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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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208 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

4.5.4. Die «Affaire des Trains» und weitere Folgen der Oberstenaffäre<br />

Der sich hinziehende Schwebezustand zwischen Krieg und Frieden veranlasste auch das<br />

Parlament, die Befugnisse des Generals in dieser speziellen Situation zu klären 1461 und<br />

die militärische von der zivilen Gewalt klarer (oder besser: überhaupt) abzugrenzen 1462 .<br />

General und Bundesrat suchten auf der faktischen Ebene einen gemeinsamen modus<br />

vivendi, ohne dass die rechtlichen Grundlagen der Zusammenarbeit revidiert worden<br />

wären 1463 .<br />

4.5.4.1. «Affaire des Trains»<br />

Während des Krieges unterstand der Bahnbetrieb der Militärgewalt 1464 . Um im Zusammenhang<br />

mit der Oberstenaffäre für mögliche Unruhen in der Westschweiz gewappnet<br />

zu sein, hatte die Armee zwei Eisenbahnkompositionen zu je drei Zügen bereitstellen<br />

lassen; damit hätte kurzfristig ein Regiment von (weiteren) 3’000 Mann als Ordnungstruppen<br />

in die Westschweizer Städte verschoben werden können 1465 . Nach dem Bekanntwerden<br />

dieser vorsorglichen Massnahme ging ein erster Sturm der Entrüstung<br />

durch die Romandie 1466 , angeheizt von einem Teil der Presse 1467 . Der Bundesrat – auch<br />

EMD-Vorsteher Camille Decoppet – waren über die Vorbereitungshandlungen der<br />

Armee nicht einmal informiert worden 1468 .<br />

4.5.4.1.1. Zum Verhältnis zwischen militärischer und ziviler Gewalt<br />

Im Bundesparlament machte Nationalrat (und Oberst-Korpskommandant) SECRÉTAN<br />

als Waadtländer Föderalist gegen das Armeekommando mobil, indem er die Kompetenzen<br />

des Generals zur Wahrung der inneren <strong>Sicherheit</strong> anzweifelte; es wären in solchen<br />

Fällen zuerst die kommunalen und kantonalen Behörden und in letzter Linie der Bundesrat<br />

zuständig 1469 , nicht aber der General. Ausserhalb des Parlaments verlieh Chefredaktor<br />

Secrétan seiner Haltung in der „Gazette de Lausanne“ Nachdruck 1470 .<br />

In der politischen Auseinandersetzung wurde ins Feld geführt, dass die Armeeleitung<br />

mit ihren Vorbereitungshandlungen gegen den Art. 16 BV verstossen hätte. Denn neben<br />

der zivilen Bundesgewalt sei auch die Souveränität der Kantone verletzt worden 1471 .<br />

1461 Zum Standpunkt des Generals und dessen Auseinandersetzungen mit dem Bundesrat siehe SCHOCH, Oberstenaffäre,<br />

S. 80ff. Allgemein zum rechtlich problematischen Verhältnis zwischen General und ziviler Gewalt<br />

EICHENBERGER, Zum Verhältnis von Bundesrat und General, S. 673 – 685 (insbesondere S. 678 – 681).<br />

1462 BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. IV, S. 820 (Postulat Fazy, Motion Lachenal und Motion Gabuzzi).<br />

1463 ERNST, Die Ordnung des militärischen Oberbefehls, S. 113.<br />

1464 Art. 217 MO 1907.<br />

1465 RUCHTI, Geschichte 1914 – 1918, S. 221f; KURZ, Dokumente, S. 135; FUHRER, <strong>Schweiz</strong>er Armee im Ersten<br />

Weltkrieg, S. 221.<br />

1466 VON GREYERZ, Handbuch der <strong>Schweiz</strong>er Geschichte Bd. II, S. 1131.<br />

1467 FUHRER, <strong>Schweiz</strong>er Armee im Ersten Weltkrieg, S. 221; RUCHTI, Geschichte 1914 – 1918, S. 222.<br />

1468 LOGOZ, in: Altermatt (Hrsg.), Die <strong>Schweiz</strong>er Bundesräte, Camille Decoppet, S. 316 – 320 (S. 318); Bundesrat<br />

Decoppet sei nur darum nicht zurückgetreten, weil seine Ratskollegen für diesen Fall ihren kollektiven Rücktritt<br />

angedroht hätten.<br />

1469 Vgl. dazu RUCHTI, Geschichte 1914 – 1918, S. 222f.<br />

1470 KURZ, Dokumente, S. 136.<br />

1471 Zusammengefasst bei KURZ, Dokumente, S. 137.

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