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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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140 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

tern beanstandet, welche in früheren Wahlen noch als zulässig erachtet worden waren 937 .<br />

Auch die parteipolitisch motivierte Wahlkreisbildung bot Anlass zur Ergreifung von<br />

Rechtsmitteln 938 . Daher kam es zu zahlreichen Beschwerden 939 gegen die Grossratswahlen<br />

vom 3. März; viele davon allerdings ohne berechtigten Grund 940 .<br />

Der Tessiner Staatsrat bot zwar eine Kompanie kantonaler Truppen auf, ging aber davon<br />

aus, dass er die Kontrolle über das ganz Kantonsgebiet behalten würde. Entsprechend<br />

stellte die Tessiner Regierung kein Begehren nach bewaffneter eidgenössischer<br />

Intervention 941 .<br />

Den Bundesrat hatten von privater Seite schlechte Nachrichten über die Lage im Tessin<br />

erhalten. Südlich des Gotthards tätige Bundesbeamte äusserten die Vermutung, dass eine<br />

ernste Bedrohung der öffentlichen Ordnung zumindest möglich wäre 942 . Meldungen,<br />

wonach südlich des Gotthards Eisenbahnschienen demontiert würden, erwiesen sich<br />

später als unwahr; jedoch hatten sich die Bürger zu bewaffnen begonnen 943 .<br />

3.2.5.1. Eine neue bundesrätliche Auslegung von Art. 16 BV<br />

Der Bundesrat ernannte – diesmal präventiv und zum Missfallen des konservativen Tessiner<br />

Staatsrats und des konservativ beherrschten Grossen Rates 944 – Oberst Borel, alt<br />

Bundesrat und Weltpostdirektor, zum eidgenössischen Kommissär für diese Angelegenheit<br />

945 .<br />

Eugène Borel hatte bereits im Auftrag des Bundesrates als Generalanwalt ad hoc im Tessin<br />

geweilt, um die zahlreichen Stimmrechtsrekurse gegen die Tessiner Grossratswahlen zu<br />

„instruieren“ 946 ; als neuen Generalanwalt ernannte der Bundesrat den Bündner Nationalrat<br />

Bezzola 947 .<br />

Borel selber hatte es zwar nicht für notwendig gehalten, zum Kommissär erhoben zu<br />

werden; nachdem er es aber geworden war, stellte er Antrag auf Entsendung von Truppen<br />

948 . Zu seiner Unterstützung schickte der Bundesrat das Zürcher Bataillon 68 in den<br />

Kanton Tessin. Die bewaffnete Intervention verlief vorerst erfolgversprechend; gewaltsame<br />

Auseinandersetzungen hielten sich in Grenzen 949 .<br />

937 Bericht Schneider, S. 486f.<br />

938 Bericht Schneider, S. 488ff.<br />

939 Der eidgenössische Delegierte befasste sich alleine zur Frage der Stimmberechtigung mit 726 Fällen; Bericht<br />

Schneider, Beilage A, BBl. 1889 III, S. 508 – 525.<br />

940 Bericht Schneider, S. 381ff. (insbesondere S. 485ff).<br />

941 VOGT, Tessinerfrage, S. 42.<br />

942 GNEHM, Interventionsrecht, S. 124.<br />

943 GNEHM, Interventionsrecht, S. 125.<br />

944 VOGT, Tessinerfrage, S. 42.<br />

945 Aus den Verhandlungen des <strong>Schweiz</strong>. Bundesrates (vom 4. März 1889), BBl. 1889 I, S. 443f.<br />

946 Die (Bundes-) Kompetenz dazu blieb allerdings nicht unumstritten; vgl. KARL GUSTAV KÖNIG, Memorial für<br />

den Staatsrath des Kantons Tessin an das hohe Bundesgericht betreffend Kompetenzkonflikt, Lugano 1889,<br />

S. 2 – 13. Das Bundesgericht trat in BGE 16, 269 auf keine der im Zusammenhang mit den Geschehnissen im<br />

Tessin erhobenen Beschwerden ein.<br />

947 Bericht Schneider, S. 492 sowie VOGT, Tessinerfrage, S. 10f.<br />

948 VOGT, Tessinerfrage, S. 39.<br />

949 Zum Ganzen etwa HIS, Geschichte Bd. III, S. 166f.

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