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Der Planfeststellungsbeschluss

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Teil C - Entscheidungsgründe <strong>Planfeststellungsbeschluss</strong><br />

Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld<br />

Seite 532 von 1171 44/1-6441/1/101<br />

notwendigen Maßnahmen und Festlegungen solle vom Gesundheitsbegriff der Weltgesundheitsorganisation<br />

(World Health Organization, WHO) ausgegangen werden. Danach sei neben dem physischen<br />

auch das psychische und soziale Wohlbefinden zu berücksichtigen. Die 1989 beschlossene Europäische<br />

Charta „Umwelt und Gesundheit“, nach der jeder Mensch Anspruch auf eine Umwelt habe, die ein<br />

höchstmögliches Maß an Gesundheit und Wohlbefinden ermögliche, ergänze die WHO-<br />

Gesundheitsdefinition insofern, als hier die Erkenntnisse über die Auswirkungen der Umwelt auf die<br />

Gesundheit der Menschen in die Diskussion eingebracht würden. Zur Umsetzung des Vorsorgeprinzips<br />

sollten wirtschaftliche Erwägungen gegenüber dem Gesundheitsschutz nur einen nachgeordneten Stellenwert<br />

einnehmen. In Stellungnahmen wird weiter ausgeführt, dass insbesondere in Anbetracht der<br />

bevorstehenden jahrzehntelangen Nutzung eines Flughafens die Anwendung des Vorsorgeprinzips<br />

besonders notwendig sei. Im Vordergrund stünden bei Fluglärm nicht die direkten physischen Wirkungen,<br />

sondern Störungen und Belästigungen, die nach § 3 BImSchG „schädliche Umweltwirkungen“<br />

darstellten, wenn sie erheblich sind. Anhaltende erhebliche Störungen und Belästigungen würden das<br />

psychische Wohlbefinden beeinträchtigen und könnten zu „gesundheitsgefährdendem Disstress“ führen.<br />

Folglich werde gefordert, die Anwohner des Flughafens sowohl vor direkten gesundheitlichen Gefährdungen<br />

als auch vor erheblichen Störungen und Belästigungen zu schützen.<br />

Die WHO-Definition der Gesundheit als „vollkommenes physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden<br />

und nicht nur als Abwesenheit von Krankheit“ (1946) ist als politischer Rahmen für die Ableitung<br />

von konkreten Schutzzielen anwendbar. Wirtschaftliche Erwägungen haben gegenüber dem Gesundheitsschutz<br />

einen nachgeordneten Stellenwert. Das Vorsorgeprinzip greift immer dann, wenn erhebliche<br />

Störungen, erhebliche Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen oder Erkrankungen durch Lärm<br />

nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden können. Zu diesen Fragen äußert sich der Rat von Sachverständigen<br />

für Umweltfragen in dem Sinne, "dass die Anwendung von Vorsorgezielwerten notwendig<br />

ist", dem schließt sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich an. Die Europäische Kommission hat<br />

im Jahr 2000 eine Mitteilung zur Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips veröffentlicht, 132 hiernach soll sich<br />

das Vorsorgeprinzip nicht nur auf den Umweltschutz allgemein, sondern auch auf die Gesundheit von<br />

Mensch, Tier und Pflanze beziehen. Das Vorsorgeprinzip ist immer dann anzuwenden, wenn die wissenschaftlichen<br />

Daten nicht ausreichen, nicht schlüssig genug oder nicht fundiert genug sind und eine<br />

wissenschaftliche Vorabschätzung zeigt, dass gesundheitlich nachteilige Auswirkungen nicht nachgewiesen,<br />

aber auch nicht auszuschließen sind. Die Maßnahmen, die zu ergreifen sind, müssen im Verhältnis<br />

zum angestrebten Schutzniveau stehen sowie diskriminierungsfrei und auf andere Maßnahmen<br />

abgestimmt sein.<br />

Krankheit ist ein regelwidriger, körperlicher und/oder geistiger Zustand, der eine Behandlung notwendig<br />

macht und/oder zur Arbeitsunfähigkeit führen kann. Gesundheit wäre dann als das Nichtvorhandensein<br />

von Krankheit zu verstehen. Doch bereits die WHO definierte die Gesundheit als einen Zustand vollkommenen<br />

körperlichen, psychischen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein als das Fehlen von<br />

Krankheiten und Gebrechen. Diese Zielvorstellung politischen Handelns macht deutlich, dass Gesundheit<br />

und Krankheit nicht nur als Alternativen aufzufassen sind. Das Schutzgut Gesundheit besteht nicht<br />

nur in der Vermeidung von Krankheit, sondern beinhaltet auch den Erhalt der Fähigkeit zur Bewältigung<br />

von Umweltanforderungen und damit zur Entwicklung und Erhaltung physischer, psychischer und sozialer<br />

Funktionen.<br />

132 Bulletin EU 1/2-2000 (2000): 1.4.60 Mitteilung der Kommission über die Anwendbarkeit des Vorsorgeprinzips. EU-<br />

Kommission.

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