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2. bei seiner Familie (Verkürzung der familieninternen Zeitkapazitäten)<br />

3. bei seinem privaten Umfeld (Vernachlässigung der Freundschaftspflege)<br />

Ganz unterschiedlich werden diese drei Felder bzw. die zeitliche Einschränkung vom Studierenden<br />

wahrgenommen: Der Freizeitentgang stellt wider Erwarten kaum ein Problem für die<br />

Betroffenen dar. Zwar wurde die Tatsache, dass persönliche Interessen zeitlich zurückgesteckt<br />

werden mussten, allgemein bestätigt; kaum jemand beklagte sich jedoch über diese<br />

Beeinträchtigung. Im Gegenteil, man sei von vornherein darauf eingestellt gewesen und habe<br />

gewusst, dass es diese Bürde zu tragen gebe, heißt es in den Interview. Offenbar scheint<br />

die Schmälerung privater Aktivitäten jene zu sein, die von den drei o. a. Punkten am wenigsten<br />

betrauert wird.<br />

Anders verhält es sich mit den familieninternen Zeiteinbußen. Diese wurde in der Form zum<br />

einen nicht antizipiert und ist aus diesem Grunde wahrscheinlich schon schwerer hinzunehmen.<br />

Zum anderen rangiert die Familie in ihrer Bedeutung weit vor sämtlichen anderen Betätigungen<br />

- eine derart massive Drosselung des Zeitquantums ist daher besonders schmerzhaft.<br />

Denn eines ist gewiss und wurde auch in den Fragebogenbefunden unter Beweis gestellt:<br />

Der Zeitverlust, der seinen kausalen Ursprung im Kursbesuch findet, trifft die Familie<br />

mindestens in gleichem Ausmaß wie private Freizeitinteressen. Jedoch, und das ist die erfreuliche<br />

Mitteilung, sind wir im familiären Umfeld mit einer positivem Nebeneffekt konfrontiert.<br />

Aus Sicht vieler befragter Teilnehmer scheint eine qualitative Aufwertung gegeben zu<br />

sein, die den quantitativen Zeitverlust fast überkompensiert. Die verbleibenden Stunden im<br />

Kreis der Lieben werden intensiver genutzt, man kommuniziert miteinander, setzt gemeinsame<br />

Aktivitäten, sprich, man vermeidet "leere" Zeit (z.B. vor dem Fernseher lungern) und<br />

nutzt die bescheidenen Zeitkapazitäten bewusster als früher.<br />

Diesen Effekt gibt es aus dem Freundeskreis nicht zu berichten. Auch hier hört man häufig<br />

von einer quantitativen Reduktion, in keinem Fall musste infolgedessen aber eine qualitative<br />

Verschlechterung hingenommen werden. "Freundschaften sind etwas Langlebiges und nicht<br />

kursabhängig", erklärte mir eine Teilnehmerin 484 und verweist damit auf das Verständnis des<br />

Umfeldes, was die eingeschränkte zeitliche Verfügbarkeit angeht. Diese ist übrigens oft nicht<br />

direkte Folge der Lehrgangsteilnahme, sondern darauf zurückzuführen, dass zeitliche Reserven<br />

lieber mit der Familie geteilt werden denn mit Freunden und Bekannten.<br />

Die Verminderung beruflicher Zeitressourcen verdient zweifelsohne besonderer Berücksichtigung,<br />

wurde allerdings schon umfangreich erläutert (vgl. Abschnitt 7.2.3.2.1.2.1, S.<br />

314). Ich möchte die Erkenntnisse an dieser Stelle nur dahingehend zusammenfassen, dass<br />

der Verlust der Arbeitszeit als Hauptverursacher der vielbenannten "Doppelbelastung" ist,<br />

vor allem auch deswegen, da viele Folgeprobleme entstehen: Umsatzrückgänge, Mitarbeiterbeschwerden,<br />

unerledigte Aufgaben und dadurch Rügen seitens der Unternehmensleitung<br />

etc. Sämtliche solcher und ähnlicher Alltagssorgen sind wiederum Paradebeispiele für<br />

stressverursachende Faktoren; die Kausalkette von Zeitknappheit und psychischer Belastung<br />

dürfte damit bewiesen sein.<br />

Zusammenfassend kann man festhalten, dass Zeitknappheit die Knacknuss der Weiterbildungsteilnahme<br />

schlechthin verkörpert - und zwar sowohl im Zusammenhang mit Beruf als<br />

auch mit Partnerschaft und Familie. Aussagen wie die folgende nehmen einen zentralen<br />

Stellenwert ein: „Also das Defizit ist nicht so sehr menschlich, sondern das ist mehr auf der<br />

materiellen Ebene 485 . Also .. Zeit für Organisation, Zeit zum Putzen, Zeit für irgend etwas zu<br />

verbessern, Bilder aufzuhängen, und das.“ 486<br />

484<br />

Ausschnitt aus dem Interview mit Code "Vanessa"<br />

485<br />

Der Interviewte besitzt Deutsch nicht als Muttersprache; seine Ausdrucksweise ist daher etwas<br />

holprig. Es ist anzunehmen, dass mit "materieller" Ebene die "zeitliche" gemeint ist.<br />

486<br />

Ausschnitt aus dem Interview mit Code "Bravi“<br />

378

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