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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Zusammenfassung 245<br />

dass der Bundesrat das Aufgebot zahlenmässig festlegte und die vom General genannten<br />

Bedürfnisse gegen dessen Willen um fast das Doppelte überbot. Auch wollte der Bundesrat<br />

über ein jeweiliges ordnungsdienstliches Einschreiten der Truppen selber befinden.<br />

De facto übte aber der General mit seiner Befehlsgewalt, primär an die beiden Kommandanten<br />

für Zürich und Bern (Wildbolz und Sonderegger) den bestimmenden Einfluss<br />

über die Durchführung der Bundesintervention aus – der Einfluss des Bundesrates<br />

war daher beschränkt. Die Regierung stellte dem General nicht einmal einen eidgenössischen<br />

Kommissär als Vertreter der Zivilgewalt zur Seite. Immerhin machte die Landesregierung<br />

mit Beschluss vom 8. November ein Einschreiten der OD-Truppen von ihrer<br />

Genehmigung abhängig.<br />

Im angeheizten innenpolitischen Klima des Novembers 1918 verlor das Oltener Aktionskomitee<br />

– die Dachorganisation der gewerkschaftlich und politisch organisierten<br />

Arbeiterschaft – für kurze Zeit die Kontrolle über eine radikale Zürcher Sektion. Unter<br />

deren Druck wurde, als Reaktion auf die anlaufende bewaffnete Bundesintervention der<br />

Landesstreik ausgerufen, welcher vor allem die Maschinenindustrie für drei Tage lahmlegte.<br />

Dank grossem Glück erfolgen nur wenige gravierende Zusammenstösse zwischen<br />

der Armee und den Streikenden.<br />

Die beiden massgeblichen militärischen Unterführer der OD-Truppen verfolgten konträre<br />

Strategien: Wildbolz als Kommandant für Bern (und damit näher beim Bundesrat)<br />

achtete stark auf die Verhältnismässigkeit des Truppeneinsatzes und suchte von Anfang<br />

an Kontakt und Zusammenarbeit mit den kantonalen und kommunalen Zivilbehörden.<br />

Demgegenüber lag das vom General durch einen detaillierten Befehl vorgezeichnete<br />

Vorgehen Sondereggers in Zürich darin, von Anfang an mit möglichst grossem Mitteleinsatz<br />

und möglichst unilateral einzuschreiten (die Koordination mit der Kantonsregierung<br />

gestaltete sich äusserst schwierig). Damit umging Wildbolz die in Zürich zu Tage<br />

getretene Unsicherheit über die Zuständigkeiten bei gleichzeitigem Einbezug von kantonaler<br />

und militärischer Gewalt im Rahmen einer Bundesintervention, so lang die Gesamtverantwortung<br />

– eigentlich – beim Bundesrat verblieben war.<br />

Obwohl keine Truppenteile desertierten und der Einsatz wie geplant durchgeführt werden<br />

konnte, bildeten sich in der ganzen <strong>Schweiz</strong> innert kürzester Zeit Bürgerwehren.<br />

Getragen vom Willen, die gewählten politischen Behörden zu unterstützen, aber auch im<br />

Misstrauen über die Zuverlässigkeit der Milizarmee bei Einsätzen im <strong>Innere</strong>n des Landes,<br />

sprossen bewaffnete, paramilitärisch organisierte Vereine aus dem Boden. Die Haltung<br />

der Behörden ihnen gegenüber war eine ambivalente und unsichere. Zwar bildeten<br />

die bäuerlich und bürgerlich geprägten Bürgerwehren eine (wohl politisch willkommene)<br />

Gegenbewegung zu jenem Teil der streikenden Arbeiterschaft, sie forderten aber auch<br />

gleichzeitig das staatliche Gewaltmonopol heraus. Trotz der teilweise auf kantonaler<br />

oder kommunaler Ebene erfolgten Reglementierung und Anerkennung der Bürgerwehren<br />

war der Bundesstaat nicht im Stande, das Phänomen befriedigend zu bewältigen. Die<br />

Bürgerwehren gaben sich ihre Aufträge selber, kontrollierten sich selber, bewaffneten<br />

sich in der Regel selber und verfügten über keine demokratische Legitimation. Teilweise<br />

hoben diese sich auf die gleiche Stufe wie die Armee, indem sie ernsthaft behaupteten,

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