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4.2.8 Individuelle Unterschiede<br />

Die Bedeutung individueller Unterschiede, d.h. eigentümlicher psychischer, physischer und<br />

biographischer „Personenmerkmale“ liegt nach FILIPP darin, dass sie<br />

1. den Umgang der Person mit dem kritischen Lebensereignisses (d.h. Wahrnehmung und<br />

Bewertung als verursachende Variablen für die Reaktion) sowie<br />

2. die Wahrscheinlichkeit der Konfrontation mit diesem erklären. 111<br />

Zu Punkt 1 liegen mittlerweile unzählige Untersuchungen vor, die alle darauf abzielen, ein<br />

personenspezifisches Unterscheidungsmerkmal herauszugreifen und mit dem Bewältigungsvorgang<br />

in Beziehung zu setzten. Dabei stößt man auf divergierende Befunde, wie z.B. in<br />

jenen Studien, die die "kritische" Wirkung geschlechtsspezifisch analysieren. Obwohl diesen<br />

keineswegs generelle Aussagen zu entnehmen sind, scheinen Frauen insgesamt mehr kritische<br />

Situationen in ihrem privaten Umfeld, im zwischenmenschlichen Bereich zu sehen,<br />

während sich Männer eher im beruflichen Bereich mit stressbehafteten Ereignissen konfrontiert<br />

fühlen. Analysen zur altersmäßigen Betroffenheit lassen keinen eindeutigen Zusammenhang<br />

zwischen Lebensalter und Anzahl der kritischen Ereignissen erkennen. Sicher ist<br />

nur, dass ältere Menschen in stärkerem Maße mit negativen Lebenserfahrungen konfrontiert<br />

sind, insbesondere irreversible Verluste sind ein Kennzeichen der späteren Lebensabschnitte.<br />

Empirisch nachgewiesen und quasi als Folge der vermehrten Konfrontation mit kritischen<br />

Ereignissen zu verstehen ist die Tatsache, dass mit zunehmendem Lebensalter die Flexibilität<br />

der Zielanpassung zunimmt, die Hartnäckigkeit der Zielverfolgung hingegen abnimmt. 112<br />

Hinsichtlich des 2. Wirkfaktors persönlicher Charakteristika seien zur Veranschaulichung<br />

zwei einfache Beispiele erwähnt: Ein Hilfsarbeiter, der über wenig Schulbildung verfügt und<br />

schon langjährig zufrieden auf dem Bauplatz tätig ist, wird kaum in die Verlegenheit kommen,<br />

sich mit „Weiterbildung“ als kritischem Lebensereignis auseinanderzusetzen (es sei<br />

denn, er wird durch äußere Einflüsse - Arbeitsplatzverlust – dazu gezwungen). Eine Frau, die<br />

sich zu einer Sterilisation entschieden hat, wird das kritische Ereignis einer Geburt für sich<br />

nicht mehr in Betracht ziehen.<br />

Gemäß ROSCH INGLEHART unterscheiden sich Menschen vorwiegend durch die Verschiedenheit<br />

ihrer Weltbilder. Diese können nicht nur von differenzierender Komplexität sein,<br />

d.h. mehr oder weniger kognitive Strukturen der einzelnen Lebensbereiche aufweisen, sondern<br />

auch eine unterschiedliche Wertigkeit in den einzelnen kognitiven Inhalten erkennen<br />

lassen. Der Bereich „(Weiter-)Bildung“ wird so gesehen bei einem Menschen von zentraler<br />

Bedeutung sein, wohingegen sie bei einem andern in ihrem Stellenwert im Vergleich zu anderen<br />

Denkinhalten ganz unten rangiert. 113<br />

4.2.8.1 Individuelle Unterschiede und Spannung<br />

Je zentraler ein bestimmter Inhalt im Weltbild einer Person präsent ist, desto enger steht er<br />

mit anderen kognitiven Strukturen, insbesondere mit der Position „Selbstbild“ in Beziehung.<br />

Daraus kann abgeleitet werden, dass ein kritisches Lebensereignis umso mehr Spannung<br />

hervorruft, je zentraler der angesprochene Lebensbereich für den Betroffenen ist. Da das<br />

„Selbst“ eine zentrale Position im Weltbild einer Person einnimmt, kann weiters davon ausgegangen<br />

werden, dass die Inkonsistenten umso zahlreicher sind, je mehr das Selbstbild<br />

von einem kritischen Lebensereignis in Mitleidenschaft gezogen wurde.<br />

111 Vgl. Filipp, S.-H. (1990), S. 15 ff.<br />

112 Vgl. Wentura, D. (1995), S. 82<br />

113 Vgl. Rosch Inglehart, M. (1988), S. 93 f. und 101 ff.<br />

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