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ausfordernd oder eventuell nützlich empfunden wird) = „primary appraisal“ und zweitens im<br />

Hinblick auf die Kontrollfähigkeit durch die Person = „secondary appraisal“. 65<br />

Der Bewältigungsprozess, der durch ein kritisches Ereignis in Gang gesetzt wird, bedingt<br />

daher zunächst eine kognitive Bewertung. Als Ergebnis entstehen Gefühle über die subjektive<br />

Einschätzung des Wohlbefindens. Bei negativer Bewertung bilden diese sodann zentrale<br />

Bestandteile der menschlichen – direkter oder pallativer – Anpassung. Beeinflusst wird diese<br />

von Überzeugungen und Wertvorstellungen sowie Erfahrungen des Individuums im Umgang<br />

mit kritischen Situationen. 66 Kritisch anzumerken ist bei diesem „Transaktionalen Prozessmodell“<br />

67 , dass die vorgenommene Differenzierung überwiegend deskriptiv und weniger<br />

explikativ ist, d.h. es wird zwar eine Einteilung der beobachtbaren Reaktionen ermöglicht,<br />

aber nichts über die dahinterstehenden (Ursache-Wirkungs-)Denkprozesse ausgesagt. Des<br />

weiteren lässt der Ansatz des Coping viele Reaktionen unberücksichtigt, so z.B. das „Akzeptieren<br />

der Situation“ 68 .<br />

ROSCH INGLEHART geht hingegen von<br />

� Bearbeitungsstrategien und<br />

� Rückzugsstrategien<br />

aus 69 und schafft damit nicht nur eine sehr saubere, sondern m.E. auch völlig ausreichende<br />

Differenzierung der beobachtbaren Verhaltensweisen. Die zugrundeliegende Überlegung ist<br />

folgende: Eine aufgrund eines kritischen Lebensereignisses entstehende Inkonsistenz erzeugt<br />

einen Spannungszustand verbunden, der wiederum Strategien zur Beseitigung erfordert.<br />

Diese können nun auf zweierlei Arten wirksam werden: Zum einen könnte die Person<br />

versuchen, die Inkonsistenz abzubauen und wieder ein inneres Gleichgewicht herstellen –<br />

dies entspräche einer Bearbeitungsstrategie. Denkbar ist aber auch (und das wäre die zweite<br />

Alternative), dass die Person ein innerliches Zurückweichen vorzieht und den inkonsistenten<br />

Lebensbereich einfach aus ihrem Bewusstsein verdrängt. In diesem Fall hätte sie sich für<br />

eine Rückzugsstrategie entschieden. Letztendlich zielen beide Reaktionen auf den Endzustand<br />

der „Spannungsfreiheit“ ab. Ausdrücklich zu erwähnen gilt es daher, dass keiner der<br />

beiden Möglichkeiten generell ein Vorzug gegenüber der anderen eingeräumt werden kann.<br />

Welche letztendlich vorteilhafter erscheint, hängt von der jeweiligen Situation und Person ab.<br />

Auch ein Rückzug kann unter gegebenen Umständen die bessere Strategie darstellen. So<br />

kann das Verdrängen eines leistungsgebundenen Misserfolgserlebnisses vorteilhafter für die<br />

weitere Bildungskarriere sein als deren Bearbeitung. Würde man z.B. bei jeder Prüfung an<br />

die nicht bestandene, als kritisches Lebensereignis erlebte Führerscheinprüfung denken,<br />

würde dies in Prüfungssituationen einen permanenten Spannungszustand hervorrufen; hingegen<br />

würde das Ausklammern dieser Erinnerung zur Spannungsreduktion führen.<br />

Zusammenfassend kann man festhalten, dass eine Person in jedem Fall versuchen wird,<br />

insofern auf das Auftreten dieser psychischen Störfaktoren zu reagieren, als es die entstandene<br />

Inkonsistenz beseitigen und wieder eine konsistente Gedankenwelt herstellen wird.<br />

Dazu wird sie immer jene Strategie auswählen, die für sie den geringsten Aufwand erkennen<br />

lässt. Dies kann in einem Fall einen Rückzug, in einem anderen eine Bearbeitung der kritischen<br />

Situation bedeuten.<br />

Neben Aufspaltung in Bearbeitungs- und Rückzugsstrategien (= Reaktionsart) ist es für die<br />

weitere Betrachtungen notwendig, auch die spezifische Reaktion, d.h. die konkrete Form des<br />

Spannungsabbaus, festzustellen („strukturierende Komponente“ 70 ).<br />

65 Vgl. Wicki, W. (1997), S. 47<br />

66 Vgl. Lazarus, R. (1990) in Fröhlich, W. (2000), S. 28 f.<br />

67 Lazarus, R. (1990), S. 201 in Fröhlich, W. (2000), S. 28 f.<br />

68 Thomae, H. (1996), S. 111<br />

69 Vgl. Rosch Inglehart, M. (1988), S. 16 f.<br />

70 Rosch Inglehart, M. (1988), S. 18, Vgl. Abschnitt 4.2.5.3, S. 43<br />

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