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Menschen - trotz vergleichbarem Umweltkontext - jeweils anders ausfällt: Die für einen Bildungsentschluss<br />

unabdingbaren Charaktereigenschaften Innovationsfreude, Strebsamkeit,<br />

Ehrgeiz, Leistungswille dürften bei einem Bildungsteilnehmer wahrscheinlich in höherem<br />

Maße vorhanden sein als bei einem anderen Menschen.<br />

Während frühere Eigenschaftstheoretiker so weit gingen, diese Persönlichkeitseigenschaften<br />

als „neuropsychische Einheit“, also als biologisch verankerte Gegebenheit hinzunehmen, ist<br />

man heute davon überzeugt, dass sie – mit Ausnahme von Temperamentdispositionen<br />

(Angst, Aggressivität..) – einem lebenslangen Lern-, Erweiterungs- und Änderungsprozess<br />

unterliegen. Das geflügelte Wort "ihm/ihr ist der Knopf aufgegangen" 31 deutet darauf hin,<br />

dass sich Personalfaktoren wie Ehrgeiz, Zielstrebigkeit u. ä. im Laufe der Zeit sehr wohl ändern<br />

können, möglicherweise auch aufgrund eines umweltbedingten Auslösers 32 . Und auch<br />

die Ansicht, dass unterschiedliches Verhalten ausschließlich auf stärkenmäßige Ausprägungen<br />

einzelner Dispositionen zurückzuführen sei, gilt als überholt. Diese radikalen eigenschaftstheoretischen<br />

Vorstellungen einer ausschließlich persönlichkeitsbestimmten Motivstruktur<br />

wurde von einer gleichermaßen persönlichkeits- und situationsbestimmten Motivanregung<br />

abgelöst.<br />

Als Ergebnis intrapersonaler Bewertungsprozesse wird die Motivation demgemäß nicht nur<br />

von subjektiven Motivtendenzen, sondern auch entscheidend von situativen Bedingungen<br />

– als motivanregende Faktoren – determiniert. Denn unter den unzähligen persönlichkeitsbestimmten<br />

Motivdispositionen, in denen sich ein Individuum von einem anderen unterscheidet,<br />

sind nicht alle gleichermaßen am Motivations- und Handlungsprozess beteiligt. Genau<br />

hier kommen Umweltfaktoren ins Spiel, indem sie als "Anreger" für die Auswahl der Motivfaktoren<br />

verantwortlich zeichnen. Ergo sind nicht nur persönlichkeitszentrierte Grundvariablen,<br />

sondern auch der situative Kontext determinierende Faktoren für die Motivbildung. Personalfaktoren<br />

bestimmen über die intensitätsmäßige Ausprägung der einzelnen Motivdispositionen,<br />

Umweltfaktoren bedingen die Auswahl bzw. Aktivierung derselben, und finden somit<br />

ebenfalls ihren Niederschlag im Motivations- und Handlungsprozess.<br />

Die situationstheoretische Psychologie bildet das krasse Gegenstück zur eigenschaftstheoretischen.<br />

Besonderes Augenmerk wird auf den motivbildenden Einfluss der Umwelt gelegt.<br />

Ein radikaler Zweig geht dabei soweit, selbst intrapersonale, nicht beobachtbare Größen wie<br />

Bedürfnis und Trieb als innere situative Determinanten (im Unterschied zu äußeren Reizen<br />

der Umwelt) zu bezeichnen 33 . Auch aus dem Behaviorismus bekannte, reflexartige, Reiz-<br />

Reaktions-Verbindungen sind in diesen theoretischen Strang einzuordnen; als äußere situative<br />

Determinanten tritt der Reiz, als innere der Organismus in Erscheinung, der letztendlich<br />

die instinktmäßige Reaktion zur Folge hat.<br />

Dass situative Gegebenheiten verhaltensbestimmend wirken, ist also unwiderlegbares Faktum.<br />

Zu klären ist noch, wie dieser Prozess des „Einwirkens“ vor sich geht: Umweltdetermination<br />

passiert nicht bloß durch äußere Reize - diese bilden nämlich lediglich das Ausgangsmaterial<br />

für die anschließende kognitive Situationsbeurteilung durch das Individuum. 34<br />

Erst diese (und nicht die Umwelt selbst) beeinflussen Motiv und Motivation. Umweltbedingungen<br />

bestimmen daher nicht direkt, sondern indirekt aufgrund subjektiver Interpretationsprozesse<br />

das weitere Verhalten. Die – durchaus intuitiv, aber dennoch kognitiv bewertete –<br />

Situation zieht schließlich eine Verhaltenstendenz mit sich.<br />

31<br />

Im Volksmund bezeichnet diese Aussage u.a. das Verhalten eines Schülers, der nach einer langen<br />

Phase von Untätigkeit nun endlich beginnt, den Nutzen seiner Ausbildung zu erkennen und seine<br />

schulische Aktivität entsprechend steigert.<br />

32<br />

Dies wäre dann gegeben, wenn die Eltern des besagten Schülers diesem androhen, die Schule<br />

verlassen und eine Lehre beginnen zu müssen.<br />

33<br />

Vgl. Heckhausen, H. (1989), S. 83 ff.<br />

34<br />

Vgl. Heckhausen, H. (1989), S. 112<br />

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