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Mi. 12.09.| Einzelbeiträge 37 | 11:15 Uhr – 11:55 Uhr | Raum T2 213
Karin Guill 1 , Katrin Lintorf²
Nachhilfeunterricht vor dem Grundschulübergang
1 Institut für Schulentwicklungsforschung; Technische Universität Dortmund, ²Westfälische
Wilhelms-Universität Münster
guill@ifs.tu-dortmund.de
Weltweit nehmen zahlreiche Schüler privaten Nachhilfeunterricht. Das Ausmaß der Nutzung schwankt
international erheblich von nur wenigen Prozent bis hin zur Mehrheit eines Schülerjahrgangs (Guill,
2010). Eine prominente Hypothese zur Erklärung dieser Varianz ist der Einsatz von high-stakes exams
in einigen Staaten. Diese Prüfungen haben eine erhebliche Bedeutung für die Bildungskarriere, indem
sie etwa den Zugang auf gute Sekundarschulen oder Universitäten regeln. Daher wird angenommen,
dass Familien in den betreffenden Staaten Nachhilfeunterricht nutzen, um die Erfolgschancen ihres
Kindes zu erhöhen (Baker, Akiba, LeTendre & Wiseman, 2001). Ein empirischer Beleg dieser
Hypothese steht jedoch aus und ist angesichts der sozioökonomischen und kulturellen Unterschiede
zwischen den Staaten sowie der unterschiedlichen Platzierung der high-stakes exams im
Bildungsverlauf schwierig.
Hier stellen Analysen zur Nachhilfenutzung am Ende der deutschen Grundschulzeit eine gute
Alternative dar: Ähnlich einem high-stakes exam hat die Grundschulempfehlung eine hohe Bedeutung
für die weitere Bildungskarriere. Zudem variieren die Bundesländer bei ansonsten geringen
sozioökonomischen und kulturellen Unterschieden in der Verbindlichkeit der Übergangsempfehlung
und im Aufwand, den Familien ggf. erbringen müssen, um sich darüber hinwegzusetzen (Füssel,
Gresch, Baumert & Maaz, 2010). Es wird daher die Hypothese überprüft, ob Schüler mit hohen
Bildungsaspirationen in Bundesländern mit verbindlicher Übergangsempfehlung eher
Nachhilfeunterricht nutzen als Schüler in Bundesländern mit weniger verbindlicher Empfehlung.
Weitere relevante Prädiktoren der Nutzung von Nachhilfeunterricht wie der sozioökonomische Status
der Schülerfamilien, ihr Einkommen und die Schulleistung der Kinder (Guill, 2012) werden kontrolliert.
Die Datengrundlage entstammt einer aktuellen repräsentativen Grundschuluntersuchung. Zur
Erklärung der binären abhängigen Variable (Nachhilfe ja/nein) wird aufgrund der geclusterten
Stichprobe ein hierarchisches logistisches Regressionsmodell (HGLM) spezifiziert, wobei die
Interaktion zwischen familiärer Bildungsaspiration und Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung im
Fokus steht.
Die Relevanz der empirischen Ergebnisse in Hinblick auf die Notwendigkeit und die Möglichkeit, die
Verlagerung schulischen Lernens in die außerschulische Nachhilfe einzudämmen, wird diskutiert.
Baker, D. P., Akiba, M., LeTendre, G. K. & Wiseman, A. W. (2001). Worldwide shadow education: outside-school
learning, institutional quality of schooling, and cross-national mathematics achievement. Educational Evaluation
and Policy Analysis, 23 (1), 1–17
Füssel, H.-P., Gresch, C., Baumert, J. & Maaz, K. (2010). Der institutionelle Kontext von Übergangsentscheidungen:
Rechtliche Regelungen und die Schulformwahl am Ende der Grundschulzeit. In K. Maaz, J. Baumert, C. Gresch
& N. McElvany (Hrsg.), Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule (S. 87–106). Berlin:
BmBF
Guill, K. (2012). Nachhilfeunterricht. Individuelle, familiäre und schulische Prädiktoren. Münster: Waxmann.
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