29.01.2013 Aufrufe

Download (2930Kb) - Wirtschaftsuniversität Wien

Download (2930Kb) - Wirtschaftsuniversität Wien

Download (2930Kb) - Wirtschaftsuniversität Wien

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

4.2.5.3 Reaktionsstruktur, -form<br />

Welche spezifische Form der Reaktion im Endeffekt gewählt wird, hängt von der „kognitive<br />

Verfügbarkeit der Reaktion“ ab. Für diese können wiederum zwei Faktoren verantwortlich<br />

gemacht werden: 91<br />

1. Ausmaß der vergangenen Erfahrungen<br />

Je größer der Erfahrungsschatz an einer bestimmten Bearbeitungs- oder Rückzugsstrategie<br />

ist, auf den die Person zurückgreifen kann, desto eher ist diese kognitiv verfügbar. Damit<br />

steigt gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit, bei Bedarf wieder von der Person aufgegriffen zu<br />

werden. Irrelevant ist dabei, ob die spezifische Strategie aufgrund eigener Erfahrungen bekannt<br />

ist, oder mittels Wahrnehmung (= Beobachtung anderer bei der Anwendung dieser<br />

Strategie) ins kognitive Bewusstsein übertragen wurde. Dies ist auch aus dem Alltagsgeschehen<br />

jedes einzelnen beobachtbar. Bevor etwas Neues entwickelt wird, wird eher an –<br />

unmittelbar oder mittelbar - Bekanntes angeknüpft. Allerdings weisen BURGESS & HOLM-<br />

STROM 92 in ihrer Studie über Opfer krimineller Handlungen auch darauf hin, dass eine umfangreiche<br />

Bewältigungsgeschichte nicht unbedingt positive Auswirkungen zeigen muss. Ein<br />

oftmaliges Auftreten kritischer Lebensereignisse ist oftmals schwerer zu bewältigen als ein<br />

nur vereinzeltes. Die „Erfolgsbilanz“ bei der Bewältigung kritischer Ereignisse bedingt jedoch<br />

nicht nur die wiederholte Beschäftigung mit dem gleichen oder einem ähnlichen Geschehnis.<br />

FILIPP macht deutlich, dass auch die erfolgreiche Konfrontation mit anderen kritischen Ereignissen<br />

positiven Einfluss auf die subjektive Einschätzung der eigenen Bewältigungskompetenz<br />

hat und – unabhängig vom spezifischen Kontext - die Problemlösungsfähigkeit erhöht.<br />

93 Insgesamt bestimmt der bisherige Umgang mit Krisensituationen somit auch den<br />

„Vulnerabilitätsfaktor“, d. h. die Anfälligkeit gegenüber bzw. den Grad der Betroffenheit durch<br />

ein neuerliches kritisches Ereignis. BROCHER verweist in diesem Zusammenhang auf die<br />

Bedeutung vergangener Erfahrungen für den Bildungsumgang Erwachsener. So ist denkbar,<br />

dass sich ein Bildungsteilnehmer mit der neuen Situation in einer als kritisch empfundenen<br />

Situation befindet. Er erinnert sich an vergleichbare Erfahrungen aus ihrer früheren Lebensgeschichte<br />

(Schulzeit) und beginnt daher, die damals benutzte Bewältigungsstrategie (trotziger<br />

Widerstand, Zweifel) erneut einzusetzen. Erst durch eine Erweiterung/Veränderung der<br />

bisherigen kognitiven Strukturen aufgrund des neuen situativen Kontextes (bzw. der Erkenntnis,<br />

dass dieser vom ursprünglichen abweicht und daher auch die gewählte Bewältigungsstrategie<br />

unangemessen ist) kann eine neue Stabilisierung eintreten. 94<br />

2. Objektive Verfügbarkeit jeweiliger Reaktionen<br />

Entscheidend für die Wahl der konkreten Reaktionsform ist nicht nur, ob die Alternative auf<br />

hohe Erfahrungswerte zurückgreift, sondern auch, ob sie sich in der vorliegenden Situation<br />

auch anwenden lässt, weil die situativen Bedingungen es zulassen oder sogar fördern. Der<br />

situative Kontext kann somit die Ressourcen für die Auseinandersetzung mit dem kritischen<br />

Ereignis bereitstellen und die Bewältigungsstrategie beeinflussen. Das soll anhand des folgenden<br />

Beispiels verdeutlicht werden: Eine Partnerin eines Weiterbildungsteilnehmers empfindet<br />

den Bildungskonsum als kritisches Lebensereignis, das – aus welchen Gründen auch<br />

immer – inkonsistent mit den kognitiven Elementen ihres Weltbildes ist und daher Spannung<br />

(das Ausmaß sei dahingestellt) erzeugt. Von den ihr zur Verfügung stehenden Alternativen<br />

„Rückzug“ oder „Bearbeitung“ entscheidet sie sich aufgrund des geringeren Aufwandes für<br />

erstere Reaktion, indem sie ihre Aufmerksamkeit anderen Lebensbereichen zuwendet, z.B.<br />

treibt sie vermehrt Sport, schließt sich dem Tennis- und Turnverein an, geht abends oft weg<br />

etc. Diese Strategieform ist dann viel wahrscheinlicher, wenn die Frau auch objektiv leicht<br />

91 Vgl. Rosch Inglehart, M. (1988), S. 58 f.<br />

92 Vgl. Burgess, A.; Holmstrom, L. (1978) in Filipp, S.-H. (1990), S. 14<br />

93 Vgl. Filipp, S.-H. (1990), S. 15<br />

94 Vgl. Brocher, T. in Weidenmann, B. u.a. (1994), S. 440 f.<br />

43

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!