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"Weiterbildung" ist zwar als "zeitlich verdichteter Einschnitt in den normalen Alltag" zu verstehen,<br />

von "emotionaler Nicht-Gleichgültigkeit" begleitet und somit ex definitione als "kritisches<br />

Lebensereignis" zu bezeichnen. Aus den Fragebogenergebnissen ist aber insgesamt<br />

von einem bescheidenen Inkonsistenzempfinden der Teilnehmer auszugehen. Besonders im<br />

Vergleich zu früheren Zeiten dürfte die Spannungsanfälligkeit bezüglich Weiterbildung gesunken<br />

sein. Stellte die Teilnahme an einer Erwachsenenbildungsmaßnahme vor 30 Jahren<br />

die Ausnahme dar (sie wäre auch nicht wirklich vonnöten gewesen), bildet sie heute schon<br />

eher einen Regelfall. Man kann sagen, dass sich binnen einer Generation ein (Weiter-)Bildungswandel<br />

vollzogen hat, der längst nicht seinen Zenit erreicht hat.<br />

Das Bildungsvorfeld, sprich die Weiterbildungsmotivation, ist also allgemein getragen von<br />

dem Gedanken an Höherqualifizierung im Sinne eines beruflichen Sprungbrettes, wobei die<br />

Notwendigkeit sowohl fachlicher als auch zunehmend fachübergreifender Fähigkeiten erkannt<br />

wird. In einem Interview spricht der Vorstandsvorsitzende einer großen Versicherung<br />

genau diesen Umstand an: "Neben den Produktkenntnissen ist vor allem immer stärker ein<br />

ganzheitlicher Blick und vernetztes Denken gefordert. Er (der Finanzberater, Anm.) muss<br />

sich auf jeden Kunden individuell einstellen können und dessen Bedürfnisse und Wünsche<br />

durch gezielte Fragen und aufmerksames Beobachten herausfinden, um dann die jeweils<br />

beste Lösung anbieten zu können. (...) Darin liegt aber die Herausforderung und auch die<br />

Chance für einen erfolgreichen Risk Manager und Finanzberater." 285<br />

Das Nahverhältnis zum Erwachsenenlernen ist aber nicht jedem Betroffenen in gleichem<br />

Ausmaß anhaftend. Während bei dem einen die Kursteilnahme ein ganz normaler Tatbestand<br />

- ähnlich einer regelmäßige sportliche Betätigung - darstellt, sieht ihr der andere mit<br />

"Bauchweh" entgegen. Im ersten Fall ist Weiterbildung in den subjektiven Denkinhalten verwurzelt;<br />

im zweiten Fall liegt eine Inkonsistenz vor, die einen psychischen Spannungszustand<br />

erzeugt. Glücklicherweise vereinigt die erste, spannungsfreie, Kategorie den Großteil<br />

der Probanden (ca. drei Viertel) auf sich. Ich wage zu behaupten, dass dieses Bild, nämlich<br />

die Dominanz jener Personen, die mit Weiterbildung kongruent sind, heute bezeichnend für<br />

die gesamte Gesellschaft ist. Wahrscheinlich ist sogar, dass sich ihr Anteil im Zuge des soziologischen<br />

Umbruches, der die Bildungseinstellung miteinschließt, noch erhöhen wird. Der<br />

besonders hohe Prozentsatz konsistenter Personen, der aus der vorliegenden Erhebung<br />

hervorgeht, ist auch prägend für die Branche "Finanzdienstleistungen". Konkurrenzdruck und<br />

steigendes Anforderungsprofil sowie die nach oben offenen Einkommensmöglichkeiten, die<br />

in direkter Relation zum eigenen Können stehen, sorgen für ein überdurchschnittliches Streben<br />

nach Weiterbildung. Dazu kommt noch enorme Dynamik, mit der diese Berufssparte<br />

sich nicht nur fortlaufend weiterentwickelt, sondern auch ausdehnt - schenkt man neuesten<br />

Berichten Glauben, ist der Sektor "Finanzdienstleistungen" bereits dabei, die IT-Branche<br />

umsatzmäßig zu überholen. Und noch ein Aspekt ist nicht zu übersehen: Weiterbildung bildet<br />

- gerade in dieser Sparte - die Chance, entweder ein allgemein niedriges (Grund-)Ausbildungsniveau<br />

zu kompensieren oder aber auch einen eingeschlagenen Berufsweg (und den<br />

akkumulierten Wissensbestand) zu verlassen und sich neu zu orientieren. Dies geht auch<br />

aus den Lebensläufen der einzelnen Bildungskandidaten 286 hervor, die sich vor allem durch<br />

die Unterschiedlichkeit der beruflichen Werdegänge auszeichnen. Nur wenige können nämlich<br />

auf eine einschlägige Berufsausbildung zurückblicken; die breite Masse kommt aus anderen<br />

Sparten und fühlte sich erst im Laufe der letzten Jahre zum Finanzdienstleister berufen.<br />

Ein Kursteilnehmer, der eine Lehre als Kfz-Mechaniker absolviert hat, dann einige Jahre<br />

in diesem Beruf verblieben ist und nun als Finanzdienstleistungsspezialist am Markt tätig ist,<br />

stellt durchaus keine Seltenheit dar.<br />

Soweit zur primären Weiterbildungsintention des Bildungskonsumenten. Positives gibt es<br />

aber auch von Unternehmerseite zu berichten: Grundsätzlich stehen die meisten Arbeitgeber<br />

den Qualifizierungsmaßnahmen ihrer Mitarbeiter positiv gegenüber. Auch hier macht sich der<br />

285<br />

Auszug aus einem Interview mit Dr. Hans Peer für die Zeitschrift "RisControl" am 15. Juni 2000<br />

286<br />

Die jeweiligen Curricula müssen bei der Bewerbung um einen Studienplatz miteingereicht werden.<br />

210

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