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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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122 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

1.4. Die <strong>Sicherheit</strong>sverfassung von 1874<br />

Die <strong>Sicherheit</strong>sverfassung von 1874 unterschied sich nur gering von ihrer Vorgängerin<br />

aus dem Jahre 1848. Entscheidend war die Fortentwicklung des Verfassungsrechts gestützt<br />

auf die neue Bundesverfassung. Daher wendet sich der Blick an dieser Stelle insbesondere<br />

der Polizeigeneralklausel zu.<br />

1.4.1. Festhalten an der Ordnung von 1848<br />

Hinsichtlich der inneren <strong>Sicherheit</strong> nahm die BV 1874 weder bei den Verbands-, noch<br />

bei den Organkompetenzen inhaltliche Neuerungen vor. Ungeachtet äusserer Veränderungen<br />

erwies sich die <strong>Sicherheit</strong>sverfassung des Bundes als äusserst beständig. Die<br />

teilweise schwerfälligen Instrumentarien wurden vollumfänglich beibehalten. Sogar die<br />

Systematik blieb unverändert.<br />

Das politische Schlagwort „eine Armee, ein Recht“ stand dem neuen Dokument gewissermassen<br />

Pate für selektive verfassungsrechtliche Nachbesserungen. Sowohl bei der föderalistischen<br />

Grundordnung als auch bei der Gewährleistung der inneren <strong>Sicherheit</strong> wurden<br />

Verbesserungen offenbar nicht für notwendig gehalten – ganz im Gegensatz zur<br />

Armee, wo der deutsch-französische Krieg die Mängel nur all zu deutlich zu Tage hatte<br />

treten lassen.<br />

1.4.2. Die Polizeigeneralklausel<br />

Erst auf der Grundlage der BV 1874 – und mit steigender Bedeutung des Legalitätsprinzips<br />

823 – wurde in der juristischen Lehre und der Rechtsprechung des Bundesgerichts im<br />

20. Jahrhundert das Prinzip der polizeilichen Generalklausel als solches und dessen<br />

Tragweite und Ausgestaltung diskutiert, welches bis heute in ausserordentlichen Lagen<br />

eine zentrale Rolle für staatliches (Exekutiv-) Handeln spielt.<br />

Weder in der BV 1874 noch in der frühen Literatur dazu findet sich der Begriff der<br />

polizeilichen Generalklausel. Das Bundesgericht verneinte im ausgehenden 19. Jahrhundert<br />

in mehreren Entscheiden 824 eine den Kantonsregierungen zustehende Gesetzgebungsbefugnis<br />

ausserhalb des ausdrücklich von der Verfassung vorgegebenen Rahmens.<br />

In BGE 22, 997 hielt das Bundesgericht in einem Entscheid zu § 40 der KV/BE – eine<br />

ganz ähnlich wie Art. 102 Ziff. 10 BV 1874 lautende Bestimmung – noch fest, dass sich<br />

die erforderlichen Befugnisse des Regierungsrats für Vorkehren zur Handhabung der gesetzlichen<br />

Ordnung und zur Gewährleistung der <strong>Sicherheit</strong> nach den verfassungsmässigen<br />

Kompetenzen zu richten haben. Das Bundesgericht wies zu Recht auf den demokratischen<br />

Prozess zum Erlass von Gesetzen hin.<br />

„Es wird (...) in der That dem Regierungsrat ein gewisser Zuständigkeitskreis zugewiesen. Allein die Be-<br />

823 Dazu insbesondere THOMAS COTTIER, Die Verfassung und das Erfordernis der gesetzlichen Grundlage,<br />

Diss. Bern 1983, S. 18 – 31.<br />

824 In BGE 8, 67 (E.2 S. 72) ging es allerdings um ein Mobiliarleihgeschäft, in BGE 17, 45 (E.2 S. 50f.) um das<br />

Coiffuregewerbe und in BGE 22, 997 (E.2 S. 1002ff.) um Versammlungen der Heilsarmee.<br />

BURCKHARDT, Kommentar BV, S. 739 erwähnte die polizeiliche Generalklausel bei der Besprechung von<br />

Art. 102 Ziff. 10 BV 1874 nicht einmal und betonte stattdessen (S. 732), der Grundgedanke des ganzen<br />

Art. 102 bestünde in der Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Bundesrat und anderen Bundesbehörden.

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