Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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2. Juni 1997 N 871 OSZE/Europarat. Berichte<br />
gesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> brutalen Unterdrückung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tschetschenen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
katastrophalen Lage in <strong>de</strong>n Gefängnissen und <strong><strong>de</strong>r</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holten<br />
Menschenrechtsverletzungen noch weit von einem<br />
Rechtsstaat entfernt; zum an<strong><strong>de</strong>r</strong>n sei <strong><strong>de</strong>r</strong> Europarat für diese<br />
Aufnahme nicht gerüstet, <strong>de</strong>nn das Ministerkomitee habe<br />
noch nichts unternommen, um die Strukturen <strong><strong>de</strong>r</strong> Erweiterung<br />
anzupassen. Die Organisation verliere mit einer <strong>de</strong>finitiven<br />
Aufnahme Russlands ihre Glaubwürdigkeit und moralische<br />
Autorität.<br />
Für Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at Bloetzer war <strong><strong>de</strong>r</strong> Entscheid <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen<br />
Versammlung sowohl für die Entwicklung Russlands<br />
als auch für die Stabilität Europas von historischer Be<strong>de</strong>utung.<br />
Es gebe kein verlässliches europäisches Sicherheitsmo<strong>de</strong>ll<br />
für das 21. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t ohne Einbezug <strong><strong>de</strong>r</strong> Russischen<br />
Fö<strong><strong>de</strong>r</strong>ation. Es gehöre zur paneuropäischen Berufung<br />
<strong>de</strong>s Europarates, dass er seinen Zielen und I<strong>de</strong>en europaweit<br />
zum Durchbruch verhelfe.<br />
Einerseits wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Rückweisungsantrag von Nationalrat<br />
Columberg abgelehnt, an<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits wur<strong>de</strong> aber eine Richtlinie,<br />
die die Einsetzung einer Ad-hoc-Kommission für<br />
Tschetschenien vorsieht, angenommen. Diese Kommission,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong>en Präsidium Nationalrat Mühlemann anvertraut wur<strong>de</strong>,<br />
hat <strong>de</strong>n Auftrag, die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage in Tschetschenien<br />
zu verfolgen. Sie soll Russland bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausarbeitung von<br />
Massnahmen unterstützen, die sowohl mit <strong>de</strong>m Rahmenübereinkommen<br />
<strong>de</strong>s Europarates über <strong>de</strong>n Schutz nationaler<br />
Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten übereinstimmen als auch für bei<strong>de</strong> Parteien<br />
tragbar sind.<br />
Die Parlamentarische Versammlung unterstützte schliesslich<br />
in einer Abstimmung unter Namensaufruf die positive Stellungnahme<br />
zum Beitrittsgesuch Russlands mit 164 zu 35<br />
Stimmen und 15 Enthaltungen. Das Ministerkomitee folgte<br />
dieser Empfehlung am 28. Februar 1996, womit Russland<br />
zum 39. Europaratsmitglied wur<strong>de</strong>.<br />
3.2 Die Beziehungen OSZE/Europarat: Ansprache von Bun<strong>de</strong>srat<br />
Flavio Cotti, <strong>de</strong>s amtieren<strong>de</strong>n OSZE-Präsi<strong>de</strong>nten<br />
Bun<strong>de</strong>srat Cotti, wandte sich in seiner Eigenschaft als amtieren<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Präsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit<br />
in Europa (OSZE) an die Parlamentarische Versammlung.<br />
Er kam dabei insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e auf das Abkommen<br />
von Dayton zu sprechen. Die Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heit dieses Abkommens<br />
bestehe darin, dass <strong>de</strong>ssen Umsetzung mehreren internationalen<br />
Organisationen, darunter <strong>de</strong>m Europarat, übertragen<br />
wor<strong>de</strong>n sei, was eine gute und enge Zusammenarbeit<br />
zwischen allen Organisationen voraussetze. Einen beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Koordinationsbedarf sieht <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE-Präsi<strong>de</strong>nt im Bereich<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenrechte. Er wies ausdrücklich auf die enge<br />
Zusammenarbeit zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE und <strong>de</strong>m Europarat bei<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Bildung <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenrechtskommission für Bosnien hin.<br />
Diese setzt sich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Ombudsperson (Gret Haller) und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Menschenrechtskammer zusammen. Die Ombudsperson ist<br />
<strong>de</strong>m OSZE-Präsi<strong>de</strong>nten, die Menschenrechtskammer <strong>de</strong>m<br />
Europarat unterstellt.<br />
Beim Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau Bosniens sei zuweilen die Arbeitsaufteilung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Zusammenarbeit vorzuziehen, erklärte <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE-<br />
Präsi<strong>de</strong>nt. Er habe sich gefragt, ob es nicht im Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
OSZE liege, <strong>de</strong>m Europarat die Bereiche «Rassismusbekämpfung»<br />
und «Rechtsstaatlichkeit» zu überlassen, da er<br />
auf diesen Gebieten eine grössere Erfahrung habe.<br />
Die Bewältigung <strong><strong>de</strong>r</strong> aktuellen Aufgaben in Europa verlange<br />
von allen internationalen Organisationen Anpassungsfähigkeit.<br />
Sie könnten die anstehen<strong>de</strong>n Aufgaben nur erfüllen,<br />
wenn sie Kreativität an <strong>de</strong>n Tag legten. Der OSZE wie auch<br />
<strong>de</strong>m Europarat komme beim Aufbau Europas eine tragen<strong>de</strong><br />
Rolle zu: Sie seien sozusagen die Laboratorien, in <strong>de</strong>nen die<br />
Vereinigung Europas vorbereitet wer<strong>de</strong>. Deren Zusammenarbeit<br />
sei <strong>de</strong>shalb heute notwendiger als je.<br />
3.3 Die Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitenrechte<br />
Dem Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitenrechte kommt eine wachsen<strong>de</strong><br />
Be<strong>de</strong>utung zu. So stimmte das Ministerkomitee <strong>de</strong>s Europarates<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Charta über die Regional- und Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitensprachen<br />
(1992) und <strong>de</strong>m Rahmenübereinkommen<br />
über <strong>de</strong>n Schutz nationaler Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten (1995) zu.<br />
Diese bei<strong>de</strong>n Instrumente sollten durch ein Zusatzprotokoll<br />
zur Europäischen Menschenrechtskonvention ergänzt wer-<br />
<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />
<strong>de</strong>n. Darin wären die Rechte, auf die sich <strong><strong>de</strong>r</strong> einzelne vor unabhängigen<br />
Gerichten berufen kann, klar zu umschreiben.<br />
Damit nahm die Parlamentarische Versammlung eine Empfehlung<br />
wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf, die sie bereits anlässlich <strong>de</strong>s Gipfeltreffens<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Mitgliedstaaten <strong>de</strong>s Europarates vom Oktober 1993<br />
in Wien an die Staats- und Regierungschefs gerichtet hatte;<br />
dieser Empfehlung wur<strong>de</strong> damals keine Folge gegeben. Die<br />
Parlamentarische Versammlung bedauerte überdies die<br />
Suspendierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiten am Protokoll, das die Europäische<br />
Menschenrechtskonvention durch Bestimmungen ergänzen<br />
soll, welche insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>de</strong>n nationalen Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten<br />
individuelle Rechte im kulturellen Bereich gewährleisten<br />
wür<strong>de</strong>n. Sie wünschte eine möglichst baldige Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufnahme<br />
dieser Arbeit.<br />
Schliesslich for<strong><strong>de</strong>r</strong>te die Parlamentarische Versammlung die<br />
Mitgliedstaaten auf, die bei<strong>de</strong>n Rechtsinstrumente zu unterzeichnen<br />
und zu ratifizieren, damit sie so bald als möglich in<br />
Kraft treten können. Die Europäische Charta über die Regional-<br />
und Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitensprachen (für die Inkraftsetzung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche<br />
Ratifikationen: fünf) wur<strong>de</strong> bis anhin nur von drei<br />
Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n ratifiziert (Finnland, Ungarn und Norwegen), das<br />
Rahmenübereinkommen über <strong>de</strong>n Schutz nationaler Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten<br />
(erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>liche Ratifikationen: zwölf) nur gera<strong>de</strong> von<br />
vier Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n (Ungarn, Rumänien, Slowakei und Spanien).<br />
3.4 Flüchtlinge und Vertriebene sowie Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau in gewissen<br />
Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n Ex-Jugoslawiens; die Lage <strong><strong>de</strong>r</strong> albanischen<br />
Asylbewerber aus Kosovo<br />
Nach <strong>de</strong>m Abschluss <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>nsvertrages von Dayton bil<strong>de</strong>t<br />
die Rückkehr <strong><strong>de</strong>r</strong> Kriegsflüchtlinge von rund vier Millionen<br />
Menschen einen wesentlichen Bestandteil <strong>de</strong>s Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbaus.<br />
Sollen die Sicherheit und die Respektierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenrechte<br />
gewährleistet wer<strong>de</strong>n, dann hat die Rückkehr<br />
dieser Menschen freiwillig, schrittweise und geordnet zu erfolgen.<br />
Der Frie<strong>de</strong>nsprozess kann in Ex-Jugoslawien nur Bestand<br />
haben, wenn in <strong>de</strong>n betroffenen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n gleichzeitig wirtschaftliche<br />
und soziale Fortschritte erzielt wer<strong>de</strong>n. Der materielle<br />
Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau muss mit einem Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau <strong>de</strong>s Sozialgefüges<br />
und mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Errichtung einer Zivilgesellschaft einhergehen.<br />
Die Parlamentarische Versammlung empfahl <strong>de</strong>m Ministerrat<br />
<strong>de</strong>shalb die rasche Durchführung <strong><strong>de</strong>r</strong> Programme <strong>de</strong>s Europarates<br />
für <strong>de</strong>n Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau in Ex-Jugoslawien und die Koordinierung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Rückführungen nach Bosnien-Herzegowina<br />
mit <strong>de</strong>m Hohen Flüchtlingskommissar <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen.<br />
Die Behör<strong>de</strong>n Kroatiens und Bosnien-Herzegowinas<br />
for<strong><strong>de</strong>r</strong>te sie auf, mit <strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Schutz <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenrechte<br />
zuständigen Organen und <strong>de</strong>m Internationalen Kriegsverbrechertribunal<br />
für Ex-Jugoslawien uneingeschränkt zusammenzuarbeiten.<br />
Zu<strong>de</strong>m ersuchte sie die Mitgliedlän<strong><strong>de</strong>r</strong> um finanzielle<br />
und humanitäre Unterstützung <strong><strong>de</strong>r</strong> vom Europarat<br />
zugunsten von Ex-Jugoslawien durchgeführten Aktionen und<br />
Projekte. Die Empfehlung basierte auf einem Bericht, <strong>de</strong>n<br />
Nationalrätin Robert noch zusammen mit <strong>de</strong>m polnischen<br />
Abgeordneten Iwinski ausgearbeitet hatte.<br />
Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at Bloetzer führte als Berichterstatter <strong><strong>de</strong>r</strong> Politischen<br />
Kommission aus, dass das Dayton-Abkommen eine Garantie<br />
für die Zukunft darstelle, dass aber die mit seiner praktischen<br />
Umsetzung beauftragten internationalen Organisationen hier<br />
vor einer grossen Herausfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung stün<strong>de</strong>n. Der Europarat<br />
wer<strong>de</strong> u. a. mit <strong><strong>de</strong>r</strong> OSZE und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e mit <strong><strong>de</strong>r</strong> vorgesehenen<br />
Ombudsperson für Menschenrechte zusammenarbeiten<br />
müssen. Mit Bosnien-Herzegowina habe sich übrigens<br />
zum erstenmal ein Nichtmitgliedstaat <strong>de</strong>s Europarates in seiner<br />
Verfassung ausdrücklich auf die Europäische Menschenrechtskonvention<br />
berufen und auf entsprechen<strong>de</strong> Schutzmechanismen<br />
bezogen und ausgerichtet.<br />
Im Zusammenhang mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage <strong><strong>de</strong>r</strong> albanischen Asylbewerber<br />
aus Kosovo bedauerte die Parlamentarische Versammlung<br />
die anhalten<strong>de</strong>n Menschenrechtsverletzungen <strong><strong>de</strong>r</strong> serbischen<br />
Behör<strong>de</strong>n gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> albanischen Bevölkerung<br />
Kosovos und for<strong><strong>de</strong>r</strong>te diese zur Respektierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenrechte<br />
in Kosovo und zum Verzicht einer massiven Ansiedlung<br />
von Serben auf diesem Gebiet auf. Die betroffenen<br />
Parteien wur<strong>de</strong>n ebenfalls aufgefor<strong><strong>de</strong>r</strong>t, Verhandlungen mit