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Aus der medizinischen Forschung sind zwei widersprüchliche Erklärungsansätze sozialer<br />

Effekte bekannt 99 . Inzwischen wurde jedoch festgestellt, dass beide Einflüsse nebeneinander<br />

Geltung besitzen:<br />

1. „Buffering“-Hypothese: Diese besagt, dass soziale Unterstützung quasi einen Schutzwall<br />

zwischen Krankheit und Betroffenem bildet, der die Wirkung bzw. den vollen Aufprall<br />

des stressvollen Ereignisses (= Erkrankung) mildert. Nach CAPLAN wird diese Puffer-<br />

Effekt-These in bedrohlichen Ausnahme-Situationen wirksam, in der die soziale Hilfestellung<br />

direkten Bezug zum speziellen Ereignis aufweist.<br />

2. „Haupteffekt“-Hypothese: Nach dieser Konzeption hat soziale Unterstützung zwar eine<br />

generell fördernde Wirkung auf den Gesundheitszustand, nicht jedoch in Zusammenhang<br />

mit einem speziellen Ereignis (= Auftreten einer Krankheit). CAPLAN skizziert zwei unterstützende<br />

Faktoren, die eine allgemeine Basis für individuelles Gleichgewicht liefern<br />

sollen:<br />

� Befriedigung von Zugehörigkeits- und Geborgenheitsbedürfnissen<br />

� Bildung individueller Orientierungsrichtlinien und Handlungskompetenz<br />

4.2.7.1 Der Prozess der sozialen Unterstützung<br />

Was man unter sozialer Unterstützung zu verstehen hat, konnte vorab geklärt werden. Es<br />

drängt sich jedoch die Frage nach der Integration dieses Effekts in das vorgestellte „Modell<br />

der kritischen Lebensereignisse“ auf.<br />

4.2.7.1.1 Soziale Unterstützung und Spannung<br />

Es müssen zunächst zwei Arten sozialer Unterstützung unterschieden werden 100 :<br />

1. Inhaltsspezifische Unterstützung: Die unterstützende Person erweitert die Kognitionen<br />

des Betroffenen um weitere inhaltsspezifische Kognitionen, die dazu beitragen, die entstandenen<br />

Inkonsistenz und aufgebaute Spannung abzubauen. Das Einbringen neuer<br />

Kognitionen kann allerdings auch genau das Gegenteil bewirken, in der sprichwörtliche<br />

Schuss „nach hinten losgeht“ und die neuen Kognitionen inkonsistenzsteigernde Wirkung<br />

haben (und die Spannung des Betroffenen noch erhöhen).<br />

2. Inhaltsunspezifische Unterstützung: Diese Unterstützung betrifft sowohl den Fall, der<br />

eintritt, wenn das bloße Erzählen einer belastenden Situation für den Betroffenen befreiend<br />

wirkt, als auch jenen des „Ventilierens“ 101 (= erstmalige Offenlegung), die dadurch<br />

charakterisiert ist, dass der Betroffene immer wieder die gleiche kritische Situation in allen<br />

Einzelheiten schildert, obwohl im durchaus bekannt ist, dass das Gegenüber bereits<br />

sämtliche Details kennt. Offensichtlich hilft ihm dieses wiederholte Erzählen jedoch, für<br />

sich selbst die Zusammenhänge klarer zu erfassen und Ungereimtheiten zu reduzieren.<br />

Des weiteren wirkt das aktive Zuhören positiv auf das Selbstwertgefühl des Betroffenen.<br />

Das erstmalige Offenlegen einer belastenden Situation wirkt konsistenztheoretisch hingegen<br />

noch auf andere Weise spannungsreduzierend. So kann die Befürchtung, eine<br />

nahestehende Person würde negativ reagieren, setzte man sie vom kritischen Lebensereignis<br />

in Kenntnis, spannungserhöhend in einer schon ohnehin inkonsistenten Lage wirken.<br />

Das Erzählen und die Erkenntnis, dass die Person eben nicht so reagiert wie angenommen,<br />

nimmt daher einen Teil der Spannung.<br />

99 Vgl. Caplan, G. (1984) in Brandstötter, B. (1996), S. 78 sowie Rosch Inglehart, M. (1988), S. 86<br />

100 Vgl. Rosch Inglehart, M. (1988), S. 90 f.<br />

101 Rosch Inglehart, M. (1988), S. 92<br />

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