Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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9. Juni 1997 N 1073 Berufsbildung<br />
stem, mit mehr Durchlässigkeit zwischen <strong>de</strong>n einzelnen Bildungsgängen.<br />
Dazu müssen wir alle Akteure und Akteurinnen in diesem<br />
Land zusammenziehen, <strong>de</strong>nn es sind unzählige Stellen in<br />
Bildungsfragen involviert. Ich nenne nur einige: Gemein<strong>de</strong>n,<br />
Kantone, verschie<strong>de</strong>ne Bun<strong>de</strong>sstellen, Universitäten, zwei<br />
Eidgenössische Technische Hochschulen, unzählige private<br />
Schulen, über 50 Höhere Fachschulen, die jetzt Fachhochschulen<br />
wer<strong>de</strong>n wollen, verschie<strong>de</strong>nste Kommissionen von<br />
Bund, Kantonen und Gemein<strong>de</strong>n, die Erziehungsdirektorenkonferenz,<br />
die Schweizerische Hochschulkonferenz und ungezählte<br />
Verbän<strong>de</strong> von Berufsleuten, Arbeitgebern, Arbeitnehmern<br />
usw. Wer ein kohärentes Schweizer Bildungssystem<br />
will, muss diese Akteure einbeziehen. Er muss all diese<br />
Kräfte sammeln und bün<strong>de</strong>ln.<br />
Und er muss wohl auch anerkennen, dass eine Stelle <strong>de</strong>n<br />
Anstoss geben muss: Diese Stelle kann nur <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund sein.<br />
Das können nur wir hier in diesem Saal sein. Wir müssen dafür<br />
sorgen, dass ein Bildungskonzept Schweiz auch eine nationale<br />
Plattform hat. Die Motion will nicht in die kantonale Bildungshoheit<br />
eingreifen, in keiner Art und Weise; wir wollen<br />
nicht die Verfassung umkehren. Gesamtheitlich heisst nicht<br />
einheitlich. Und «in Auftrag geben» heisst nicht befehlen. Die<br />
Motion will keine Zentralisierung; eine unserer Stärken ist<br />
das <strong>de</strong>zentral aufgebaute Bildungssystem. Die Motion will<br />
auch keine Uniformierung.<br />
Ich wie<strong><strong>de</strong>r</strong>hole: Wer <strong>de</strong>n Bildungsfranken bestmöglich einsetzen<br />
will, wer ein optimales Bildungssystem Schweiz will,<br />
wer dafür sorgen will, dass unsere Jugend auch künftig weltmeisterliche<br />
Bildungsvoraussetzungen antrifft, stimmt dieser<br />
Motion zu.<br />
Ich rufe Sie zusammen mit <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>srat dazu auf, das<br />
auch zu tun.<br />
Dormann Rosmarie (C, LU): Bis vor wenigen Jahren war in<br />
unseren Schweizerpässen nebst <strong>de</strong>n Personalien, <strong>de</strong>m Geburts-<br />
und <strong>de</strong>m Heimatort auch die Berufsbezeichnung <strong>de</strong>s<br />
Passinhabers vermerkt. Bis vor wenigen Jahren vermerkten<br />
die Tageszeitungen unter <strong>de</strong>n Eheverkündigungen immer<br />
auch die Berufe <strong><strong>de</strong>r</strong> heiratswilligen Paare. Nicht nur die Berufsbildung,<br />
auch die Berufswahl wird von Schweizerinnen<br />
und Schweizern mit Neugier und Interesse verfolgt. Buchen<br />
Sie einmal eine Hotelübernachtung: Sie wer<strong>de</strong>n beim Ausfüllen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Formulare bestimmt nach Ihrem Beruf gefragt.<br />
Der Stellenwert <strong>de</strong>s Berufes ist in unserer Gesellschaft sehr<br />
hoch. Nicht mehr die Arbeit, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> gewählte Beruf hebt<br />
das Ansehen und das Selbstbewusstsein. Deshalb gibt es<br />
Erwerbslose, die sehr Mühe haben, ihren erlernten Beruf aufzugeben<br />
und umzulernen, weil sie damit zu Recht Imageverluste<br />
befürchten. In unserem Land haben die Bürger und Bürgerinnen<br />
in <strong>de</strong>n vergangenen fünfzig Jahren ihre I<strong>de</strong>ntität<br />
fast ausschliesslich über <strong>de</strong>n Beruf gefun<strong>de</strong>n. Das kommt<br />
beim neuen Phänomen Arbeitslosigkeit sehr schmerzlich<br />
zum Ausdruck. Viele Menschen unter uns, die ohne Erwerbsarbeit<br />
dastehen, lei<strong>de</strong>n sehr stark unter I<strong>de</strong>ntitätsverlusten.<br />
Da kommt mir jenes Zitat <strong>de</strong>s Schriftstellers in <strong>de</strong>n Sinn, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
einmal geschrieben hat: «Alle Berufe sind Verschwörungen<br />
gegen die Laien.»<br />
Nicht umsonst schlich sich in <strong>de</strong>n letzten Jahren unter vielen<br />
Hausfrauen ein Min<strong><strong>de</strong>r</strong>wertigkeitssyndrom ein, weil ihr Beruf,<br />
obwohl vielseitig und intensiv, noch immer keine Berufsanerkennung<br />
gefun<strong>de</strong>n hat. In Zeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitslosigkeit o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
auch im Alter zeitigt allerdings <strong><strong>de</strong>r</strong> Hausfrauenberuf die weitaus<br />
bewährteste positive Langzeitwirkung, da Hausfrauen<br />
nie unter <strong>de</strong>m Gefühl lei<strong>de</strong>n müssen, nicht mehr gebraucht<br />
zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Nun, was macht <strong>de</strong>nn eigentlich einen Beruf attraktiv? Primär<br />
sind es sicher die Qualität <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausbildung im Betrieb und in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsschule, die Arbeitsbedingungen, dann <strong><strong>de</strong>r</strong> Lohn,<br />
die Aufstiegsmöglichkeiten und die Durchlässigkeit in an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
Berufe.<br />
Der vorliegen<strong>de</strong> Bericht <strong>de</strong>s Biga zur Berufsbildung ist ein guter<br />
Rechenschaftsbericht über all das, was in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz<br />
betreffend Berufsbildung gemacht wird. Er enthält auch An-<br />
<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />
satzpunkte zu möglichen Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Aber <strong>de</strong>m Bericht<br />
fehlen die Visionen. Es entsteht fast <strong><strong>de</strong>r</strong> Eindruck, <strong><strong>de</strong>r</strong> Bund<br />
wolle sich, um <strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzen willen, aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsbildung davonstehlen.<br />
Statt auf Bun<strong>de</strong>sebene für eine Bildungsoffensive<br />
auf Berufsschulstufe Mittel bereitzustellen, ist es das erklärte<br />
Ziel <strong>de</strong>s Berufsbildungsberichtes, die zukünftige Berufsbildung<br />
kostenneutral zu halten, und das im Wissen, dass<br />
in unserem Land die einzige erneuerbare Ressource in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bildung besteht. Soll diese Bildung tatsächlich erneuerbar<br />
sein, muss <strong><strong>de</strong>r</strong> permanenten Weiterbildung, Fortbildung und<br />
Erwachsenenbildung ein ebenso grosser Stellenwert zuteil<br />
wer<strong>de</strong>n wie <strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen Grundausbildung.<br />
Deshalb stellt sich die CVP-Fraktion hinter alle Motionen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
WBK. Diese Kommission hat in seltener Einmütigkeit Motion<br />
97.3246 ausgearbeitet, die <strong>de</strong>n Bun<strong>de</strong>srat beauftragt, das<br />
Berufsbildungsgesetz so zu revidieren, dass es einheitliche<br />
Regelungen aller Biga- und Nicht-Biga-Berufe berücksichtigt<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> Schaffung eines modularen Aufbaus <strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen<br />
Grundausbildung sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Fort- und Weiterbildung nach<br />
Berufsfel<strong><strong>de</strong>r</strong>n Rechnung trägt. Mit einer solchen Grundausbildung<br />
wird auf die wachsen<strong>de</strong>n unterschiedlichen Bildungsniveaus<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Berufseinsteiger und -einsteigerinnen Rücksicht<br />
genommen.<br />
Einerseits wird es je länger, je wichtiger, dass alle Jugendlichen<br />
eine Berufsausbildung absolvieren können, und zwar<br />
nicht nur, um die eigene I<strong>de</strong>ntität zu fin<strong>de</strong>n, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n um sich<br />
<strong>de</strong>m rasch wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Arbeitsplatz Schweiz anzupassen.<br />
Vorbei ist die Zeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Nischenarbeitsplätze für Hilfskräfte<br />
ohne berufliche Ausbildung. Scha<strong>de</strong>, dass die bei<strong>de</strong>n Kollegen<br />
Bortoluzzi und Hasler Ernst nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> WBK mitdiskutieren<br />
konnten, <strong>de</strong>nn in diesen Diskussionen hätten sie alle ihre<br />
Anliegen berücksichtigt gefun<strong>de</strong>n. Wir haben die Diskussion<br />
dann mit <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Fachleuten Seiler Hanspeter und Rychen<br />
durchgeführt. Wollen wir langfristig im Berufs- und Erwerbsleben<br />
keine Zweidrittelsgesellschaft, so muss die<br />
Grundausbildung in <strong>de</strong>n Berufen breitere und günstigere<br />
Möglichkeiten zulassen.<br />
Ich <strong>de</strong>nke nicht nur an Jugendliche mit Sprachschwierigkeiten,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch an solche, die aus welchen Grün<strong>de</strong>n auch<br />
immer eine verlangsamte o<strong><strong>de</strong>r</strong> verzögerte Auffassungsgabe<br />
haben. Auch sie sind Menschen, die beruflich und gesellschaftlich<br />
integriert sein wollen und müssen. Denn wer beruflich<br />
keine Chance hat, ist viel stärker bedroht, gesellschaftlich<br />
an <strong>de</strong>n Rand gedrängt zu wer<strong>de</strong>n. Diesen Jugendlichen<br />
wird man mit <strong>de</strong>m vermehrt modularen Aufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen<br />
Grundausbildung besser gerecht.<br />
Der modulare Aufbau in <strong><strong>de</strong>r</strong> beruflichen Grundausbildung<br />
wird so zur Basis einer permanenten beruflichen Weiterbildung.<br />
Wir wissen, dass bald die Hälfte <strong><strong>de</strong>r</strong> jungen Berufskräfte<br />
bereits wenige Jahre nach <strong>de</strong>m Einstieg ins Erwerbsleben<br />
in einem Zweitberuf tätig ist. Ich möchte <strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>n<br />
Weg in diesen Zweitberuf durch die Schaffung eines modularen<br />
Aufbaus ebnen, damit nicht später die Arbeitslosenversicherung<br />
solche Um- und Weiterbildung übernehmen muss.<br />
Wir wer<strong>de</strong>n in unserem Land noch lernen müssen, flexibler<br />
zu wer<strong>de</strong>n, nicht nur in <strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsausübung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Wahl <strong>de</strong>s Arbeitsortes.<br />
Die CVP-Fraktion unterstützt auch die Motion 97.3247 zur<br />
Eindämmung <strong><strong>de</strong>r</strong> geplanten Kantonalisierung und Teilentflechtung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsbildung. Die Berufsbildung als einzige erneuerbare<br />
Ressource in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz muss Bun<strong>de</strong>saufgabe<br />
bleiben. In diesem Zusammenhang ist es uns wichtig, dass<br />
die Schaffung eines Bun<strong>de</strong>samtes, welches für die Beurteilung<br />
sämtlicher Fragen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bildung zuständig ist, geprüft<br />
wird. Heute ist diese Aufgabe verschie<strong>de</strong>nen Departementen<br />
zugeteilt. Auch ist es wichtig, dass zukünftig alle Berufe –<br />
auch Pflegeberufe, künstlerische, soziale und erzieherische<br />
Berufe – <strong>de</strong>m Berufsbildungsgesetz unterstellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Nicht nur für die zuständigen Ausbildungsstätten, die Lehrbetriebe<br />
und die Berufsschulen benötigen wir Unterstützung,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch für die Kantone, die schlicht überfor<strong><strong>de</strong>r</strong>t sind,<br />
in einer rasch sich wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Berufswelt mit einer kompetenten,<br />
breit abgestützten beruflichen Ausbildung Schritt zu<br />
halten. Nur auf Bun<strong>de</strong>sebene wird es möglich sein, Ausbildungsverbün<strong>de</strong><br />
zu schaffen, die Aufwertung und Stellung <strong><strong>de</strong>r</strong>