02.11.2013 Aufrufe

Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

214 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

4.5.5. Der „rote Sonntag“ (3. September 1916)<br />

Anlässlich der Bundesfeiern 1916 ereigneten sich armeekritische Vorkommnisse. Als der<br />

Bundesrat von einem Aufruf zu Demonstrationen in allen grösseren Städten Kenntnis<br />

erhielt, sah er sich zu einem Kreisschreiben an die Kantone veranlasst. Die Kantonsregierungen<br />

sollten die notwendigen Massnahmen ergreifen, um Störungen der öffentlichen<br />

Ordnung und Kundgebungen auf öffentlichem Grund zu verhindern 1505 .<br />

Gleichzeitig sprach der Bundesrat mit der Armeeführung allfällige militärische Massnahmen<br />

ab. Der Generalstabschef bereitete einen möglichen Truppeneinsatz vor und<br />

brachte die Armee mit einem geheimen Befehl in der Nähe der grösseren Städte in Stellung<br />

(Regelung der Kommandi, Verschiebungen in die grösseren Ballungsgebiete; Erhöhung<br />

der Mobilität, etc.) 1506 .<br />

Zwar verlief der „rote Sonntag“ (3. September 1916) ruhig – zu Einsätzen der Armee<br />

kam es nicht –, doch beschwerten sich die Regierungen der Westschweizer Kantone<br />

gemeinsam über die vom Bundesrat veranlassten Vorbereitungshandlungen. Der Bundesrat<br />

rechtfertigte sich in einem Brief 1507 .<br />

4.5.6. Beurteilung: „Verständigung“ statt Lösung<br />

Nach dem zweiten Kriegsjahr bestand für das Gebiet der inneren <strong>Sicherheit</strong> eine kaum<br />

mehr überblickbare Gemengelage. Neben dem Bundesrat, welcher zusätzlich zu seiner<br />

Regierungstätigkeit auch die Funktion eines umfangreich legiferierenden Gesetzgebers<br />

übernommen hatte, stand der General als oberster Repräsentant der militärischen Gewalt.<br />

Die Abweichungen von der verfassungs- und gesetzmässigen Ordnung erfuhren<br />

harsche Kritik und provozierten vor allem in der Westschweiz lautstarke Manifestationen,<br />

als der Bund den Einfluss des umfassenden Krieges auf die politische Lage im<br />

<strong>Innere</strong>n nicht mehr länger abzudrängen vermochte. Die Legitimität des Notverordnungsrechts<br />

nahm mit der Dauer des Neutralitätsschutzes ab, die rechtlichen Unzulänglichkeiten<br />

verstärkten sich umgekehrt dazu.<br />

Auch angesichts zunehmender Anspannung im Innern vermochte sich der Bundesrat –<br />

obwohl er über umfassende Vollmachten verfügte – nicht zu einer entscheidenden<br />

rechtlichen Neuregelung durchringen, solange der Krieg andauerte; er behalf sich mit<br />

einer „Verständigung“. Auf dem Gebiet der inneren <strong>Sicherheit</strong> agierten nun zivile und<br />

militärische, kantonale und Bundesgewalt nebeneinander, ohne dass entsprechende<br />

rechtliche Rahmenbedingungen dafür geschaffen worden wären. Wo möglich, wurde<br />

offenbar versucht, an der Verfassungsordnung festzuhalten; dies gelang aber immer<br />

weniger überzeugend.<br />

Auf der anderen Seite bewirkte die Allzuständigkeit des Bundesrates, dass sich mögliche<br />

politische Ventile schlossen. Die Landesregierung war nicht bereit, das Vollmachtenregime<br />

zu überdenken.<br />

1505 KURZ, Dokumente, S. 149 (Kreisschreiben vom 31. August 1916; im BBl. nicht veröffentlicht).<br />

1506 KURZ, Dokumente, S. 149f. (inkl. des Befehls vom 1. September 1916, abgedruckt S. 150).<br />

1507 Brief des Bundesrates an die Kantone Freiburg, Waadt, Wallis, Neuenburg und Genf vom 18. September<br />

1916, abgedruckt bei KURZ, Dokumente, S. 149 und 150f.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!