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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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32 Gewährleistung der inneren <strong>Sicherheit</strong> im jungen Bundesstaat (1848 bis 1874)<br />

„Alltagskriminalität“, welche die Kantone alleine zu bewältigen hatten 184 , noch um präventive<br />

Massnahmen. Dazu hätte das bei bewaffnet durchgeführter Intervention einzige<br />

Eingriffsmittel des Bundes, die Armee, auch nicht das passende Instrument dargestellt.<br />

Ausserdem hatte nach dem Wortlaut von Art. 16 Abs. 1 eine Störung der inneren Ordnung<br />

bereits vorzuliegen – eine blosse Gefährdung genügte hier nicht. Damit blieb eine<br />

präventive Intervention ausgeschlossen, sofern nicht der Bund als solcher bedroht wurde<br />

oder sich ein Kanton daran machte, einen anderen zu überfallen.<br />

Wenn hingegen die Störung der öffentlichen Ordnung in einem Kanton von den Kantonsbehörden<br />

selber ausging, handelte es sich nicht um eine eidgenössische Intervention,<br />

sondern um eine eidgenössische Exekution nach Art. 74 Ziff. 8 BV 185 oder allgemein um<br />

die Wahrnehmung von Aufsichtspflichten durch den Bund.<br />

2.1.6.1.2. Bedrohung durch einen anderen Kanton<br />

Bereits Art. 14 186 BV 1848 verpflichtete die Kantone dazu, bei Konflikten untereinander<br />

auf Waffengewalt zu verzichten. Demgegenüber betraf Art. 16 Abs. 1 (eingeschobener<br />

Satzteil) BV 1848 die Fälle genereller Störungen der inneren <strong>Sicherheit</strong>, welche vom<br />

Territorium eines anderen Kantons ausgingen 187 .<br />

Die Gründe für die Gefährdung eines Kantons durch Handeln oder Unterlassen eines<br />

anderen Kantons scheinen ganz bewusst keine Rolle gespielt zu haben, um angesichts<br />

der Schwere der Gefahr den Spielraum des Bundes nicht von vornherein einzuschränken 188 .<br />

Das Abstellen auf die Bedrohung durch einen anderen Kanton trug den Freischarenzügen<br />

in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Rechnung 189 . Dieser Tatbestand von Art. 16 BV<br />

erlangte im Bundesstaat keine praktische Bedeutung mehr 190 . Daher wird darauf nicht<br />

weiter eingegangen.<br />

2.1.6.2. Durchführung der Interventionsfälle nach Art. 16 Abs. 1<br />

Bei der Durchführung einer Intervention nach Art. 16 Abs. 1 konnten zwei Varianten<br />

unterschieden werden: Eine Intervention durch einen anderen Kanton oder eine Intervention<br />

durch den Bund.<br />

2.1.6.2.1. Hilfe durch einen anderen Kanton<br />

Bei grösster Dringlichkeit hätte der Interventionsartikel einem Kanton die Möglichkeit<br />

eröffnet, statt dem Bund andere Kantone um Hilfe zu ersuchen, welche zu entsprechen-<br />

184 Die Unterscheidung zwischen „gewöhnlicher“ und „ausserordentlicher Störung“ der inneren <strong>Sicherheit</strong><br />

erlangte somit zentrale Bedeutung. Erst bei einer Überforderung der Kantone durch ausserordentliche Situationen<br />

war der Bund berechtigt, zu Hilfe zu eilen.<br />

185 Dazu sogleich, S. 44. Zur Abgrenzung insbesondere MAX BRUNNER, Die Bundesexekution, Diss. Zürich<br />

1919, S. 33ff. oder GNEHM, Interventionsrecht, S. 29ff.<br />

186 Art. 14 BV 1848: „Die Kantone sind verpflichtet, wenn Streitigkeiten unter ihnen vorfallen, sich jeder Selbsthülfe, sowie jeder<br />

Bewaffnung zu enthalten und sich der bundesmässigen Entscheidung zu unterziehen.“<br />

187 GNEHM, Interventionsrecht, S. 22f.<br />

188 Nach BRUNNER, Bundesexekution, S. 35f., fiel diese Variante des Art. 16 BV 1848 zumindest auch unter den<br />

Begriff der Bundesexekution.<br />

189 BLUMER/MOREL, Bundesstaatsrecht Bd. I, S. 275; SCHOLLENBERGER, Geschichte und System, S. 166.<br />

190 Zur Entstehungsgeschichte des Artikels vgl. BLUMER, Bundesstaatsrecht Bd. I, S. 194f.; zur Bedeutung der<br />

Freischarenzüge in diesem Zusammenhang GNEHM, Interventionsrecht, S. 22f.

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