Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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20. Juni 1997 N 1471 Motion Strahm<br />
Die ständige Verweigerung <strong><strong>de</strong>r</strong> grossen Amtshilfe kommt die<br />
Schweizer Wirtschaft teuer zu stehen. So verweigerte die<br />
Regierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland die von <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schweiz gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>te Beseitigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sockelsteuer (zurückbehaltener<br />
Sockel bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückerstattung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verrechnungssteuer<br />
über die Grenze, <strong><strong>de</strong>r</strong> für <strong>de</strong>n Steuerpflichtigen «verloren»<br />
ist) mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Begründung, die Schweiz müsse im Gegenzug<br />
die Amtshilfe erweitern. Diese Aus<strong>de</strong>hnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Amtshilfe<br />
wur<strong>de</strong> aber auf Druck <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizerischen Bankiervereinigung<br />
vom Bun<strong>de</strong>srat nicht gewährt.<br />
Die bestehen<strong>de</strong> Sockelsteuer ist ein Nachteil für <strong>de</strong>n Standort<br />
Schweiz im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Holdingbesteuerung. Dieser<br />
Nachteil kommt uns teuer zu stehen, weil nun mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Reform<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Unternehmensbesteuerung eine Kompensation auf an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Art und Weise – unter grossen Ertragsausfällen für <strong>de</strong>n<br />
Staat – geleistet wer<strong>de</strong>n muss.<br />
Es drängt sich <strong>de</strong>shalb eine Überprüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Abkommenspolitik<br />
bei <strong>de</strong>n DBA auf: Die Amtshilfe <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz muss nun<br />
unverzüglich erweitert wer<strong>de</strong>n, bevor wir vom Ausland dazu<br />
gezwungen wer<strong>de</strong>n und neue Schä<strong>de</strong>n für das Ansehen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schweiz und Nachteile für <strong>de</strong>n Wirtschaftsstandort entstehen.<br />
Schriftliche Stellungnahme <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates<br />
vom 9. Juni 1997<br />
Rapport écrit du Conseil fédéral<br />
du 9 juin 1997<br />
1. Die meisten Staaten, die untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong> Doppelbesteuerungsabkommen<br />
abschliessen, vereinbaren darin <strong>de</strong>n Austausch<br />
von Informationen sowohl für die ordnungsgemässe<br />
Anwendung <strong>de</strong>s Abkommens als auch für die Durchsetzung<br />
<strong>de</strong>s innerstaatlichen Rechts <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragsstaaten. Auch das<br />
Musterabkommen <strong><strong>de</strong>r</strong> OECD enthält eine solche sogenannte<br />
«grosse Auskunftsklausel». Demgegenüber hat sich die<br />
Schweiz – mit Zustimmung und Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> eidgenössischen<br />
Räte – seit jeher auf <strong>de</strong>n Standpunkt gestellt, dass<br />
Doppelbesteuerungsabkommen einzig die Vermeidung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
internationalen Doppelbesteuerung zum Zweck haben und<br />
dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Informationsaustausch daher auf Auskünfte beschränkt<br />
bleiben muss, die für die richtige Anwendung eines<br />
Abkommens erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich sind. Aus dieser Haltung heraus hat<br />
die Schweiz <strong>de</strong>nn auch einen ausdrücklichen Vorbehalt zur<br />
Bestimmung <strong>de</strong>s Musterabkommens <strong><strong>de</strong>r</strong> OECD über die<br />
Amtshilfe angebracht.<br />
In ihren Verhandlungen über <strong>de</strong>n Abschluss von Doppelbesteuerungsabkommen<br />
ist es <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz bisher praktisch<br />
immer gelungen, ihre Auffassung durchzusetzen. Die einzige<br />
Ausnahme bil<strong>de</strong>t das Abkommen vom 24. Mai 1951 mit <strong>de</strong>n<br />
USA, das auch <strong>de</strong>n Austausch von Informationen, die für die<br />
Verhütung von Betrugs<strong>de</strong>likten im Zusammenhang mit einer<br />
unter das Abkommen fallen<strong>de</strong>n Steuer erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich sind, einschliesst.<br />
Auch das am 2. Oktober 1996 unterzeichnete revidierte<br />
Abkommen mit <strong>de</strong>n USA sieht diese begrenzte Ausweitung<br />
vor.<br />
2. Der Motionär erwartet von <strong><strong>de</strong>r</strong> verlangten Ausweitung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Amtshilfe in Steuerfragen, dass im Gegenzug von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Staaten (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e von Deutschland und <strong>de</strong>n USA) die<br />
Reduktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Quellensteuer auf Beteiligungsdivi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n auf<br />
Null erreicht wer<strong>de</strong>n kann. Damit könnte ein Nachteil für <strong>de</strong>n<br />
Standort Schweiz im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Holdingbesteuerung beseitigt<br />
wer<strong>de</strong>n. Der Wegfall von Quellensteuern auf Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nzahlungen<br />
unter verbun<strong>de</strong>nen Unternehmen, <strong><strong>de</strong>r</strong> aufgrund<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Mutter-Tochter-Richtlinie im EU-Raum weitgehend<br />
verwirklicht wor<strong>de</strong>n ist, stellt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tat einen Standortvorteil<br />
dar. Bereits in seiner Stellungnahme zur Motion Hess Peter<br />
91.3326 (Holdingstandort Schweiz. Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> steuerlichen<br />
Rahmenbedingungen) hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat anerkannt,<br />
dass es ein schweizerisches Anliegen sein müsse, auf <strong>de</strong>m<br />
Wege <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhandlung mit <strong>de</strong>n wichtigsten europäischen<br />
Staaten, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Doppelbesteuerungsabkommen mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schweiz diese Quellensteuerbefreiung von Beteiligungsdivi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
noch nicht vorsehen, eine Angleichung an die Mutter-Tochter-Richtlinie<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> EU zu erreichen. Erste Teilerfolge<br />
sind in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwischenzeit bereits zu verzeichnen, konnten<br />
doch die Abkommen mit Schwe<strong>de</strong>n, Finnland und Frankreich<br />
<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />
in diesem Sinne revidiert wer<strong>de</strong>n. Im weiteren sieht auch das<br />
neue Abkommen mit Luxemburg einen Nullsatz für Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
auf Beteiligungen von min<strong>de</strong>stens 25 Prozent vor.<br />
Entsprechen<strong>de</strong> Verhandlungen mit Deutschland konnten bisher<br />
nicht zu einem Abschluss gebracht wer<strong>de</strong>n. Die <strong>de</strong>utschen<br />
Gegenfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen beschränken sich in<strong>de</strong>ssen nicht<br />
auf eine Aus<strong>de</strong>hnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Amtshilfe. Deutschland verlangt<br />
zusätzlich das Recht, einseitig von <strong><strong>de</strong>r</strong> Befreiungs- zur Anrechnungsmetho<strong>de</strong><br />
zu wechseln und internrechtliche Missbrauchsvorschriften<br />
anzuwen<strong>de</strong>n, die im Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch zu<br />
<strong>de</strong>njenigen stehen, die das gelten<strong>de</strong> Abkommen vorsieht.<br />
Schliesslich müsste die Schweiz die <strong>de</strong>utsche Haltung bezüglich<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Besteuerung von Einkünften <strong>de</strong>utscher<br />
GmbH & Co. KG akzeptieren. Es steht somit keineswegs<br />
fest, dass ein Entgegenkommen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Amtshilfe von <strong>de</strong>utscher Seite mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zustimmung zur gegenseitigen<br />
Quellensteuerbefreiung auf Divi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nzahlungen<br />
unter verbun<strong>de</strong>nen Unternehmen honoriert wür<strong>de</strong>, zumal<br />
auch eine schweizerische Zustimmung zu einer grossen<br />
Auskunftsklausel nur <strong>de</strong>n Austausch <strong><strong>de</strong>r</strong>jenigen Informationen<br />
ermöglichen wür<strong>de</strong>, die aufgrund <strong>de</strong>s internen Rechts<br />
bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Staaten erhältlich sind. Aufgrund <strong>de</strong>s schweizerischen<br />
Bankgeheimnisses könnten Bankauskünfte, an <strong>de</strong>nen<br />
Deutschland in erster Linie interessiert ist, nur in Fällen von<br />
Abgabebetrug ausgetauscht wer<strong>de</strong>n. Dies ist aber, je<strong>de</strong>nfalls<br />
für die Durchführung eines Strafverfahrens, bereits heute<br />
aufgrund <strong>de</strong>s IRSG im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtshilfe möglich, wobei<br />
je<strong>de</strong> direkte o<strong><strong>de</strong>r</strong> indirekte Verwendung durch die Steuerbehör<strong>de</strong>n<br />
untersagt ist.<br />
Im Verhältnis zu <strong>de</strong>n USA ist festzuhalten, dass die Frage <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Amtshilfe keinen Einfluss auf die amerikanische Politik bezüglich<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Quellenbesteuerung von Beteiligungsdivi<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
hat, haben doch die USA bisher keinem einzigen Staat einen<br />
Nullsatz zugestan<strong>de</strong>n.<br />
3. Eine Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong><strong>de</strong>r</strong> schweizerischen Abkommenspolitik im<br />
Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Amtshilfe käme einem Dammbruch gleich,<br />
könnte doch ein entsprechen<strong>de</strong>s Entgegenkommen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schweiz nicht auf Staaten beschränkt bleiben, von <strong>de</strong>nen als<br />
Gegenleistung Konzessionen in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en für die Schweiz<br />
wichtigen Abkommensbereichen ausgehan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n<br />
könnten. Vielmehr wäre damit zu rechnen, dass die meisten<br />
Vertragsstaaten die unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen<br />
über die Revision ihrer Doppelbesteuerungsabkommen<br />
mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz verlangen wür<strong>de</strong>n. Dies wür<strong>de</strong> die Möglichkeiten<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Eidgenössischen Steuerverwaltung zum Einsatz<br />
ihrer personellen Mittel für <strong>de</strong>n Abschluss o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Revision<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> im Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> schweizerischen Wirtschaft<br />
liegen<strong>de</strong>n Doppelbesteuerungsabkommen stark beeinträchtigen.<br />
Schliesslich müssten <strong><strong>de</strong>r</strong> Eidgenössischen Steuerverwaltung<br />
auch zusätzliche Stellen zugeteilt wer<strong>de</strong>n, wäre sie<br />
doch mit ihrem heutigen Personalbestand ausserstan<strong>de</strong>, die<br />
zu erwarten<strong>de</strong> Anzahl Auskunftsbegehren zu bearbeiten.<br />
4. Trotz dieser Be<strong>de</strong>nken ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat bereit, das Eidgenössische<br />
Finanz<strong>de</strong>partement zu beauftragen, im Rahmen<br />
eines Vernehmlassungsverfahrens bei <strong>de</strong>n Kantonen und<br />
<strong>de</strong>n interessierten Wirtschaftsverbän<strong>de</strong>n abzuklären, ob und<br />
unter welchen Voraussetzungen einer Lockerung <strong><strong>de</strong>r</strong> bisherigen<br />
schweizerischen Praxis in Betracht kommen könnte.<br />
Schriftliche Erklärung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates<br />
Déclaration écrite du Conseil fédéral<br />
Der Bun<strong>de</strong>srat beantragt, die Motion in ein Postulat umzuwan<strong>de</strong>ln.<br />
Präsi<strong>de</strong>ntin: Der Vorstoss wird von Herrn Hess Peter bekämpft.<br />
Die Diskussion wird verschoben.<br />
Verschoben – Renvoyé