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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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146 Von der Verfassungsrevision bis zum Ersten Weltkrieg (1874 – 1920)<br />

3.2.6.3. Endgültige Lösung der Tessinerfrage<br />

Währenddem der Bundesrat weiterhin versuchte, den Streit zwischen Liberalen und<br />

Konservativen zu schlichten, setzte Künzli sukzessive Teile des gestürzten Staatsrats<br />

wieder ein 983 . Die Suche nach einer Verständigung mündete schliesslich in eine Revision<br />

der Kantonsverfassung. Darin wurde insbesondere der Vorschlag des Kommissärs umgesetzt,<br />

die Mitglieder des Tessiner Staatsrats nach dem Proporz- anstatt nach dem Majorzprinzip<br />

zu wählen 984 .<br />

Das für die <strong>Schweiz</strong>er Kantone unübliche System hat bis heute Bestand 985 und gewährleistet<br />

die ausgeglichene Vertretung der politischen Parteien in der Regierung.<br />

Den jeweiligen Minderheiten in den Kommissionen von National- und Ständerat missfiel<br />

das Vorgehen des Bundesrates im Tessin zutiefst. Die Einflussnahme der Bundesexekutive<br />

auf die inneren Verhältnisse in diesem Kanton wäre zu weit gegangen 986 . Insbesondere<br />

die erstmalige Übernahme der vollen Regierungsgewalt über einen Kanton<br />

trug dem Bundesrat harsche Kritik ein. Es wurde betont, dass ein derart einschneidendes<br />

Vorgehen unverhältnismässig gewesen wäre 987 .<br />

Trotzdem genehmigte die Mehrheit der Bundesversammlung das Vorgehen des Bundesrats<br />

988 .<br />

Die Mehrheit der ständerätlichen Kommission konterte damit, die gewählte Regierung sei<br />

zwar überhaupt nie abgesetzt gewesen, der Kommissär hätte aber die Regierungsgewalt<br />

an der Stelle der „nicht vorhandenen Kantonsregierung“ übernommen. Weil daher der Bundesrat<br />

zur Wiederherstellung des öffentlichen Friedens verpflichtet gewesen sei, habe sich<br />

von Anfang an nur die Frage der Dauer einer zulässigen Ausübung der Regierungsgewalt<br />

durch einen Repräsentanten des Bundesrates stellen können. Dieser Entscheid liege aber<br />

allein beim Bundesrat – schliesslich müsse sich dieser sowohl der Ruhe als auch der<br />

Funktionsfähigkeit der Tessiner Regierung versichern können 989 .<br />

Eine vom Bundesrat unterstützte neuerliche Amnestie für die Teilnehmer am Auf-<br />

983 Zum Ganzen etwa HIS, Geschichte Bd. III, S. 167; oder GAGLIARDI, Geschichte der <strong>Schweiz</strong> Bd. II, S. 1629.<br />

984 Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung betreffend die eidg. Volksabstimmung vom 26.<br />

Oktober 1890 (vom 21. November 1890), BBl. 1890 IV, S. 1120 – 1137 (S. 1135).<br />

985 Art. 66 KV/TI (SR 131.229).<br />

986 Die Minderheit der nationalrätlichen Kommission berief sich darauf, dass die gestürzte Tessiner Regierung die<br />

rechtmässige geblieben sei. Weil der Bund sich zur Garantie der Kantonsverfassung verpflichtet hatte, träfe<br />

ihn in diesem Fall die Pflicht, die Regierung so schnell wie möglich wieder einzusetzen. Dazu der Bericht der<br />

nationalräthlichen Kommissionsminderheit, betreffend die bewaffnete eidgenössische Intervention im Tessin<br />

und die politische Lage dieses Kantons (vom 30. September 1890), BBl. 1890 IV, S. 573 – 586 (S. 579).<br />

987 Die ständerätliche Kommissionsminderheit sah durch die „absolute Suspension der kantonalen Gewalten“ einen<br />

unzulässigen staatsrechtlichen Präzedenzfall; ein Zusammenwirken von Kommissär und kantonaler Regierung<br />

wäre „viel korrekter“ gewesen. So der Bericht der ständeräthlichen Kommissionsminderheit, betreffend die bewaffnete<br />

eidgenössische Intervention im Tessin und die politische Lage dieses Kantons (vom 8. Oktober<br />

1890), BBl. 1890 IV S. 659 – 672 (S. 669).<br />

988 Bundesbeschluss betreffend die bewaffnete Intervention des Bundes im Tessin und die politische Lage dieses<br />

Kantons (vom 9. Oktober 1890), BBl. 1890 IV, S. 624f.<br />

989 Bericht der ständeräthlichen Kommissionsmehrheit, betreffend die bewaffnete eidgenössische Intervention<br />

im Tessin und die politische Lage dieses Kantons (vom 7. Oktober 1890), BBl. 1890 IV, S. 659 – 672 (S. 590<br />

– 593).

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