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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Bewährungsproben von 1874 bis 1914 159<br />

3.4.2. Der Anarchistenbericht<br />

Durch den Anarchistenbericht fand im Bund erstmals eine umfassende Auseinandersetzung<br />

mit dem Anarchismus statt. Zwar erwies sich der Anlass des Berichts – ein angeblich<br />

geplantes Attentat auf den Bundesrat – bald als übler Streich, die Untersuchungen<br />

des Generalanwalts ad hoc mündeten jedoch in einen höchst aufschlussreichen Bericht<br />

und bildeten den Grundstein für den Aufbau des präventiven Staatsschutzes.<br />

3.4.2.1. Der Anlass: Behaupteter Anschlag auf das Bundes(rats)haus<br />

Im Januar 1885 erreichten den Bundespräsidenten mehrere anonyme Schreiben, wonach<br />

das „Bundesrathhaus“ 1115 während einer Sitzung der Landesregierung von Anarchisten<br />

in die Luft gesprengt würde 1116 . Der vermeintliche Denunziant gab sich als ein von Gewissensbissen<br />

gequälter Mitwisser aus 1117 .<br />

Die Behörden nahmen diese Gefahr angesichts ähnlicher Anschläge mit anarchistischen<br />

Hintergründen im europäischen Ausland 1118 sehr ernst. Der Bundesrat berief den Berner<br />

Nationalrat (und späteren Bundesrat) Eduard Müller zum ausserordentlichen Generalanwalt.<br />

Sein Auftrag lag allgemein darin, anarchische Umtriebe in der <strong>Schweiz</strong> aufzuklären<br />

1119 . Die in kürzester Zeit durchgeführten Ermittlungen förderten zwar keine besorgniserregenden<br />

Erkenntnisse über die Anarchisten in der <strong>Schweiz</strong> ans Licht, deckten aber<br />

teilweise schwere Unzulänglichkeiten im <strong>Schweiz</strong>er Polizeiwesen auf.<br />

Auf den konkreten Anlass der Untersuchungen, das geplante Mordattentat auf die wichtigsten<br />

Politiker der <strong>Schweiz</strong> bezogen, deckte der Generalanwalt eine „grossartige Täuschung“<br />

1120 auf.<br />

Ein Anschlag auf das Bundeshaus war nie geplant gewesen – vielmehr ging es bei der<br />

ganzen Angelegenheit um eine Falschanschuldigung aus persönlichen Motiven. Der vermeintliche<br />

Denunziant konnte ausfindig gemacht und festgenommen werden. Er erhängte<br />

sich in der Untersuchungshaft.<br />

3.4.2.2. Erkannte Übertreibungen<br />

Der Bericht stellte fest, dass auch in der <strong>Schweiz</strong> anarchistische Gruppierungen bestünden.<br />

Allgemein sei es aber zu einigen Übertreibungen gekommen, welche teilweise von<br />

den Anarchisten selber gefördert worden wären.<br />

„An den übertriebenen Vorstellungen, welchen man vielfach begegnet, sind zunächst die Anarchisten<br />

selbst schuld. Ihre Berichte über anarchistische Thaten sind zumeist stark aufgetragen, tragen den Stempel<br />

der Ronommisterei und Vieles, was Most in seinem grenzenlosen Grössenwahn auf seine Rechnung<br />

schreiben möchte, gehört nicht auf diese Rechnung. Wenn in den Daily News zu lesen war, in Genf einzig<br />

1115 Das Bundeshaus ist erst mit zwei Erweiterungsbauten (1884 – 1892 sowie 1894 – 1902) entstanden; das<br />

„Bundesrathhaus“ entspricht anno 1885 dem heutigen Westflügel des Bundeshauses.<br />

1116 Anarchistenbericht, S. 600 – 603; eingehend LANGHARD, Die anarchistische Bewegung, S. 291 – 303.<br />

1117 Anarchistenbericht, S. 600.<br />

1118 Dazu oben, S. 151f.<br />

1119 Immerhin – so hielt der Generalanwalt abschliessend fest – wären nun die anarchistischen Gruppen in der<br />

<strong>Schweiz</strong> bekannt und Übertreibungen könnten auf ihr richtiges Mass zurückgeführt werden; Anarchistenbericht,<br />

S. 565 – 580, 594 – 598, 600 – 603 sowie 708f.<br />

1120 Anarchistenbericht, S. 708; LANGHARD, Die anarchistische Bewegung, S. 306f.

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