Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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Initiative parlementaire (Rychen) 1432 N 20 juin 1997<br />
tex, Heime, Chronischkrankenabteilungen in Spitälern und<br />
Psychiatriekliniken) allein im Kanton Bern jährliche Kosten<br />
von rund 400 Millionen Franken pro Jahr ergeben. Wesentlicher<br />
ist die Feststellung, dass dies gegenüber 1995 eine<br />
Steigerung von 315 Millionen Franken pro Jahr be<strong>de</strong>utet.<br />
Hochgerechnet auf die Bevölkerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz – unter <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Annahme, dass in <strong><strong>de</strong>r</strong> übrigen Schweiz ähnliche Entwicklungen<br />
im Gange sind –, wür<strong>de</strong> dies zu jährlichen Mehrkosten<br />
von rund 2,4 Mil-liar<strong>de</strong>n Franken führen. Setzt man diese<br />
Zahl in Relation zum heutigen Aufwand für Krankenkassenprämien<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizer Bevölkerung, so be<strong>de</strong>utet dies eine<br />
Prämiensteigerung, welche allein im beschriebenen Leistungssektor<br />
rund 15 Prozent ausmacht (möglicherweise<br />
verteilt auf die Jahre 1997, 1998, 1999).<br />
2. Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong> betroffenen Institutionen<br />
2.1 Spitexverband Schweiz<br />
Leistungsausbau bei Spitex: Das neue KVG hat zwar die Leistungspflicht<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Behandlungs- und <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundpflege bei Spitex<br />
erweitert; dafür entfallen aber alle bisherigen freiwilligen<br />
Beiträge <strong><strong>de</strong>r</strong> Krankenkassen an Spitex, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e auch<br />
die Hauswirtschaft. Für die Patientinnen und Patienten ergibt<br />
sich dadurch oft ein Leistungsabbau. Nach neuem KVG dürfen<br />
für ärztlich verordnete Spitex-Pflegeleistungen keine zusätzlichen<br />
Rechnungen gestellt wer<strong>de</strong>n (Tarifschutz). Die<br />
Krankenkassen und die öffentliche Hand müssen neu die Kosten<br />
vollumfänglich tragen. In<strong>de</strong>ssen haben viele Kantone<br />
ihre bisherigen Subventionen an die Spitex-Pflegeleistungen<br />
gestrichen. Es ist selbstverständlich, dass durch <strong>de</strong>n Wegfall<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Subventionen die Spitexkosten ansteigen. Die Kantone<br />
sollten <strong>de</strong>n Spitexorganisationen Leistungsaufträge erteilen<br />
müssen. Der Wortlaut <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung ist in diesem Punkt<br />
nicht in allen Sprachen übereinstimmend. Im <strong>de</strong>utschen Text<br />
heisst es, die Spitexorganisationen müssten einen Leistungsauftrag<br />
haben, während im französischen Text festgehalten<br />
wird, dass sie einen Leistungsauftrag erhalten haben<br />
müssten. Der <strong>de</strong>utsche Text lässt zu, dass sich die Organisationen<br />
diesen Auftrag selbst erteilen können. Aus <strong>de</strong>m französischen<br />
Text könnte man schliessen, dass ein Dritter <strong>de</strong>n<br />
Leistungsauftrag gibt. Beim Leistungsauftrag geht es um ein<br />
wichtiges Steuerungsinstrument, nicht zuletzt zur Qualitätssicherung.<br />
Ansprüche <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitexorganisationen ans KVG: Das KVG verpflichtet<br />
die Kassen dazu, die Kosten für die Grund- und Behandlungspflege<br />
zu übernehmen, wenn diese ärztlich verordnet<br />
sind. Im Gesetz und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Verordnung wird keine Zeitrationierung<br />
vorgesehen. Der Spitexverband Schweiz bietet<br />
Hand für Zeitbudgets, wenn sie als Richtlinien <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaftlichkeits-,<br />
Wirksamkeits- und Zweckmässigkeitskontrolle dienen<br />
sollen. Weil aber in diesem Bereich Daten fehlen, erarbeitet<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Verband zusammen mit <strong>de</strong>m Konkordat erstmals<br />
die Vollkosten <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitex-Pflegeleistungen in dreizehn Referenzzentren.<br />
Diese Datenerhebung soll die Grundlage für die<br />
Verhandlungen über eine gesamtschweizerische Tarifstruktur<br />
für die anerkannten KVG-Leistungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitex-Behandlungs-<br />
und Grundpflege auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Basis <strong>de</strong>s Zeittarifes bil<strong>de</strong>n.<br />
Der Spitexverband wehrt sich aufgrund mangeln<strong><strong>de</strong>r</strong> Daten<br />
gegen ein Zeitbudget. In einer nachgereichten schriftlichen<br />
Unterlage stellt er die Behauptung auf, dass bei einer Zeitlimite<br />
von 60 Stun<strong>de</strong>n pro Quartal rund 40 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen<br />
Spitexpatientinnen und -patienten unter die Härtefallklausel<br />
fallen wür<strong>de</strong>n. Bei 100 Stun<strong>de</strong>n Zeitbudget pro Quartal<br />
wür<strong>de</strong>n 10 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Klientel zu <strong>de</strong>n Härtefällen zählen.<br />
Das BSV seinerseits führte hierzu Zahlen aus einem Beschwer<strong>de</strong>verfahren<br />
an, die besagen, dass bei 60 Stun<strong>de</strong>n<br />
Zeitlimite pro Quartal 8 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> zu behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Härtefälle<br />
wären und mehr Betreuung bräuchten.<br />
Spitexausbau synchron zum Spitalbettenabbau: Spitex trägt<br />
zwar dazu bei, dass sich Spitalbetten leeren, aber stellt dies<br />
bereits einen Abbau dar? Die Spitex kann ihn nicht beeinflussen.<br />
Schliesslich betonen die Vertreterinnen <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitex, dass Spitex<br />
und Pflegeheime nicht gleichgesetzt wer<strong>de</strong>n dürften.<br />
Artikel 50 KVG ist keine generelle Entschädigungsregel für<br />
<strong>de</strong>n Spitexbereich, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n erwähnt einzig, welche Pflegeleistungen<br />
im Pflegeheim entschädigt wer<strong>de</strong>n. Für die Abgel-<br />
tung <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegeleistungen im Pflegeheim sind Pauschalbeiträge<br />
möglich. Strukturell gehören die Pflegeheime zur stationären<br />
medizinischen Versorgung. Wie bei <strong>de</strong>n Spitälern<br />
müssen sich die Kantone o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Gemein<strong>de</strong>n auch bei <strong>de</strong>n<br />
Pflegeheimen substantiell an <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzierung beteiligen.<br />
Demgegenüber gehört <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitexbereich strukturell zur ambulanten<br />
medizinischen Versorgung. Hier müssen die Vollkosten<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> KLV-Pflegeleistungen durch die Krankenversicherer<br />
abgegolten wer<strong>de</strong>n.<br />
2.2 Krankenkassen<br />
Die Finanzierung <strong>de</strong>s Pflegebereiches darf auf keinen Fall<br />
vollumfänglich <strong><strong>de</strong>r</strong> obligatorischen Krankenpflegeversicherung<br />
übertragen wer<strong>de</strong>n. Der Gesetzgeber wollte mit <strong>de</strong>m<br />
KVG keine Pflegeversicherung einführen. Er beabsichtige,<br />
dass die Krankenversicherung einen Beitrag an die Pflegekosten<br />
vergütet. Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at Huber, Berichterstatter <strong><strong>de</strong>r</strong> KVG-<br />
Kommission, vertrat im Parlament <strong>de</strong>n Standpunkt, dass die<br />
Krankenversicherung einen Beitrag an die Kosten <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundpflege<br />
zu vergüten habe bzw. dass sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat im wesentlichen<br />
davon leiten lasse, dass die Krankenversicherer<br />
die klassischen Krankheitsbehandlung zu übernehmen hätten,<br />
sie aber nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sein wür<strong>de</strong>n, die ganze pflegerische<br />
Betreuung zu <strong>de</strong>cken. Diese entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Absicht<br />
wird heute von Leistungserbringern und Behör<strong>de</strong>n völlig verdrängt,<br />
was zur Folge hat, dass die im Abstimmungskampf<br />
vom BSV geschätzte Zunahme <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflegekosten um<br />
805 Millionen Franken (685 für Pflegeheime, 120 für Spitex)<br />
weit übertroffen wird. Vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Volksabstimmung ging das<br />
BSV von Tagessätzen für Pflegeheime zwischen 50 und<br />
70 Franken aus. Die Krankenkassen for<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong>de</strong>shalb die<br />
Festlegung eines Pflegekostenbeitrages durch <strong>de</strong>n Bund sowie<br />
eine Unterscheidung nach mittelschwerer o<strong><strong>de</strong>r</strong> schwerer<br />
Pflegebedürftigkeit. Weiter verlangen sie die Vorgabe eines<br />
Zeitbudgets pro Tag, Woche o<strong><strong>de</strong>r</strong> Monat. Gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t wird<br />
ebenfalls, dass die Kantonsregierungen <strong>de</strong>n Spitexorganisationen<br />
einen Leistungsauftrag erteilen, ferner Zulassungsvorschriften<br />
für Leistungserbringer. Schliesslich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen die<br />
Kassenvertreter ihren Wunsch nach einem Zulassungsstopp<br />
für neue Leistungserbringergruppen.<br />
Die Krankenkassen können Spitexrechnungen vorweisen,<br />
die z. B. 746 Stun<strong>de</strong>n während 31 Tagen verrechnen, was<br />
einem Schnitt von über 24 Stun<strong>de</strong>n pro Tag entspricht. In einem<br />
weiteren Beispiel lagen die Kosten für die Spitex gar höher<br />
als im Akutspital.<br />
2.3 Kantone<br />
Die Schweizerische Sanitätsdirektorenkonferenz lehnt einen<br />
dringlichen Bun<strong>de</strong>sbeschluss ab. Die Kantone machen geltend,<br />
dass nur ein Jahr nach Inkrafttreten <strong>de</strong>s neuen KVG<br />
nicht schon wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Zuflucht zu Notrecht genommen wer<strong>de</strong>n<br />
sollte. Im weiteren befürchten die Kantonsregierungen, dass<br />
die im KVG vorgesehene Kostenverschiebung im Spitex- und<br />
Pflegeheimbereich von <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Hand zu <strong>de</strong>n Krankenversicherern<br />
teilweise wie<strong><strong>de</strong>r</strong> rückgängig gemacht wer<strong>de</strong>n<br />
könnte; somit wür<strong>de</strong> die beschlossene Kostenverteilung<br />
in Frage gestellt. Im übrigen verweisen die Kantone auf die<br />
Gespräche mit <strong>de</strong>n Leistungserbringern sowie <strong>de</strong>n Versicherern;<br />
diesen Gesprächen seien gebührend Platz einzuräumen.<br />
3. Erwägungen<br />
Die beschriebene Entwicklung ist zu stoppen. Im gegenwärtigen<br />
Zeitpunkt sind zwar noch keine erhärteten gesamtschweizerischen<br />
Zahlen verfügbar. Nach einem Jahr lässt<br />
sich aber anhand von regionalen Untersuchungen und sehr<br />
zahlreichen Beispielen ein ein<strong>de</strong>utig steigen<strong><strong>de</strong>r</strong> Trend in diesem<br />
Bereich ausmachen. Mit <strong>de</strong>m vorliegen<strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>sbeschluss<br />
hat das Parlament Gelegenheit, Leistungsausweitung<br />
und Kostensteigerung zu unterbin<strong>de</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> zumin<strong>de</strong>st zu<br />
verlangsamen, die nie in seiner Absicht lagen. Für <strong>de</strong>n Antrag<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission sprechen neben <strong>de</strong>n sich abzeichnen<strong>de</strong>n<br />
zahlenmässigen Ten<strong>de</strong>nzen noch folgen<strong>de</strong> Überlegungen:<br />
– Der Bun<strong>de</strong>srat hat im Abstimmungskampf zum KVG stets<br />
betont, dass die Folgen <strong><strong>de</strong>r</strong> Artikel 25 und 33 im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Pflegeleistungen zwischen 850 und 900 Millionen Franken<br />
Mehrkosten verursachen wer<strong>de</strong>n. Diesen Berechnungen lag<br />
ein Stun<strong>de</strong>nsatz von rund 50 Franken zugrun<strong>de</strong>.<br />
<strong>Bulletin</strong> <strong>officiel</strong> <strong>de</strong> l’Assemblée fédérale