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Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

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4. Juni 1997 N 991 Asylgesetz und Anag. Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

Frauen, Abschwächung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitwirkungspflicht, eigenständige<br />

Verfahren statt Familienasyl, Flughafenverfahren, obligatorische<br />

Härtefallkommission usw.<br />

Es geht auch nicht an, dass wir Asylgrün<strong>de</strong> neu <strong>de</strong>finieren<br />

und ausweiten gegenüber anerkannten internationalen Definitionen,<br />

wie dies die Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit in Artikel 3 beantragt. Wir<br />

wer<strong>de</strong>n auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite aber auch jene Anträge ablehnen,<br />

welche die abgelehnten Asyl-Initiativen wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufnehmen.<br />

Auch hier sind Volksentschei<strong>de</strong> zu respektieren.<br />

Noch einige Gedanken zu <strong>de</strong>n Rückweisungsanträgen: Herr<br />

<strong>de</strong> Dar<strong>de</strong>l, ich möchte sagen: Man merkt die Absicht und ist<br />

verstimmt. Ihr Rückweisungsantrag wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission<br />

bekanntlich abgelehnt. Weil Sie mit einigen Ihrer zahlreichen<br />

Anträge in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission nicht durchgedrungen sind<br />

und befürchten, dass im Plenum Mehrheiten zu Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten<br />

wer<strong>de</strong>n könnten, stellen Sie jetzt diesen Rückweisungsantrag.<br />

Sie wollen nämlich gar keine Regelung <strong>de</strong>s Status <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schutzbedürftigen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nur die Regelung <strong>de</strong>s Datenschutzes,<br />

dann aber auch die Regelung <strong><strong>de</strong>r</strong> provisorischen<br />

Asylbeschlüsse und <strong>de</strong>n Integrationsartikel. Für mich ist das<br />

Gesetzesrevision als Wunschkatalog im Auswahlverfahren.<br />

Wenn Sie mit <strong>de</strong>m Ergebnis <strong><strong>de</strong>r</strong> gesamten Beratungen hier<br />

im Plenum nicht einverstan<strong>de</strong>n sind, dann können Sie mit <strong>de</strong>mokratischen<br />

Mitteln das Referendum ergreifen. In<strong>de</strong>m Sie<br />

aber eine Regelung für Schutzbedürftige im Sinne einer klaren<br />

Verfahrenstrennung, d. h. Sistierung <strong>de</strong>s Asylverfahrens<br />

während <strong><strong>de</strong>r</strong> Dauer <strong>de</strong>s Aufenthaltsrechts als Schutzbedürftige,<br />

nicht wollen, wissen Sie auch, wie stark Sie die Gratwan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />

unserer Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>- und Asylpolitik gefähr<strong>de</strong>n.<br />

Wir wollen nicht zu Pen<strong>de</strong>nzenbergen wie 1991 mit 60 000<br />

und mehr hängigen Gesuchen zurückkehren.<br />

Der von Herrn Vollmer eventualiter zum Rückweisungsantrag<br />

<strong>de</strong> Dar<strong>de</strong>l gestellte Rückweisungsantrag entspricht <strong>de</strong>m<br />

Antrag – er hat das gesagt –, wie ich ihn am Anfang <strong><strong>de</strong>r</strong> Beratungen<br />

gestellt habe. Die FDP hat in ihrer Vernehmlassung<br />

gesagt, sie wolle zwei Vorlagen, getrennte Regelungen für<br />

Schutzbedürftige und für Asylbewerber. Sie haben das im<br />

Eintreten klar abgelehnt. Ich möchte Ihre Argumente hier<br />

nicht wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen, weil wir <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung sind, das Gesetz<br />

solle jetzt so durchberaten wer<strong>de</strong>n, wie es von <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission<br />

verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Die FDP-Fraktion wird aber ihre<br />

Zustimmung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ablehnung von <strong>de</strong>n Entschei<strong>de</strong>n, wie sie<br />

hier im Plenum gefällt wer<strong>de</strong>n, abhängig machen.<br />

Wir haben erklärt, dass wir eine klare Trennung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfahren<br />

wollen. Wir haben uns von Professor Kälin bestätigen lassen,<br />

dass eine solche Trennung <strong>de</strong>m Völkerrecht entspricht.<br />

Wir halten uns an Völkerrecht und an internationale Konventionen,<br />

wenn wir entschei<strong>de</strong>n, dass ein Asylverfahren nicht<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n muss, solange <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufenthalt unter<br />

<strong>de</strong>m Titel Schutzbedürftige hier in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz gewährleistet<br />

ist, dass aber selbstverständlich je<strong><strong>de</strong>r</strong> Anrecht auf die Durchführung<br />

<strong>de</strong>s Verfahrens hat, wenn dieser Status wie<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgehoben<br />

wird.<br />

Im Namen <strong><strong>de</strong>r</strong> FDP-Fraktion möchte ich Ihnen daher Eintreten<br />

und Ablehnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückweisungsanträge beantragen.<br />

Bühlmann Cécile (G, LU): «Was lange währt, wird endlich<br />

gut», so lautet ein Sprichwort, das auf die Totalrevision <strong>de</strong>s<br />

Asylgesetzes, über die wir heute zu befin<strong>de</strong>n haben, mit Sicherheit<br />

nicht zutrifft.<br />

Die vorliegen<strong>de</strong> Fahne mit <strong>de</strong>n vielen Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitsanträgen<br />

ist Ausdruck <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichen Positionen, die sich in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frage, wie ein künftiges Asylverfahren, wie die künftige Asylpolitik<br />

aussehen sollen, unversöhnlich gegenüberstehen. Der<br />

SPK wur<strong>de</strong> vom Bun<strong>de</strong>srat eine Vorlage unterbreitet, die die<br />

ganze Härte <strong><strong>de</strong>r</strong> vergangenen Revisionen, welche in hochemotionalisierten<br />

Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzungen durchgebracht<br />

wor<strong>de</strong>n waren, <strong>de</strong>finitiv im totalrevidierten Gesetz festschreiben<br />

wollte.<br />

Diese Verschärfungen haben ihren Zweck erfüllt. Die Zahlen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Asylsuchen<strong>de</strong>n sind von 41 000 im Jahr 1991 auf 18 000<br />

im letzten Jahr gesunken, also um mehr als die Hälfte. Schön<br />

wäre es, wenn dieses Ergebnis Ausdruck einer besseren<br />

Welt wäre, in <strong><strong>de</strong>r</strong> weniger Not und Menschenrechtsverletzun-<br />

<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />

gen vorkämen. Das ist aber lei<strong><strong>de</strong>r</strong> nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall, im Gegenteil.<br />

Das Ergebnis ist einseitig auf die seitens <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz gemachten<br />

Verschärfungen zurückzuführen, <strong>de</strong>nn die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Menschen, die weltweit auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Flucht sind, ist laut UNHCR<br />

auf sage und schreibe 43 Millionen angewachsen. Wir Grünen<br />

können bei dieser Bilanz nicht von einem Erfolg sprechen.<br />

Das wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spricht unseren Vorstellungen von einer<br />

ganzheitlichen Politik, die global zu <strong>de</strong>nken und lokal zu han<strong>de</strong>ln<br />

versucht.<br />

Ins revidierte Gesetz wur<strong>de</strong>n aber auch neue Verschärfungen<br />

gegenüber <strong>de</strong>m Status quo verpackt, z. B. die Verschlechterung<br />

<strong>de</strong>s Familienasyls und die Kantonalisierung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung anerkannter Flüchtlinge. Zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

neue Status <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutzbedürftigen ins Gesetz aufgenommen,<br />

was auf <strong>de</strong>n ersten Blick durchaus Sinn macht und von<br />

uns und von Asyl- und Menschenrechtsorganisationen schon<br />

lange gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>. Aber <strong><strong>de</strong>r</strong> neue Status birgt auch eine<br />

Gefahr in sich: Er könnte in Zukunft missbraucht wer<strong>de</strong>n, um<br />

die Genfer Flüchtlingskonvention zu unterlaufen.<br />

Was die SPK dazu als Paket geschnürt hat, bringt gegenüber<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen Regelung <strong>de</strong>n Vorteil, dass vorläufig Aufgenommene<br />

von Anfang an mit ihren Familien zusammenleben<br />

können, dass die Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen,<br />

nach drei Monaten möglich ist und dass eine – allerdings<br />

zu lange – Frist festgelegt wird, bis <strong><strong>de</strong>r</strong> vorläufige Status<br />

in eine bessere Aufenthaltsregelung übergeht. Es ist für<br />

die Betroffenen etwas vom schlimmsten, keine Perspektive<br />

für eine gesicherte Zukunft zu haben, das Leben im Niemandsland,<br />

nie zu wissen, wie es morgen weitergeht, und<br />

das auf lange Jahre hinaus. Das macht die Leute physisch<br />

und psychisch krank.<br />

Die Gefahr besteht auch, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Status <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewaltflüchtling<br />

zu früh aufgehoben wird. Was das für Menschen be<strong>de</strong>utet,<br />

erleben wir gera<strong>de</strong> jetzt wie<strong><strong>de</strong>r</strong>, wo die bosnischen vorläufig<br />

Aufgenommenen viel zu früh in eine völlig ungewisse<br />

Zukunft zurückgeschickt wer<strong>de</strong>n. Das ganz grosse Problem<br />

beim neuen Status Schutzbedürftige aber ist es, dass während<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Dauer <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutzbedürftigkeit Asylgesuche sistiert<br />

wer<strong>de</strong>n. Das und die zu lange Frist bis zur <strong>de</strong>finitiven Aufenthaltsregelung<br />

sind für die grüne Fraktion Hauptkritikpunkte<br />

am neuen Status, <strong>de</strong>ssen Einführung wir sonst unterstützen.<br />

Ein weiterer grosser Mangel ist die Nichtberücksichtigung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauenfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Der Bun<strong>de</strong>srat legt uns nach allen Diskussionen,<br />

die in <strong>de</strong>n letzten Jahren in Europa, weltweit und<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz geführt wur<strong>de</strong>n und die die geschlechtsspezifischen<br />

Fluchtgrün<strong>de</strong> von Frauen thematisierten, eine Vorlage<br />

vor, die so tut, als hätte es diese Diskussionen nicht gegeben.<br />

Ein einziges, winziges Zugeständnis in diese Richtung<br />

wur<strong>de</strong> gemacht, in<strong>de</strong>m er verspricht, ergänzen<strong>de</strong> Bestimmungen<br />

zu erlassen, die <strong><strong>de</strong>r</strong> speziellen Situation <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen im Asylverfahren Rechnung tragen sollen. Damit<br />

aber ist die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Anerkennung geschlechtsspezifischer<br />

Verfolgungsgrün<strong>de</strong> im Flüchtlingsbegriff nicht<br />

erfüllt, und das Versprechen auf Verordnungsstufe etwas für<br />

die Frauen im Verfahren zu tun, ist ungenügend; das gehört<br />

ins Gesetz. Damit ist die Vorlage auch in diesem Punkt nicht<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Höhe <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission ist es zwar durchaus gelungen, an <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

bun<strong>de</strong>srätlichen Vorlage ein paar Kanten abzuschleifen und<br />

auf <strong>de</strong>n Status quo zurückzukommen – das gilt für das Familienasyl<br />

und die Kantonalisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Betreuung anerkannter<br />

Flüchtlinge; auch bei <strong>de</strong>n Frauenfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen konnten einige<br />

Verbesserungen erreicht wer<strong>de</strong>n –, aber alle diese Fortschritte<br />

wer<strong>de</strong>n von Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten von rechts bekämpft, und<br />

sie haben bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammensetzung dieses Rates durchaus<br />

Chancen, mehrheitsfähig zu wer<strong>de</strong>n. Das hat Frau Heberlein<br />

richtig eingeschätzt. Das hiesse, dass das Engagement zur<br />

Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorlage von seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Grünen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> SP-Fraktion und einzelner Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> bürgerlichen<br />

Parteien, vor allem <strong><strong>de</strong>r</strong> CVP-Fraktion, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission<br />

zunichte gemacht wür<strong>de</strong>n. Das wür<strong>de</strong> heissen, dass am<br />

Schluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat mit seiner harten Linie als Sieger aus<br />

dieser Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzung hervorgeht und wir ein schärferes<br />

und schlechteres Asylgesetz hätten als heute.

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