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Psychiatrie und Strafjustiz

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Anhang 1: Gesetzestexte<br />

Bestimmungen des Berner Strafgesetzbuchs vom 1. Januar 1866 (Auszug)<br />

Artikel 43<br />

Straflos sind diejenigen, die sich zur Zeit der That ohne ihr Verschulden in einem Zustande befanden, in welchem sie<br />

sich ihrer Handlung <strong>und</strong> oder der Strafbarkeit derselben nicht bewusst waren (Wahnsinn, Blödsinn u.s.w.) oder die in<br />

Folge äusseren Zwanges, gefährlicher Drohungen oder aus andern Gründen der Willensfreiheit beraubt waren.<br />

War das Bewusstsein oder die Willensfreiheit nicht ganz aufgehoben, sondern nur gemindert, so soll statt der lebenslänglichen<br />

Zuchthausstrafe Zuchthaus von mindestens einem <strong>und</strong> höchstens zwanzig Jahre verhängt werden.<br />

Ist die That mit andern Strafarten bedroht, so kann gemäss den Vorschriften des Art. 31 zu einer geringeren Strafe<br />

herabgegangen werden.<br />

Artikel 47<br />

Dem Regierungsrathe steht die Befugnis zu, gegen Personen, die wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit von Strafe<br />

befreit worden sind (Art. 43 <strong>und</strong> 45), oder die ihrer Jugend wegen keiner Strafverfolgung unterliegen (Art. 44),<br />

wenn es die öffentliche Sicherheit erfordert, geeignete Sicherungsmassregeln zu treffen, die nöthigen Falls in der<br />

Verwahrung in einer angemessenen Enthaltungs- oder Irrenanstalt bestehen können.<br />

[…]<br />

Die Behörde, welche den Strafpunkt erledigt, soll, wenn sie die Anordnung von Sicherungsmassregeln für nöthig<br />

hält, beim Regierungsrath einen sachbezüglichen Antrag stellen.<br />

Bestimmungen über die Zurechnungsfähigkeit <strong>und</strong> sichernden Massnahmen in den Vorentwürfen<br />

zu einem schweizerischen Strafgesetzbuch<br />

Die Vorschläge des Vereins schweizerischer Irrenärzte von 1893<br />

I. Wer zur Zeit der That geisteskrank oder blödsinnig oder bewusstlos war, ist nicht strafbar.<br />

II. War die geistige Ges<strong>und</strong>heit oder das Bewusstsein des Thäters nur beeinträchtigt, oder war der Thäter geistig<br />

mangelhaft entwickelt, so ist die Strafe zu mildern oder gänzlich auszuschliessen.<br />

III. Erfordert die öffentliche Sicherheit die Verwahrung des Unzurechnungsfähigen oder vermindert Zurechnungsfähigen<br />

in einer Anstalt, so ordnet das Gericht dieselbe auf so lange an, als die öffentliche Sicherheit es erfordern<br />

wird.<br />

IV. Ist die Aufnahme des Unzurechnungsfähigen oder vermindert Zurechnungsfähigen ärztlich geboten, so veranlasst<br />

das Gericht diese auf so lange als es sein Zustand erfordern wird.<br />

Bestimmungen des Vorentwurfs von 1893 (Auszug)<br />

Artikel 8<br />

Wer zur Zeit der That geisteskrank oder blödsinnig oder bewusstlos war, ist nicht strafbar.<br />

Artikel 9<br />

War die geistige Ges<strong>und</strong>heit oder das Bewusstsein des Thäters nur beeinträchtigt oder war er geistig mangelhaft<br />

entwickelt, so ist die Strafe zu mildern, sie fällt weg, wenn der Thäter verwahrt oder versorgt wird (Art. 10 <strong>und</strong> 11).<br />

Artikel 10<br />

Erfordert die öffentliche Sicherheit die Verwahrung des Unzurechnungsfähigen oder vermindert Zurechnungsfähigen<br />

in einer Anstalt, so ordnet sie das Gericht an. Das Gericht verfügt die Entlassung, wenn der Gr<strong>und</strong> der Verwahrung<br />

weggefallen ist.<br />

Artikel 11<br />

Erfordert der Zustand des Unzurechnungsfähigen oder vermindert Zurechnungsfähigen irrenärztliche Behandlung<br />

in einer Anstalt, so überweist das Gericht den Kranken der Verwaltungsbehörden zu angemessener Versorgung.<br />

Bestimmungen des Vorentwurfs von 1903 (Auszug)<br />

Artikel 16<br />

Wer zur Zeit der Tat ausser Stande war, vernunftgemäss zu handeln, wer insbesondere zur Zeit der Tat in seiner<br />

geistigen Ges<strong>und</strong>heit oder in seinem Bewusstsein in hohem Grade gestört war, ist nicht strafbar. War die Fähigkeit<br />

des Täters, vernunftgemäss zu handeln, zur Zeit der Tat vermindert, war insbesondere die geistige Ges<strong>und</strong>heit oder<br />

das Bewusstsein des Täters wesentlich beeinträchtigt, so mildert der Richter die Strafe nach freiem Ermessen.<br />

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