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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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294 Zwischenkriegszeit und Zweiter Weltkrieg (1920 – 1950)<br />

den fascistischen Organisationen jeder Art (einschliesslich Neben- und Deckorganisationen) zu treffen.<br />

Der Bundesrat wird ferner ersucht, an das gesamte freiheitlich und demokratisch gesinnte <strong>Schweiz</strong>ervolk<br />

einen Appell zur Wachsamkeit und zur wirksamen Unterstützung der bundesrätlichen Massnahmen zu<br />

richten.“ 2050<br />

Weil die Bundesanwaltschaft keine illegale Tätigkeit der Landesgruppe <strong>Schweiz</strong> der<br />

NSDAP feststellen konnte, stellte der Bundesrat fest, die zu tiefst anti-demokratische<br />

Organisation falle unter den Schutz der Vereinigungsfreiheit (Art. 56 BV) 2051 . Trotzdem<br />

beschloss er am 18. Februar 1936 schliesslich ein Verbot der Landesgruppe <strong>Schweiz</strong><br />

(Dachverband) 2052 .<br />

Ein Verbot der verschiedenen Zellen und regionalen Zusammenschlüsse der deutschen<br />

Nationalsozialisten in der <strong>Schweiz</strong> erfolgte jedoch erst ganz zum Ende des Zweiten Weltkrieges<br />

2053 . Ob zu jenem Zeitpunkt überhaupt noch eine Gefahr von den verbotenen Organisationen<br />

ausging, bleibt fraglich; viel überzeugender wäre wohl, das Verbot als Teil<br />

einer autonom vorgezogenen Entnazifizierung zu betrachten.<br />

2.8.2.3. Beurteilung: Staatsschutz auf Kosten des Rechtsstaats<br />

Mit den verschiedenen bundesrätlichen oder departementalen Erlassen zur Einschränkung<br />

der Möglichkeit zur freien Meinungsäusserung nach Nationalität der Person oder<br />

Form der Äusserung waren Teile des gescheiterten Ordnungsgesetzes für bestimmte<br />

Schichten der Bevölkerung (v.a. Kommunisten und Ausländer) auf dem Verordnungswege<br />

doch noch in Kraft getreten. Dabei richteten sich Uniformen- und Parteizeichenverbote<br />

in erster Linie gegen die Angehörigen extremistischer Parteien in der <strong>Schweiz</strong>,<br />

insbesondere gegen die „Fröntler“; die Rednerverbote hingegen dienten der Abschirmung<br />

des Einflusses ausländischer Exponenten mit kommunistischem oder faschistischem<br />

Hintergrund. Insgesamt sollten Zusammenstösse wie im Ausland oder 1932 in<br />

Genf verhindert werden. Eine Gefährdung des Staates und seiner Institutionen sah der<br />

Bundesrat primär von kommunistischer Seite. Eine entsprechende Auslegung des Beamtengesetzes<br />

ermöglichte den Ausschluss der Kommunisten aus der Bundesverwaltung.<br />

Parteienverbote und die Bekämpfung von „Umtrieben“ bildeten die letzten Mittel des<br />

Bundesrates, die öffentliche Ordnung oder den Schutz des Landes zu gewährleisten. Mit<br />

der Flexibilität in der Anwendung dieser Massnahmen stellte der Bundesrat offenbar<br />

eine allgemeine Lagebeurteilung in den Mittelpunkt. Dies führte zu einer rechtsungleichen<br />

Anwendung der Verbote unter Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze.<br />

Die Meinungsäusserungsfreiheit als ungeschriebenes Grundrecht der Bundesverfassung<br />

wurde vom Bundesgericht erst im Jahre 1961 entwickelt 2054 . Die Vereinigungsfreiheit<br />

nach Art. 56 BV 1874 nahm staatsgefährliche Vereinigungen ausdrücklich vom Schutzbereich<br />

aus, überliess die Legiferierung zur Verhinderung eines Missbrauchs des Grundrechts<br />

aber ausdrücklich den Kantonen.<br />

2050 AB NR 1936, S. 953.<br />

2051 Bericht über anti-demokratische Umtriebe I, S. 5f.<br />

2052 Bericht über anti-demokratische Umtriebe I, S. 14.<br />

2053 Bundesratsbeschluss über die Auflösung der NSDAP Landesgruppe <strong>Schweiz</strong> (vom 1. Mai 1945), AS 61,<br />

S. 295; dazu hinten, S. 314f.<br />

2054 Siehe dazu MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte, S. 437.

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