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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Erster Weltkrieg und Landesstreik (1914 – 1920) 211<br />

Mittel für bewaffnete Interventionen kamen nur noch die vom General befehligten,<br />

stehenden Truppen in Frage. Gleichzeitig hätte jeder Zusammenbruch der inneren Ordnung<br />

im Falle eines gesamteuropäischen Krieges einen massiven Einfluss auf die Verteidigungsfähigkeit<br />

der Eidgenossenschaft bewirkt, so dass eine Gefährdung der <strong>Sicherheit</strong> des<br />

Landes (Art. 16 Abs. 2) ohne weiteres bei jeder Art von Unruhe angenommen werden<br />

konnte. Mit anderen Worten stand dem Bund in einem Kriege wie jenem von 1914 –<br />

1918 eine Interventionskompetenz zu, sobald er eine ernsthafte Gefährdung der inneren<br />

Ordnung in einem Landesteil oder Kanton befürchten musste. Die Vornahme einer<br />

Intervention ohne Mitwirkung des Generals wäre nur noch durch bewusstes Abweichen<br />

von der Militärordnung möglich gewesen.<br />

Da für einen lange dauernden Neutralitätsschutzfall keine besonderen Bestimmungen getroffen<br />

worden waren, die <strong>Schweiz</strong> spätestens seit dem Überfall der Mittelmächte auf das<br />

neutrale Belgien ebenfalls mit einer jederzeitigen Verwicklung in den Krieg rechnen musste,<br />

musste der Neutralitätsschutz in der Konsequenz im Rahmen der Lückenfüllung dem<br />

Kriegsfall zumindest stark angeglichen werden.<br />

Indem die Kompetenzen zur Aufrechterhaltung der inneren <strong>Sicherheit</strong> bei einer konkreten<br />

Gefährdung des Landes nach Art. 16 BV von Anfang an beim Bund lagen (im Unterschied<br />

zur kantonalen Kompetenz), der Bundesrat dem General auch Aufgaben zur<br />

Wahrung der inneren <strong>Sicherheit</strong> übertrug, lag das Interventionsrecht bei der militärischen<br />

Gewalt, konkret beim General. Es verstand sich unter diesen Umständen von selbst,<br />

dass die Armeeführung mit der autonomen Planung von Massnahmen zur Aufrechterhaltung<br />

der Ordnung im <strong>Innere</strong>n begann. Eine Absprache des Generals mit den politischen<br />

Behörden – nach dem Erlass der ausserordentlichen Vollmachten wäre dies der<br />

Bundesrat gewesen – vor dem Einsatz von Truppen im <strong>Innere</strong>n erschien zwar äusserst<br />

zweckmässig. Rechtlich vorgesehen war sie aber nicht.<br />

Richtigerweise hätte der Bundesrat spätestens nach der Affaire des Trains den Auftrag<br />

des Generals – je nach Umfang der Anpassung mit oder ohne Einbezug des Parlaments<br />

– korrigieren und präzisieren müssen, um seine eigene Rolle zu stärken und damit die<br />

Suprematie der zivilen Gewalt auch bei Neutralitätsschutzfällen sicherzustellen. Der Weg<br />

der gegenseitigen „Verständigung“ erscheint als Notlösung gangbar, vermag rechtlich<br />

aber nicht zu überzeugen 1488 .<br />

4.5.4.2. Die Infragestellung der ausserordentlichen Vollmachten<br />

Bei der Bewältigung der Oberstenaffäre drangen nicht nur die Gefühle der verschiedenen<br />

Bevölkerungsteile (Sprachregionen) gegenüber den verschiedenen kriegführenden<br />

Mächten in die Öffentlichkeit. Insbesondere die ausserordentlichen Vollmachten des<br />

Bundesrates wurden nun im Parlament hinterfragt und diskutiert. Die Waadtländer<br />

Bundesparlamentarier und der Regierungsrat des gleichen Kantons postulierten gemeinsam<br />

die „Beschränkung der ausserordentlichen Vollmachten des Bundesrates auf die gegenwärtigen<br />

Notwendigkeiten des Landes“ 1489<br />

1488 Kritisch auch ERNST, Die Ordnung des militärischen Oberbefehls, S. 113.<br />

1489 Postulat Fazy, abgedruckt bei KURZ, Dokumente, S. 136; dazu VON GREYERZ, Handbuch der <strong>Schweiz</strong>er<br />

Geschichte Bd. II, S. 1131f.

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