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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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170 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

nationale Politik gesandt werden 1194 .<br />

3.4.7.2. Stossrichtung<br />

Der Hauptgrund der Novelle lag gemäss bundesrätlicher Botschaft in der einheitlichen<br />

und strengen Bestrafung von terroristischen Verbrechen mit anarchistischem Hintergrund<br />

in der ganzen <strong>Schweiz</strong> 1195 . Als Orientierung dienten sowohl die Vorschläge der<br />

Expertenkommission als auch – überwiegend – deutsche 1196 und französische 1197<br />

Sprengstoffgesetze 1198 .<br />

Das Bundesgericht stellte in seinem Entscheid 40 I 559 klar, das Bundesgesetz vom 12.<br />

April 1894 trage einen allgemeinen Charakter und sich nicht allein auf anarchistisch motivierte<br />

Verbrechen beziehe 1199 . Im Entscheid ging es um einen im Kanton Basel-Stadt lebenden<br />

französischen Spion, welcher mit einer Sprengbombe in Waldshut (Deutschland)<br />

einen Zug zum Entgleisen bringen wollte.<br />

Sprengstoffattentate wurden als äusserst gefährlich und besonders verwerflich angesehen.<br />

Das Unrecht sei grösser als bei „gemeinen“, nach kantonalem Strafrecht zu beurteilenden<br />

Verbrechen und Vergehen. Weil der Taterfolg bei Sprengstoffattentaten nicht<br />

primär vom Willen der Täterschaft, sondern von äusseren Umständen abhinge, wurde<br />

ein abstraktes Gefährdungsdelikt mit einem sehr hohen Strafminimum eingeführt 1200 .<br />

„Art. 1. Wer Sprengstoffe zu verbrecherischen Zwecken gebraucht, wird mit Zuchthaus von wenigstens<br />

10 Jahren bestraft.“ 1201<br />

nung als Sprengstoffgesetz eignet sich m.E. auch darum besser, weil der entsprechende Tatbestand Eingang in<br />

das Strafgesetzbuch gefunden hat und noch heute als Art. 224 – 226 StGB (SR 311.0) – ganz allgemein – Geltung<br />

besitzt (zur Einführung des StGB siehe hinten, S. 316ff.).<br />

Der bundesrätliche Entwurf weicht vor allem in Systematik und Titel vom schliesslich erlassenen Gesetz ab.<br />

Auf den folgenden Zeilen wird darauf nicht speziell eingegangen; die zitierten Tatbestände sind dem Bundesgesetz<br />

vom 12. April 1894 entnommen.<br />

Zum bundesrätlichen Entwurf siehe die Botschaft Anarchistengesetz, BBl. 1893 V, S. 761 – 768 (S. 766 –<br />

768).<br />

1194 EMIL ZÜRCHER, Das Anarchistengesetz, ZStR 1894, S. 118 – 128 (S. 120).<br />

1195 Botschaft Anarchistengesetz, BBl. 1893 V, S. 761 – 768 (S. 762).<br />

1196 Zum deutschen Sprengstoffgesetz von 1894 SCHROEDER, Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht,<br />

S. 104f.<br />

1197 Zur französischen Rechtsentwicklung – bereits der Code Pénal von 1810 kannte in Art. 95 einen Sprengstofftatbestand<br />

–SCHROEDER, Der Schutz von Staat und Verfassung im Strafrecht, S. 244 – 247.<br />

1198 So ZÜRCHER, Das Anarchistengesetz, ZStR 1894, S. 118 – 128 (S. 119).<br />

1199 BGE 40 I 559 (E.1 S. 562f.).<br />

1200 Botschaft Anarchistengesetz, BBl. 1893 V, S. 761 – 768 (S. 763).<br />

Kritisch dazu ZÜRCHER, Das Anarchistengesetz, ZStR 1894, S. 118 – 128 (S. 121f.).<br />

1201 Bundesgesetz betreffend Ergänzung des Bundesgesetzes über das Bundesstrafrecht der schweizerischen<br />

Eidgenossenschaft vom 4. Februar 1853 (vom 12. April 1894), AS 14, S. 322 – 324, nachfolgend „Sprengstoffgesetz<br />

1894“.<br />

Im Entwurf hatte Art. 1 noch gelautet:<br />

„Wer offen oder verdeckt zu verbrecherischen Handlungen aufmuntert oder Anleitung giebt, welche das Leben von Menschen in<br />

Gefahr bringen, wird mit Zuchthaus bestraft.<br />

Handelt der Täter hierbei in der Absicht, einen gewaltsamen Umsturz der staatlichen oder gesellschaftlichen Ordnung vorzubereiten<br />

oder einzuleiten, so ist die Strafe Zuchthaus nicht unter 5 Jahren.“, BBl. 1893 V, S. 761 – 768 (S. 766).<br />

Vernichtend die Kritik von ZÜRCHER, Das Anarchistengesetz, ZStR 1894, S. 118 – 128 (S. 123 – 126), welcher<br />

zu Recht die Unbestimmtheit und viel zu grosse Reichweite der Bestimmung mit dem argumentum ad<br />

absurdum blossstellte.

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