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Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

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Questions ordinaires N 1610 N Einfache Anfragen<br />

Ich frage <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat an, ob er bereit wäre, in Zusammenarbeit<br />

mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Staaten und Institutionen Europas<br />

eine Studie zur Konzipierung und Realisierung eines solchen<br />

Programmes zu erstellen o<strong><strong>de</strong>r</strong> in Auftrag zu geben.<br />

Antwort <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates vom 16. Juni 1997<br />

Der Bun<strong>de</strong>srat teilt die Analyse <strong>de</strong>s Fragestellers, wonach<br />

auf <strong>de</strong>m Weg eines Lan<strong>de</strong>s zu Frie<strong>de</strong>n und Stabilität <strong>de</strong>m<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> zivilen Gesellschaft eine Schlüsselrolle zukommt.<br />

Dies gilt gleichermassen für alle Staaten, welche in<br />

schwierigen Transitionsprozessen stehen und/o<strong><strong>de</strong>r</strong> einem internen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> externen Konflikt entronnen sind.<br />

Gera<strong>de</strong> in Albanien erweist sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Übergang von einem<br />

jahrzehntelang international völlig abgeschotteten, autoritären,<br />

kommunistischen System zu einer offenen, pluralistischen<br />

und marktwirtschaftlich orientierten Gesellschaft zunächst<br />

als <strong>de</strong>stabilisierend und konfliktiv. Einer <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlüssel<br />

zur Bewältigung dieser schwierigen Situation liegt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tat<br />

im Aufbau einer <strong>de</strong>mokratisch strukturierten zivilen Gesellschaft.<br />

Bisherige Erfahrungen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklungszusammenarbeit<br />

machen <strong>de</strong>utlich, dass Möglichkeiten und Grenzen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> externen Unterstützung solcher Prozesse entschei<strong>de</strong>nd<br />

mit <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Willen von politischen Akteuren<br />

und Bevölkerungsgruppen im Partnerland selbst<br />

verbun<strong>de</strong>n sind. Ausschliesslich aussengesteuerte Versuche,<br />

solche Transitionsprozesse zu bewältigen und Konfliktsituationen<br />

zu überwin<strong>de</strong>n, sind kaum je von Erfolg gekrönt.<br />

Der Bun<strong>de</strong>srat ist jedoch überzeugt, dass es auch in einer<br />

schwierigen Situation möglich ist, mit einem langfristigen und<br />

auf Kontinuität ausgerichteten Engagement die positiven<br />

Kräfte einer Gesellschaft zu mobilisieren.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen Gemeinschaft ist in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

immer mehr erkannt wor<strong>de</strong>n, dass es an geeigneten Instrumenten<br />

und am politischen Willen zu einem koordinierten<br />

Vorgehen für <strong>de</strong>n Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau konfliktgeschädigter Gesellschaften<br />

mangelt. Statt sich an <strong><strong>de</strong>r</strong> Finalität ihrer Massnahmen<br />

zu orientieren, haben verschie<strong>de</strong>ne bilaterale und multilaterale<br />

Akteure zu oft mit nicht abgestimmten Zielsetzungen<br />

und Konditionalitäten gehan<strong>de</strong>lt. Der Frie<strong>de</strong>nsprozess in<br />

Zentralamerika (El Salvador, Guatemala) und die Bewältigung<br />

<strong>de</strong>s Bürgerkriegs in <strong><strong>de</strong>r</strong> Region <strong><strong>de</strong>r</strong> Grossen Seen haben<br />

massgeblich zu dieser Erkenntnis beigetragen und einen<br />

Lernprozess ausgelöst.<br />

Die Schweiz hat sich von Beginn weg aktiv in diesem Lernprozess<br />

engagiert. So gehörte sie beispielsweise zu <strong>de</strong>n<br />

Hauptträgern <strong><strong>de</strong>r</strong> UNDP (Entwicklungsprogramm <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten<br />

Nationen) – Studie «Linking Relief and Development»<br />

(Nothilfe und Entwicklung verbin<strong>de</strong>n, 1993/94) und von Seminaren<br />

<strong>de</strong>s UNRISD (Forschungsinstitut für soziale Entwicklung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen, 1994) in Genf unter <strong>de</strong>m Titel<br />

«Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau von kriegsversehrten Gesellschaften».<br />

Aus diesen Bestrebungen entstand 1995 ein gross angelegtes<br />

internationales Forschungsprojekt <strong>de</strong>s UNRISD, das sogenannte<br />

«War-torn Societies Project». Dank eines frühen<br />

Engagements <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz konnten weitere wichtige Träger<br />

gewonnen wer<strong>de</strong>n (Nie<strong><strong>de</strong>r</strong>lan<strong>de</strong>, Schwe<strong>de</strong>n, Frankreich, die<br />

USA, Kanada und Norwegen). In vier Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n (Eritrea,<br />

Moçambique, Somalia, Guatemala) aktiviert das Projekt mit<br />

seiner Arbeit eine bessere Integration <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen<br />

Hilfe und die Entwicklung geeigneter Programme unter Einbezug<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> lei<strong><strong>de</strong>r</strong> zu oft vergessenen lokalen Akteure (z. B. im<br />

Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwaffnung und Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>einglie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung von<br />

Kämpfern, <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> Justiz, vermitteln<strong><strong>de</strong>r</strong> Medienarbeit,<br />

lokaler Versöhnungsmechanismen usw.).<br />

Seit 1995 befasst sich auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklungsausschuss <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

OECD (DAC) mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage. Eine Task force <strong><strong>de</strong>r</strong> OECD auf<br />

Expertenebene hat 1995/96 die wesentlichen Aspekte im Bereich<br />

«Frie<strong>de</strong>n, Konflikte und Entwicklungszusammenarbeit»<br />

diskutiert, um die Lehren aus <strong>de</strong>n bisherigen guten und<br />

schlechten Erfahrungen zu ziehen. Es geht dabei vor allem<br />

darum, die Geberlän<strong><strong>de</strong>r</strong> für die Möglichkeiten sogenannter<br />

nicht traditioneller Vorgehensweisen für <strong>de</strong>n Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau<br />

konfliktgeschädigter Gesellschaften und für eine nachhaltige<br />

Frie<strong>de</strong>nssicherung zu sensibilisieren. Seit diesem Monat liegen<br />

ausführliche Leitlinien für die Unterstützung kriegsge-<br />

schädigter Gesellschaften und die Prävention von Ereignissen<br />

wie <strong>de</strong>sjenigen in Albanien vor.<br />

Innerhalb <strong>de</strong>s Eidgenössischen Departementes für auswärtige<br />

Angelegenheiten (EDA) hat parallel zur internationalen<br />

Debatte in <strong><strong>de</strong>r</strong> OEDC eine Arbeitsgruppe die Konsequenzen<br />

für die Schweiz und die schweizerische Entwicklungszusammenarbeit<br />

aufgearbeitet. Ziel ist auch hier eine bessere Absprache<br />

zwischen <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen externen Akteuren und<br />

die kreative Entwicklung von Programmen und Instrumenten,<br />

die in Konfliktsituationen <strong>de</strong>n mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfrage gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten<br />

Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau einer zivilen Gesellschaft för<strong><strong>de</strong>r</strong>n.<br />

Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE engagiert sich die Schweiz beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

für die Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verpflichtungen im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

menschlichen Dimension, kurz für die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> zivilen<br />

Gesellschaft. Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Überzeugung heraus, dass hier die<br />

zentrale Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE liegt, um in Europa langfristig<br />

Frie<strong>de</strong>n und Stabilität herzustellen, war dies während <strong>de</strong>s<br />

Vorsitzjahres 1996 die erste Priorität unserer Zielsetzungen.<br />

Funktionieren<strong>de</strong> Zivilgesellschaften sind wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standsfähig<br />

gegen die neuen, an Be<strong>de</strong>utung zunehmen<strong>de</strong>n Bedrohungen<br />

wie aggressiver Nationalismus, Rassismus, Intoleranz<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> organisiertes Verbrechen, welche die Menschenrechte<br />

gefähr<strong>de</strong>n und gegen die staatliche Mittel allein nicht ausreichen.<br />

Das Mandat <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE-Präsenz in Albanien umfasst ebenfalls<br />

Beratung und Unterstützung in <strong>de</strong>n Bereichen Demokratisierung,<br />

Medien und Menschenrechte. Es ist allerdings vorläufig<br />

bis zur Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> geplanten Wahlen beschränkt,<br />

und die vorhan<strong>de</strong>nen Ressourcen müssen aus<br />

Dringlichkeitsgrün<strong>de</strong>n für die Vorbereitung und die Überwachung<br />

dieses Urnenganges eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Der Bun<strong>de</strong>srat ist <strong>de</strong>shalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Auffassung, dass die Untersuchung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> vom Fragesteller aufgezeigten Problematik auf<br />

konzeptueller Ebene weit fortgeschritten ist und es nun vordringlich<br />

ist, sich auf die Umsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> vorhan<strong>de</strong>nen Erkenntnisse<br />

zu konzentrieren. Dabei ist, wie auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfrage<br />

unterstrichen wird, ein international gut abgestimmtes<br />

Vorgehen wichtig. Der Bun<strong>de</strong>srat ist bereit, Anstrengungen<br />

zum Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> zivilen Gesellschaft sowohl in Albanien<br />

als auch in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en latent- o<strong><strong>de</strong>r</strong> post-konfliktiven Situationen<br />

im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Entwicklungszusammenarbeit, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Osthilfe und <strong><strong>de</strong>r</strong> frie<strong>de</strong>nsför<strong><strong>de</strong>r</strong>n<strong>de</strong>n Massnahmen <strong>de</strong>s EDA<br />

zu unterstützen. Erfolgreiche externe Unterstützung setzt<br />

aber <strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s Empfängerlan<strong>de</strong>s voraus, die dafür notwendigen<br />

Rahmenbedingungen zu schaffen.<br />

<strong>Bulletin</strong> <strong>officiel</strong> <strong>de</strong> l’Assemblée fédérale

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