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schütteltes Wohngebiet steigert die Gefahr, einen Angehörigen durch den Eintritt dieser Naturkatastrophe<br />

zu verlieren, eine Rezession macht den Verlust des eigenen Arbeitsplatzes<br />

wahrscheinlicher, etc.) und Ausgangspunkt für ganze „Ereignisketten“ bilden, an dessen Ende<br />

ein kritisches Lebensereignis steht, das jedoch scheinbar keinen Zusammenhang mit den<br />

situativen Gegebenheiten aufweist. 56<br />

4.2.4 Spannung<br />

Das Auftreten eines kritischen Lebensereignisses erzeugt Spannung beim Betroffenen, wobei<br />

eine besondere Schwierigkeit in der empirischen Forschung darin besteht, Ausmaß und<br />

Wirkung dieser Spannung (auch als „energetisierende Komponente“ 57 bezeichnet) zu prognostizieren.<br />

Sicher ist lediglich, dass sich der Spannungszustand verschiedener Menschen<br />

unter dem Einfluss desselben kritischen Lebensereignisses hinsichtlich dieser beiden Faktoren<br />

unterscheidet. So mag z.B. die Teilnahme an einem Weiterbildungsprogramm bei Person<br />

X als kritisches Lebensereignis ein hohes Ausmaß an Spannung hervorrufen, während Person<br />

Y davon weitgehend unberührt zu bleiben scheint. Demzufolge wird auch die anschließende<br />

Reaktion jeweils eine andere sein.<br />

LAZARUS spricht in diesem Zusammenhang von (psychologischem) „Stress“ 58 (anstatt von<br />

„Spannung“). Dieser erfasst eine Person dann, wenn ihre persönliche Kapazitäten nicht ausreichen,<br />

um veränderten äußeren (Umwelt) oder inneren (Person) Anforderungen gerecht zu<br />

werden. Aus dieser Definition geht hervor, dass nicht das Ereignis als solches, sondern der<br />

anschließende Bewertungsprozess der Anforderungen stress- bzw. spannungserzeugend<br />

wirkt. Einbezogen werden dabei drei Ebenen 59 :<br />

1. Soziale Ebene (Anforderungen, die die Kräfte des Betroffenen überfordern, z.B. das kritische<br />

Ereignis)<br />

2. Physiologische Ebene (unmittelbare stresserzeugende physiologische Anforderungen)<br />

3. Psychologische Ebene (Einschätzung der betroffenen Person, dass sie der Anforderung<br />

nicht gewachsen ist)<br />

Stress ist jedoch wiederum im positiven UND negativem Sinn zu verstehen. Als ungünstig<br />

wird ein stressbehaftetes Ereignis besonders dann empfunden, wenn der Bewertungsprozess<br />

nur vergangenheits- und gegenwartsorientiert verläuft und das kritische Lebensereignis<br />

entweder als „loss“ (Verlust) oder „harm“ (Beeinträchtigung) auftritt. Anders ist die Sachlage<br />

dann, wenn auch zukunftsorientierte Überlegungen angestellt werden und dem Ereignis die<br />

Chance bieten, als „challenge“ (Herausforderung) in Erscheinung zu treten. Eine negative<br />

Berücksichtigung der Zukunft würde sich im subjektiven Empfinden einer Bedrohung =<br />

„threat“ niederschlagen. 60 Die Überzeugung, von der Auseinandersetzung mit der Situation<br />

und ihrer Bewältigung zu profitieren, zieht hingegen die Antizipation eines Nutzens bzw. Gewinnes<br />

mit sich. 61<br />

Um beim Beispiel „Weiterbildung“ zu bleiben, ist hier eine gedankliche Einordnung auf alle<br />

Fälle zukunftsorientiert. Es stellt sich nur die Frage, ob die Bildungsteilnahme subjektiv als<br />

challenge oder threat bewertet wird. Dass ersteres wohl die günstigere Ausgangsbasis für<br />

den Bildungsprozess darstellt, versteht sich von selbst.<br />

Der Begriff „Spannung“ ist also bewertungsfrei zu verstehen; ihm kann gleichsam positive<br />

wie auch negative Bedeutung zugeschrieben werden. Beispiele für positive Spannungen<br />

56 Vgl. Filipp, S.-H. (1990), S. 21<br />

57 Rosch Inglehart, M. (1988), S. 19<br />

58 Lazarus, R. (1966) in Rosch Inglehart, M. (1988), S. 30<br />

59 Vgl. Dittmann, K. (1991), S. 119<br />

60 Vgl. Lazarus, R. (1966) in Rosch Inglehart, M. (1988), S. 30<br />

61 Vgl. Schwarzer, R.; Jerusalem, M. (1994), S. 126<br />

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