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Der Planfeststellungsbeschluss

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<strong>Planfeststellungsbeschluss</strong> Teil C - Entscheidungsgründe<br />

Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld<br />

44/1-6441/1/101 Seite 553 von 1171<br />

Bei diesem Erkenntnisstand erübrigt sich nahezu die zweite wichtige Frage, welche pathophysiologische<br />

Bedeutung evtl. auftretende Veränderungen hormoneller Parameter unter chronischer, alltäglicher<br />

Schalleinwirkung haben. Eine Hypothese in der Lärmwirkungsforschung ist, dass die durch<br />

chronische Lärmeinwirkung hervorgerufenen Cortisol-Erhöhungen pathophysiologische, krankmachende<br />

Bedeutung haben. Lärm ist ein Stressor, deshalb ist diese Frage nur unter Einbeziehung<br />

auch anderer Stressuntersuchungen möglich.<br />

Zweifelsohne ist eine Hypercortisolämie, eine andauernde Erhöhung des Cortisol-Spiegels im Blut,<br />

ein pathologischer Zustand. Eine akut produzierte Hypercortisolämie, z. B. durch Pharmaka, bewirkt<br />

sofortige Einflüsse auf die Regulation der Lipolyse (Anstieg von Glycerol und freien Fettsäuren im<br />

Blut).<br />

Über Wochen und Monate vorgenommene Tierversuche mit verschiedenen Belastungen ohne<br />

massive, durch Pharmaka induzierte Cortisol-Erhöhungen zeigten dagegen bisher uneinheitliche<br />

Ergebnisse. Es überwiegt das Gleichbleiben oder sogar die Abnahme des Cortisols in Belastungsphasen.<br />

Noch uneinheitlicher sind die Untersuchungen bei Menschen mit chronischem Stress. Man<br />

fand bei Arbeitslosigkeit als Modell für chronischen Stress keine Unterschiede in der Gesamtkonzentration<br />

von Cortisol und dessen Reaktivität auf alltägliche Stressoren, jedoch ein anderes Tagesprofil.<br />

171 Bestimmte stressrelevante Erkrankungen wie das chronische Erschöpfungssyndrom,<br />

das „Burnout“-Syndrom, bestimmte chronische Schmerzzustände sind aber mit einer Verminderung<br />

des Cortisols und einer geringeren Reaktivität auf Belastungen verbunden. 172<br />

Häufig wird bei der Erklärung krankmachender Prozesse die Cortisol-Wirkung auf die Immunfunktion<br />

in den Mittelpunkt gestellt. Untersuchungen kommen zu der Feststellung, dass die Rolle der<br />

Glucocorticoide, z. B. des Cortisols „zumindest was endogenes Cortisol in physiologischen Konzentrationen<br />

betrifft ... nicht als immunsuppressiv (Unterdrückung der Immunantwort) sondern als<br />

notwendige Voraussetzung für eine koordinierte Immunantwort einzustufen“ ist. 173 Es ist also wichtig,<br />

zwischen einer Wirkung des Cortisols als physiologischer Gegenregulation u. a. gegen überschießende<br />

immunologische Antworten und einer krankhaften sowie durch Pharmaka ausgelösten<br />

Immunsuppression zu unterscheiden. Die Hypophysen-Hypothalamus-Nebennierenrindenachse<br />

(HHN) mit Cortisol-Ausscheidung wird auch durch krankheitsbedingte Entzündungsparameter aktiviert.<br />

Mindestens 10 verschiedene Zytokine lösen eine endokrine Reaktion aus und erlauben dadurch<br />

den Tieren das Überleben. Das Immunsystem wirkt nicht nur auf die HHN-Achse, sondern<br />

auch auf Cortex und limbisches System. 174<br />

Andererseits wird den Glucocorticoiden eine Bedeutung im Alterungsprozess zugewiesen. 175 Erhöhte<br />

Glucocorticoide bei älteren Ratten würden sich toxisch auf bestimmte Nervenzellen im Hippocampus<br />

auswirken, die wiederum diese erhöhte Glucocortikoid-Ausscheidung unterhalten. Beim<br />

171 Ockenfels, M. (1995): <strong>Der</strong> Einfluß von chronischem Streß auf die Cortisolkonzentration im Speichel. Münster/ New York:<br />

Waxmann.<br />

172 Heim, C., Ehlert, U., Hellhammer, D.H. (2000): The potential role of hypoCortisolism in the pathophysiology of stressrelated<br />

bodily disorders. Psychoneuroendocrinology 25:1–35.<br />

173 Wilckens, T. (1995): Chronischer Stress - Interaktion von Nebennierenfunktion und Zytokinsekretion. In: Allolio B, et al.,<br />

Nebenniere und Stress. Stuttgart/ New York: Schattauer, 119-129.<br />

174 Schauenstein, K. et al. (2001): The role of the autonomic nervous system in the immune neuroendocrine dialogue. Mens<br />

sana in corpore sana and vice versa. Int J Hyg Environ Health 204: 75–79.<br />

175 McEwen, B.S. (1998): Stress, Adaptation, and Disease. Ann N Y Acad Sci 840: 33-44.

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