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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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30 Gewährleistung der inneren <strong>Sicherheit</strong> im jungen Bundesstaat (1848 bis 1874)<br />

2.1.6. Die Bundesintervention<br />

In den häufigsten Fällen ging es bei der eidgenössischen Intervention um die Wiederherstellung<br />

(in Abgrenzung zur Aufrechterhaltung) der inneren Ordnung in einem oder mehreren<br />

Kantonen durch den Bund; – konkret durch den Einsatz eidgenössischer Kommissäre<br />

mit oder ohne Bundestruppen.<br />

Den historischen Hintergrund der Interventionsnormen bildeten die zahlreichen Umstürze<br />

und Umsturzversuche in den turbulenten 1830er Jahren (Regenerationszeit) 174 . Der<br />

Ausdruck „Putsch“ hat während jener Zeit Eingang in die deutsche Schriftsprache gefunden.<br />

Der Zweck des Art. 16 BV 1848 lag allgemein im Schutz der vom Bund gewährleisteten<br />

verfassungsmässigen Ordnung und Rechtsgüter 175 , speziell im Schutz der Rechte der<br />

kantonalen Behörden oder des Volkes 176 . Eine Intervention konnte aber auch bei einer<br />

Gefährdung des Bundes selber, beispielsweise durch eine anhaltende Störung der inneren<br />

<strong>Sicherheit</strong> in einem Kanton, zulässig sein 177 .<br />

Der föderale Staatsaufbau schränkte die Berechtigung des Bundes zur Intervention ein,<br />

indem andere als in der Verfassung genannte Voraussetzungen ein solches Eingreifen<br />

nicht rechtfertigten 178 . Andererseits war der Bund aber zum Schutze der von ihm gewährleisteten<br />

verfassungsmässigen Ordnung in den Kantonen verpflichtet 179 . Da eine Bundesintervention<br />

zum Schutz der inneren <strong>Sicherheit</strong> per se in die Polizeihoheit der Kantone<br />

eingriff, bildete sie eine Ausnahme und liess sich nur durch subsidiäre Anwendung rechtfertigen<br />

180 . Trotzdem verankerte Art. 16 BV damit nicht die kantonale Polizeihoheit; eine<br />

solche lag dem Artikel vielmehr als Voraussetzung zu Grunde.<br />

Art. 16 BV 1848 wies eine relativ komplexe grammatikalische Struktur auf:<br />

„Bei gestörter Ordnung im Innern, oder wenn von einem andern Kantone Gefahr droht, hat die Regierung<br />

des bedrohten Kantons dem Bundesrathe sogleich Kenntnis zu geben, damit dieser inner den Schranken<br />

seiner Kompetenz (Art. 90, Nr. 3, 10 und 11) die erforderlichen Massregeln treffen oder die Bundesversammlung<br />

einberufen kann. In dringenden Fällen ist die betreffende Regierung befugt, unter sofortiger<br />

Anzeige an den Bundesrath, andere Kantone zur Hülfe zu mahnen, und die gemahnten Stände sind zur<br />

Hülfeleistung verpflichtet.<br />

174 BLUMER/MOREL, Bundesstaatsrecht Bd. I, S. 274; PAUL E. MARTIN, Vom Wienerkongress bis zum Weltkrieg,<br />

in: Feldmann/Wirz (Hrsg.), <strong>Schweiz</strong>er Kriegsgeschichte, Heft 12, Bern 1923, S. 73 – 160 (S. 73) meinte<br />

zu den Motiven (auch) von Art. 16 BV (1848), die Tagsatzung „(…) wollte auf verfassungsmässigem Wege der Wiederkehr<br />

eines Bürgerkrieges vorbeugen.“<br />

175 GNEHM, Interventionsrecht, S. 4.<br />

176 Vgl. BLUMER, Bundesstaatsrecht Bd. I, S. 195.<br />

177 FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 149; WALTHER BURCKHARDT, <strong>Schweiz</strong>erisches Bundesrecht,<br />

Erster Band, Frauenfeld 1930, Rz. 312.<br />

178 KAISER, Staatsrecht Bd. III, S. 124, wies zu Recht darauf hin, dass die politische Entwicklung in den Kantonen<br />

nicht ohne Not behindert werden dürfe.<br />

179 KAISER, Staatsrecht Bd. III, S. 121; FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 149. BLUMER/MOREL,<br />

Bundesstaatsrecht Bd. I, S. 274, wiesen darauf hin, dass der Bund auch darum zur Aufrechterhaltung von Ruhe<br />

und Ordnung im Innern zuständig sei, weil er die verfassungsmässigen Rechte des Volkes gegenüber den<br />

kantonalen Behörden umfassend schütze und die nötigen Verfahren für einen demokratischen Wandel garantiere.<br />

180 GNEHM, Interventionsrecht, S. 20; KAISER, Staatsrecht Bd. III, S. 121 (“Umkehrung […] der bestehenden staatsrechtlichen<br />

Ordnung“); DUBS, Öffentliches Recht Bd. II, S. 199; BURCKHARDT, Bundesrecht Bd. I, Rz. 312.

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