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Innere Sicherheit Schweiz - Stromversorgungsrecht

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Bewährungsproben von 1874 bis 1914 145<br />

standen, lehnte dessen Abberufung ab und gewährte ihm schliesslich eine grössere<br />

Handlungsfreiheit 975 .<br />

Auch eine übermässige Beschneidung der verfassungsmässigen Rechte der Tessiner<br />

Bevölkerung erachtete der Kommissär als heikel. Künzli legte grossen Wert auf ein<br />

verhältnismässiges Verhalten während der Intervention:<br />

„(…) so glaube ich, es sei nicht meine Aufgabe, konstitutionelle Freiheiten zu unterdrücken, solange dadurch<br />

die öffentliche <strong>Sicherheit</strong> nicht gefährdet erscheint. Deshalb habe ich auch den konservativen Volksversammlungen<br />

in Locarno, obschon dort nichts weniger als sanfte Reden gehalten wurden, freien Lauf gelassen.<br />

(…) Bewaffnete Versammlungen und Schützenfeste werde ich Ihrem Befehle gemäss nicht dulden<br />

und jede Störung der Ordnung streng unterdrücken.“ 976<br />

Der Bundesrat entsandte (gestützt auf die Art. 3, 4, 6, 19 und 21 des BG über die Bundesstrafrechtspflege)<br />

zudem am 16. September Bundesanwalt Scherb und den (wiederum)<br />

speziell dafür ernannten Untersuchungsrichter Schneider in den Kanton Tessin, um<br />

betreffend der neuesten Vorgänge eine Strafuntersuchung nach Art. 52 BStR 977 durchzuführen<br />

978 .<br />

Nach allgemeiner Beruhigung der Lage wurde innert kurzer Zeit eine kantonale Volksabstimmung<br />

über eine Totalrevision der Tessiner Verfassung abgehalten. Angesichts der<br />

knappen Zustimmung (11'899 zu 11'810 Stimmabgaben) und wegen Gerüchten, dass die<br />

konservative Regierung wieder an die Macht gelangen würde 979 , lud der Bundesrat den<br />

Kommissär ein, „die Abhaltung öffentlicher Versammlungen (…) zu verbieten“ 980 .<br />

Trotz der „Einladung“ hielt Künzli an seinen eigenen Verhältnismässigkeitsmassstäben<br />

fest und konzentrierte sich darauf, primär Schiessveranstaltungen zu verhindern. Den<br />

anderen Kundgebungsformen gestand er den Charakter von Ventilen zu und übte sich<br />

in Zurückhaltung 981 .<br />

Am 27. Oktober kam es im Anschluss an die neuerlichen Wahlen zu Kundgebungen.<br />

Soldaten, welche ein Verbot zum Abfeuern von Feuerwerk durchsetzen sollten, wurden<br />

von „feiernden“ Manifestanten angegriffen. Vier Armeeangehörige erlitten Verletzungen.<br />

Weil nur eine Kompanie zur Auflösung dieser Versammlung vorhanden gewesen wäre,<br />

musste mit einem Blutvergiessen gerechnet werden. Daher entschloss sich der zuständige<br />

Regimentskommandant zum Rückzug. Die Menschenmenge wurde sich selber überlassen<br />

– zu weiteren Körperverletzungen kam es nicht 982 .<br />

975 Botschaft des Bundesrathes, S. 168f.<br />

976 Zweiter Bericht Kommissar Künzlis an den Bundesrat (vom 17. September 1890), abgedruckt bei: VON<br />

SALIS, Bundesrecht Bd. I, S. 108f.<br />

977 Politische Verbrechen und Vergehen, als Ursache oder Folge von Unruhen, durch welche eine bewaffnete<br />

Bundesintervention veranlasst wird.<br />

978 Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung, betreffend die bewaffnete eidgenössische Intervention<br />

im Tessin und die politische Lage dieses Kantons (vom 22. September 1890), BBl. 1890 IV, S. 153 – 210<br />

(S. 175f.); VON SALIS, Bundesrecht Bd. I, S. 99.<br />

979 VON SALIS, Bundesrecht Bd. I, S. 123f.<br />

980 Telegramm des Bundesrates an den Kommissär (vom 5. Oktober 1890), abgedruckt in: VON SALIS, Bundesrecht<br />

Bd. I, S. 125.<br />

981 VON SALIS, Bundesrecht Bd. I, S. 127.<br />

982 Dazu die Botschaft des Bundesrathes an die Bundesversammlung über die Tessiner Angelegenheiten (vom 3.<br />

Dezember 1890), BBl. 1890 V, S. 309 – 424 (S. 318f.) sowie VON SALIS, Bundesrecht Bd. I, S. 128.

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