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4.2.5.1 Reaktionsarten<br />

Wie bereits eingangs erläutert wurde, stehen einander zwei Handlungsalternativen gegenüber<br />

71 :<br />

1. Bearbeitungsreaktion (= Strategie zum Abbau inkonsistenter Beziehungen und zum<br />

Überleiten in Konsistenz)<br />

2. Rückzugsreaktion (= Verlagerung der Aufmerksamkeit auf andere, konsistente Lebensbereiche)<br />

Sämtliche in der Folge vorgestellten Einordnungen der beobachtbaren Reaktion lassen sich<br />

im Prinzip auf diese beiden Möglichkeiten reduzieren, auch wenn sie sich hinsichtlich terminologischer<br />

Wahl unterscheiden.<br />

HAAN 72 geht beispielsweise von den von PIAGET 73 entwickelten Begriffen „Akkomodation“<br />

und „Assimilation“ aus. Sie gelangt zu der Überzeugung, dass "normative", d.s. ex definitione<br />

alle Veränderungen, die die betroffene Person nicht überfordern, zunächst einen Akkomodationsprozess<br />

(= Einordnung der Umwelt in die eigenen kognitiven Strukturen) einleiten. Das<br />

Individuum aktiviert und koordiniert seine Verarbeitungsprogramme, was eine Bewältigung<br />

der neuen situativen Gegebenheiten ermöglichen soll. Die Erfüllung dieser Anforderungen<br />

bildet gleichzeitig den Input für die eigenen kognitiven Strukturen und damit die Grundlage<br />

eines Assimilationsprozesses, durch den die individuellen Bearbeitungsprogramme qualitativ<br />

und dauerhaft verändert werden. Ausgelöste affektive Bewertungen der Situation können<br />

zusätzlich motivierend auf den Verarbeitungsprozess Einfluss nehmen. Anders verhält sich<br />

die Lage bei "nicht-normativen" Anforderungen. Diese bedeuten eine Überforderung und<br />

Bedrohung des Betroffenen und zielen Abwehrreaktion bzw. unangepasstes, inadäquates<br />

und unkoordiniertes Verhalten nach sich. Der Ausgang im Sinne einer Bewältigung hängt<br />

somit von der Beurteilung/Wahrnehmung der Ereignisse (normativ oder nicht-normativ?)<br />

durch die Person, aber auch von den vorhandenen Bewältigungsstrategien ab. Eine besondere<br />

Rolle spielt in diesem Konzept auch die soziale Unterstützung. 74<br />

Auch WENTURA 75 benutzt die Begriffe „Akkomodation“ und „Assimilation“ zur Charakterisierung<br />

ihres Zwei-Prozess-Modells. Auslöser des Prozesses ist eine Krise, die sie als Ist-Soll-<br />

Diskrepanz versteht. Diese Diskrepanz kann die betroffene Person durch aktive, assimilative<br />

Handlungen beseitigen oder durch akkomodaditve Prozesse, die einer kognitiven Umbewertung<br />

(entlastende Deutung des negativen Ereignisses, Senkung von Ansprüchen oder Zielen)<br />

gleichkommen. Diese zwei Verhaltensformen unterliegen einer sequenziellen Abfolge:<br />

Solange die persönliche Einschätzung eine Zielerreichung bzw. eine Wiederherstellung des<br />

Gleichgewichts erkennen lassen, werden assimilative Prozesse als Abfolge von Problemlösungsschritten<br />

in Gang gesetzt und aufrechterhalten. Wird die kritische Situation als unüberwindbar<br />

angesehen, schließen sich akkomodative Mechanismen an, die darauf abzielen, die<br />

Bedeutsamkeit des Ungleichgewichts zu mindern. WENTURA unterscheidet insbesondere<br />

folgende Facetten entlastender Umdeutung im Zuge einer Akkomodation:<br />

� Entlastende Vergleiche: Als „Abwärtsvergleichen“ (downward comparisons) bezeichnet<br />

man die Strategie, die eigene Situation mit der von anderen Personen zu vergleichen, die<br />

es noch schlechter erwischt hat.<br />

� Positive Nebenbedeutungen: Diese haben zum Zweck, die positiven Effekte eines kritischen<br />

Ereignisses herauszustreichen (z.B. Ruhestand bietet nun die Möglichkeit zur<br />

vermehrten Durchführung des Hobbys).<br />

71<br />

Vgl. Rosch Inglehart, M. (1988), S. 57<br />

72<br />

Vgl. Haan (1977) in Resl, E. (1990), S. 39 f. und in Filipp, S.-H. (1990), S. 134 f.<br />

73<br />

Vgl. Piaget, J. (1990), S. 127<br />

74<br />

Vgl. dazu auch Abschnitt 4.2.7, S. 44<br />

75<br />

Vgl. Wentura, D. (1995), S. 5 ff.<br />

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