener Parteienstreite wurde abgelöst durch<br />

eine diffuse Bedrohung des Staates und seiner Repräsentanten sowie die Angst vor<br />

Volksaufständen aus sozialpolitischen Gründen. Erst daraus entwickelte sich der eigentliche,<br />

moderne Staatsschutz.<br />

In der Zeit vor dem Weltkrieg zeigte sich, dass die Kantone mit der Entwicklung des<br />

Landes vom beschaulichen Agrar- zum international vernetzten Industriestaat mit einem<br />

bedeutenden Anteil ausländischer Einwohner nicht hatten Schritt halten können. Sie<br />

verharrten weitgehend in ihren vor-bundesstaatlichen, schwerfälligen Strukturen und<br />

waren zunehmend überfordert. Auch auf der Stufe Bund manifestierten sich zunehmend<br />

Versäumnisse. Insbesondere bereitete dem erstarkten und nun im Innern selbstbewusster<br />

als zuvor auftretenden Bund der Umgang mit den aus der BV 1848 übernommenen<br />

Interventionsmöglichkeiten Schwierigkeiten.<br />

3.1. Arbeiterunruhen in Göschenen<br />

Mit dem Bau des Tunnels durch das Gotthard-Massiv entwickelte sich die <strong>Schweiz</strong> zum<br />

Eisenbahntransitland. Der Kanton Uri war mit der plötzlichen Anwesenheit von Hunderten<br />

italienischer Mineure und Arbeiter völlig überfordert. Bei einem Streik von rund<br />

800 Tunnelarbeitern manifestierte sich die Vernachlässigung genügender Massnahmen<br />

zur Aufrechterhaltung der inneren <strong>Sicherheit</strong>. Erst durch den waghalsigen Waffeneinsatz<br />

eines 22-köpfigen Detachements vermochte der Kanton seine staatliche Autorität wiederherzustellen.<br />

Zur Untersuchung der Ereignisse sandte der Bundesrat einen eidgenössischen<br />

Kommissär, welcher mit seinem umfassenden Bericht 881 den Urner Behörden<br />

kein gutes Zeugnis ausstellte.<br />

3.1.1. Grund und Hergang der Unruhen<br />

Als Zeichen des Protests gegen sehr schlechte Arbeitsbedingungen 882 in der Tunnelbaustelle<br />

traten die italienischen Arbeiter am 27. und 28. Juli 1875 in den Streik und besetzten<br />

die Zugänge zum Tunnel. Die Urner Regierung entsandte sieben Landjäger mit<br />

bewaffneter Hilfsmannschaft nach Göschenen und wies den Gemeinderat der benachbarten<br />

Ortschaft Wasen telegrafisch an, zur Unterstützung eine Bürgerwehr aufzustellen.<br />

881 Eingehend der Bericht des eidg. Kommissärs Hrn. Hold über die Unruhen in Göschenen am 27. und 28. Juli<br />

1875 (vom 16. Oktober 1875), BBl. 1875 IV, S. 621 – 642 (S. 631 – 636), nachfolgend „Bericht Hold“ (Seitenzahlen<br />

jeweils zitiert nach BBl.). Bis dato stellt der Bericht die wohl umfassendste Darstellung der Geschehnisse<br />

in Göschenen dar.<br />

882 Bericht Hold, S. 631 – 636; MARTIN WANNER, Geschichte des Baus der Gotthardbahn, Luzern 1885, S. 127.

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