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präsentiert: "Rebellen für Thule"

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Während also die zugewanderten Ostjuden in Berlin unter der<br />

sozialdemokratischen Mehrheitsherrschaft größtenteils in<br />

Konzentrationslager verbracht wurden, war man in Wien großzügiger. Die<br />

Zugewanderten tauchten unbehelligt im Wiener Stadtteil Leopoldstadt<br />

unter, wo seit jeher der Großteil der Wiener Juden wohnhaft war. Der<br />

Wiener Jargon nannte die aus dem Osten, vorwiegend aus Galizien<br />

gekommenen Scharen 'zuagraste Binkeljuden', weil sie mit ihren Binkeln<br />

beladen, worunter man die in Säcken mitgeschleppte Habe verstand,<br />

einströmten.<br />

Wirtschaftlich erholten sich diese Flüchtlinge sehr schnell und in Kürze<br />

brachten sie es bereits zu eigenen Läden und später auch vielfach zu<br />

Fabriksbesitz.<br />

Politisch schlössen sich die Juden der Neuzeit überwiegend den<br />

marxistischen Bewegungen an, umsomehr, als Karl Marx-Mardochai einer<br />

der ihren war. Die nationalen Strömungen Europas ließen keine<br />

Gemeinsamkeit mit dem materialistisch eingestellten Judentum,<br />

weitgehendst links, zu. Zudem hatte das Judentum seinen eigenen<br />

Nationalismus. Ihnen klang die Harfe Davids vertrauter als der<br />

Hohenfriedberger- oder Radetzkymarsch.<br />

Wie stark die jüdische Frage in den Alltag der unmittelbaren<br />

Nachkriegszeit des Ersten Weltkrieges eingriff, geht aus dem<br />

'Stenographischen Protokoll der 3. Sitzung der Konstituierenden<br />

Nationalversammlung <strong>für</strong> Deutschösterreich' von Mittwoch den 12. März<br />

1919 hervor, dem auszugsweise aus einer Rede des christlichsozialen<br />

Abgeordneten Kunschak zu entnehmen ist:<br />

"... Die Studentendemonstrationen und Studentenschlägereien wurden<br />

hier meiner Ansicht nach in einer Weise beurteilt, die nicht gerechtfertigt<br />

ist; sie wurden als ein Ereignis <strong>für</strong> sich behandelt, und das sind sie nicht.<br />

Die Studentenkrawalle sind nur der akute Ausdruck der schweren<br />

Erkrankung, in welcher sich unsere öffentliche Ordnung und unser<br />

öffentliches Leben überhaupt befindet. Sie sind zu vergleichen mit den<br />

Wirkungen, die sich ergeben, wenn eine Eiterbeule zum Aufbrechen<br />

kommt, und diese Eiterbeule am Körper unseres Volkslebens wie unseres<br />

Staatslebens besteht in der Tatsache, daß seit dem Kriegsbeginn bis zum<br />

heutigen Tage noch immer von den Flüchtlingen der damaligen Zeit sich<br />

eine bestimmte Sorte - es sind das die Ostjuden - in Wien aufhält und<br />

anscheinend durch nichts aus Wien hinauszubringen ist. Es ist sehr<br />

bezeichnend, daß die Flüchtlinge anderer Nationen von selbst das<br />

Bedürfnis gehabt haben, in dem Augenblick, wo sich ihnen ein, wenn auch<br />

noch so schmaler Weg zurück in ihre Heimat geboten hat, diesen Weg zu<br />

betreten und unbekümmert<br />

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