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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Die neue Bundesverfassung 431<br />

2.4. Beurteilung: Keine verfassungsrechtliche Neukonzeption<br />

Die jüngere Literatur betont, die neue Bundesverfassung folge grundsätzlich dem vom<br />

SiPolB 2000 postulierten umfassenden <strong>Sicherheit</strong>sbegriff 2869 . Umstritten bleibt indes, wo<br />

die Grenzen dieses umfassenden <strong>Sicherheit</strong>sbegriffs zu liegen kommen 2870 . Das Beibehalten<br />

unterschiedlicher Formulierungen und Begriffe erleichtert die Auslegung nicht.<br />

Sogar der SiPolB 2000 verzichtet auf die entsprechenden Definitionen 2871 ; – rechtliche<br />

Fragen lässt er weitgehend beiseite. Erschwerend tritt hinzu, dass die Ausarbeitung der<br />

Bundesverfassung von 1999 zur Zeit des SiPolB 90 erfolgte (massgebliche Vorentwürfe<br />

von 1995 und 1996); also jenes Berichts, welcher einen umfassenden sicherheitspolitischen<br />

Begriff noch ausdrücklich ablehnte 2872 .<br />

Die häufige Erwähnung des SiPolB 2000 in bundesrätlichen Botschaften erweckt sogar<br />

den Eindruck, der umfassende <strong>Sicherheit</strong>sbegriff – welchem die Bundesversammlung<br />

mit der Genehmigung des SiPolB 2000 folgte 2873 – solle nachträglich in die Bundesverfassung<br />

hineingedacht werden.<br />

Ein enger Zusammenhang zwischen innerer und äusserer <strong>Sicherheit</strong> besteht in der BV<br />

1999 bei den Organkompetenzen von Bundesrat und Bundesversammlung. Dabei nimmt<br />

die neue Bundesverfassung aber keine echte Neuerung vor, sondern folgt weitgehend<br />

ihren beiden Vorgängerinnen. Zudem behält die neue Bundesverfassung die Unterscheidung<br />

zwischen Organ- und Verbandskompetenzen systematisch bei.<br />

Auch die Einführung eines umfassenden <strong>Sicherheit</strong>sbegriffs durch den formellen Hauptteil<br />

der <strong>Sicherheit</strong>sverfassung von 1999 scheint wenig überzeugend. Die inhaltliche Neufassung<br />

und Ausdehnung des Art. 52 BV 1999 gegenüber den identischen Versionen<br />

von 1848 und 1874 hat für die Bundesintervention die Unterscheidung zwischen innerer<br />

und äusserer <strong>Sicherheit</strong> nahezu entbehrlich gemacht. Bei einer äusseren Gefährdung der<br />

2869 SCHWEIZER/SUTTER/WIDMER, in: <strong>Schweiz</strong>er (Hrsg.), <strong>Sicherheit</strong>s- und Ordnungsrecht des Bundes, Grundbegriffe,<br />

S. 53 – 94, Rz. 29; SCHWEIZER/KÜPFER, St. Galler Kommentar, Art. 57, Rz. 4; RHINOW, Risiko und<br />

Recht, S. 363; RUCH, Verfassungsrecht, § 56, Rz. 8ff.; relativierend BIAGGINI, BV-Kommentar, Art. 57, Rz. 4;<br />

einschränkend die Botschaft VE 96, S. 237.<br />

2870 Siehe MARKUS H.F. MOHLER, in: Rainer J. <strong>Schweiz</strong>er (Hrsg.), <strong>Sicherheit</strong>s- und Ordnungsrecht des Bundes,<br />

SBVR Bd. III/1, Basel 2008, Vernetzung von <strong>Sicherheit</strong>, S. 521 – 624, Rz. 19 (m.w.H.).<br />

2871 SiPolB 2000, S. 10; MOHLER/GÄTTELIN/MÜLLER, Unsicherheit über <strong>Sicherheit</strong>, AJP 2007, S. 825.<br />

2872 Die Bundesversammlung, welche von Januar 1998 bis Oktober 1999 die neue Bundesverfassung zu Ende<br />

beraten hatte, ging auf die Problematik unterschiedlicher Begrifflichkeit nicht ein.<br />

2873 Im Nationalrat am 22. Dezember 1999 mit 114 zu 44 (AB NR 1999, S. 2647ff. [S. 2669]), im Ständerat am 21.<br />

März 2000 mit 24 zu 5 Stimmen (AB SR 2000, S. 145ff. [S. 158]).<br />

In der nationalrätlichen Debatte erntete der SiPolB 2000 von allen massgeblichen Parteien Lob für die umfassende<br />

Darstellung möglicher Risiken und Bedrohungen (Barbara Häring für die SP, Roland Borer für die SVP, Edi<br />

Engelberger für die FDP, Toni Eberhard für die CVP); umstritten waren hingegen mögliche aussenpolitische Konsequenzen<br />

des Berichts, insbesondere eine Annäherung an die NATO oder Auslandeinsätze der <strong>Schweiz</strong>er Armee.<br />

Im Ständerat wurde immerhin die Bedeutung eines umfassenden <strong>Sicherheit</strong>sbegriffs für die innerstaatlichen Institutionen<br />

stärker gewichtet.<br />

In beiden Kammern standen offenbar politische Überlegungen im Zentrum der Debatten. Mit dem SiPolB 2000<br />

sollten die Ära des Kalten Krieges definitiv abgeschlossen und das veränderte Lagebild diskutiert werden – verfassungsrechtliche<br />

Fragen oder Auswirkungen fanden keinen Platz.

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