Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
12. Juni 1997 N 1155 Nationalbankgesetz. Revision<br />
Stimmen auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>zusetzen, die sagen wür<strong>de</strong>n, die Solidaritätsstiftung<br />
wer<strong>de</strong> jetzt mit Notrecht gegrün<strong>de</strong>t. Das ist für<br />
mich eigentlich das schwerwiegendste Gegenargument.<br />
Persönlich meine ich: Wir müssen <strong>de</strong>n Antrag Stucky ablehnen,<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Herr Stucky müsste ihn zurückziehen und seine<br />
Valenzen als Innovator vielleicht <strong>de</strong>m Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at zur Verfügung<br />
stellen.<br />
Villiger Kaspar, Bun<strong>de</strong>srat: Kurz zum Stand <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorarbeiten<br />
für die Stiftung für Solidarität, auf die Herr Stucky Bezug<br />
nimmt. Die Projektorganisation ist im Moment ziemlich aufwendig.<br />
Viele Leute sind an <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeit; Frau Gren<strong>de</strong>lmeier<br />
hat darauf hingewiesen. Wir haben immer gesagt, dass es<br />
eine I<strong>de</strong>enskizze war, die <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nt präsentiert<br />
hat. Nun geht es darum, kreativ nach Möglichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Realisierung,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Finanzierung und auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Zweckbestimmung<br />
zu suchen.<br />
Man möchte ein grosses Werk machen, nicht irgend etwas,<br />
wo das Geld für Dinge versickert, die man ohnehin täte. Wir<br />
sollten diese Leute jetzt arbeiten lassen. Die Gruppe von alt<br />
Nationalratspräsi<strong>de</strong>nt Bremi kümmert sich vor allem um die<br />
finanziellen Belange, die Gruppe von alt Nationalrat Hermann<br />
Fehr um die Zweckbestimmung. Es haben sich ziemlich<br />
viele gute Leute, die in ihrer wertvollen Zeit auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>es<br />
tun könnten, zur Verfügung gestellt, um in diesen Gruppen<br />
mitzuarbeiten. Sie machen das nicht alleine, sie führen mit<br />
<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten Kreisen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz systematisch<br />
Hearings durch.<br />
Es wür<strong>de</strong> die Arbeit dieser Arbeitsgruppen unterlaufen – das<br />
ist ein erster Einwand –, wenn Sie jetzt <strong>de</strong>m Antrag Stucky<br />
zustimmen wür<strong>de</strong>n. Die Leute, die in diesen Gruppen mitmachen,<br />
müssten sich die Frage stellen: Warum tun wir aus einem<br />
Gemeinsinn heraus etwas für <strong>de</strong>n Bund, für die Öffentlichkeit,<br />
wenn nun gleichzeitig etwas an<strong><strong>de</strong>r</strong>es beschlossen<br />
wird? Wir hoffen, dass aus diesen Arbeitsgruppen konzeptionelle<br />
Anstösse kommen, aus welchen man ein Gesamtkonzept<br />
bil<strong>de</strong>n kann, das mehrheitsfähig ist.<br />
Ich muss Herrn Stucky aber recht geben. Er hat auf die Unterschie<strong>de</strong><br />
zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Stiftung für Solidarität und <strong>de</strong>m Spezialfonds<br />
für Holocaust/Schoah-Opfer hingewiesen. Der Spezialfonds<br />
ist für die Holocaust/Schoah-Opfer und <strong><strong>de</strong>r</strong>en bedürftige<br />
Nachkommen bestimmt. Er wird von <strong>de</strong>n Banken<br />
und von <strong><strong>de</strong>r</strong> Wirtschaft alimentiert.<br />
Die Botschaft über die 100 Millionen Franken <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizerischen<br />
Nationalbank wer<strong>de</strong>n wir Ihnen so rasch wie möglich<br />
unterbreiten. Sie ist von <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizerischen Nationalbank<br />
entworfen wor<strong>de</strong>n und liegt jetzt in meinem Departement zur<br />
Durchsicht. Ich wer<strong>de</strong> sie so rasch als möglich <strong>de</strong>m Bun<strong>de</strong>srat<br />
unterbreiten. Der Spezialfonds ist an sich für diese Soforthilfe<br />
gedacht. Diese Hilfe soll so rasch wie möglich geleistet<br />
wer<strong>de</strong>n können. Sie wissen, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Präsi<strong>de</strong>nt dieses<br />
Fonds jetzt daran ist, alles aufzubauen, und dass die Organe<br />
bestellt sind.<br />
Im Unterschied dazu hat die Solidaritätsstiftung nicht einen<br />
Vergangenheitsbezug, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n einen Zukunftsbezug. Sie ist<br />
selbstverständlich im Umfeld dieser Diskussionen entstan<strong>de</strong>n,<br />
aber sie schlägt <strong>de</strong>n Bogen weit in die Zukunft, und sie<br />
umfasst auch viele weitere Bereiche <strong>de</strong>s menschlichen Lei<strong>de</strong>ns.<br />
So gesehen hat Herr Stucky recht.<br />
Ich muss dazu nur sagen, was <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommissionspräsi<strong>de</strong>nt<br />
schon gesagt hat: Die Solidaritätsstiftung steht selbstverständlich<br />
für die Hilfe an Holocaust-Opfer nicht im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund,<br />
schliesst sie aber auch nicht aus. Später wird ein Stiftungsrat,<br />
ausserhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik, autonom darüber befin<strong>de</strong>n,<br />
was mit <strong>de</strong>n Stiftungsgel<strong><strong>de</strong>r</strong>n geschehen soll. Weil diese Stiftung<br />
für viele Jahrzehnte tätig sein wird, ist zu hoffen, dass<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Bezug zum Zweiten Weltkrieg einmal nicht mehr gegeben<br />
sein wird. Die Mittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Stiftung sind zukunftsgerichtet,<br />
sie sind auch für die Verhütung von Geschehnissen bestimmt,<br />
wie wir sie jetzt beklagen. Was vor fünfzig Jahren unglücklicherweise<br />
geschehen ist, ist etwas vom Schlimmsten,<br />
wenn nicht das Schlimmste überhaupt, was es in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Menschheitsgeschichte je gegeben hat. Es ist also klar zu<br />
unterschei<strong>de</strong>n: Der Fonds ist rückwärtsgerichtet, die Stiftung<br />
ist vorwärtsgerichtet.<br />
<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />
Ich bin froh, dass Herr Stucky diese Grundi<strong>de</strong>e unterstützt.<br />
Ich bin immer noch <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, auch wenn das jetzt sehr<br />
umstritten ist: Das Schweizervolk hat sich mit seiner humanitären<br />
Tradition immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> dazu durchringen können, etwas<br />
Grosses und Gutes zu tun. Deshalb bin ich nicht so pessimistisch<br />
wie alle, die jetzt zwar für diese Stiftung sind, aber<br />
nur mit vielen Wenn und Aber. Vielleicht sollten wir in diesem<br />
Lan<strong>de</strong> hin und wie<strong><strong>de</strong>r</strong> einmal das, was halt vorliegt, ohne<br />
Wenn und Aber in einer guten Form tun. Der Bun<strong>de</strong>srat wird<br />
versuchen, Ihnen möglichst gute Vorschläge zu unterbreiten.<br />
Nun habe ich aber doch sechs Be<strong>de</strong>nken <strong>de</strong>m konkreten Antrag<br />
Stucky gegenüber:<br />
1. Das erste Be<strong>de</strong>nken – Herr Stucky hat darauf hingewiesen<br />
– bezieht sich auf die Reserve <strong><strong>de</strong>r</strong> Kantone. Ich gehe an<br />
sich davon aus, dass Herr Franz Marty, Präsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>r</strong> Konferenz<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> kantonalen Finanzdirektoren, schon einigermassen<br />
gewusst hat, worum es geht, auch mit <strong>de</strong>n zwei Dritteln. Die<br />
Kantone akzeptieren meines Erachtens aber kaum, dass die<br />
Ausschüttung in einer gewissen Form, die wir bei dieser Gesetzesän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
haben, zweckbestimmt wird. Ich glaube,<br />
dass sie das, was ihnen zusteht, ohne Bedingungen haben<br />
möchten. Darum wer<strong>de</strong>n sie zu einer solchen Lösung kaum<br />
Hand bieten; da bin ich sogar sehr sicher. Gespräche kann<br />
man aber selbstverständlich immer führen.<br />
2. Ich habe eine gewisse Reserve, dass wir nun in die normale<br />
Ausschüttung <strong><strong>de</strong>r</strong> Notenbank eingreifen und ihr plötzlich<br />
politisch sagen, was geschehen soll – neben <strong>de</strong>m, was in<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Verfassung steht. Das wäre irgendwie doch ein Tangieren<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Unabhängigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Notenbank. Das wür<strong>de</strong> ich lieber<br />
nicht tun.<br />
Das ist bei <strong><strong>de</strong>r</strong> bun<strong>de</strong>srätlichen I<strong>de</strong>e an<strong><strong>de</strong>r</strong>s: Dort ist es ein<br />
einmaliger Akt, über <strong>de</strong>n beim Gold schon nach <strong>de</strong>m heutigen<br />
Münzgesetz das Parlament befin<strong>de</strong>n kann. Aus diesem<br />
einmaligen Akt machen wir einen einmaligen Zweck, und<br />
dann ist das vorbei. Hier wäre das eine ständige Ausschüttung,<br />
die meines Erachtens zu dieser Unabhängigkeit zumin<strong>de</strong>st<br />
in einem Spannungsfeld steht.<br />
3. Wir – um es einmal vorsichtig zu sagen – gefähr<strong>de</strong>ten damit<br />
natürlich politisch eine fällige Revision eines Gesetzes.<br />
4. Es wäre auch technisch unpraktikabel. Wir haben uns<br />
nämlich überlegt, wie man das machen kann.<br />
Sie können <strong>de</strong>n Reinertrag dieser Revision einmalig schätzen<br />
für die Einführung, aber nachher ist das die Bewirtschaftung<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> ganzen 52 Milliar<strong>de</strong>n Franken, von <strong>de</strong>nen ein Teil etwas<br />
an<strong><strong>de</strong>r</strong>s angelegt ist. Sie können in ein, zwei, drei Jahren<br />
nicht mehr <strong>de</strong>finieren, was das Resultat dieser Reform ist und<br />
wieviel wir dann für diese Stiftungszwecke ausson<strong><strong>de</strong>r</strong>n müssen.<br />
Sie müssten also noch eine klare Definition dieses Deltas,<br />
das jetzt entsteht und nachher wie<strong><strong>de</strong>r</strong> verschwin<strong>de</strong>t, im<br />
gesamten anschauen.<br />
5. Das Anliegen kollidiert doch in gewisser Weise mit<br />
Artikel 39 <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sverfassung. Zwar gehen zwei Drittel an<br />
die Kantone.<br />
Herr Stucky hat gesagt, dass die Kantone dann Dinge tun<br />
könnten, die sie im humanitären Sektor ohnehin täten. Dann<br />
kommen natürlich wie<strong><strong>de</strong>r</strong> die Ängste jener, die sagen, dass<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Staat mit dieser Stiftung nur Kosten abwälzen will. Dann<br />
haben Sie neue Gegner. Ich glaube, dass wir mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Stiftung<br />
gute Dinge machen sollten, die eben ausserhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagespolitik<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> gesetzlichen Bindungen sind.<br />
6. Wir sollten – ich habe das vorhin schon gesagt – jetzt diesen<br />
Arbeitsgruppen nicht ins Handwerk pfuschen.<br />
Ich komme zum Schluss: Ich habe schon beim Eintreten gesagt,<br />
dass ich froh wäre, wenn sich Herr Stucky durchringen<br />
könnte, <strong>de</strong>n Antrag zurückzuziehen. Ich wür<strong>de</strong> diesen dann<br />
gerne <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitsgruppe Bremi übergeben, damit sie diese<br />
I<strong>de</strong>e mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en I<strong>de</strong>en zusammen anschauen könnte.<br />
Selbstverständlich könnte man das auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission<br />
<strong>de</strong>s Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>ates diskutieren. Man könnte es auch im Rahmen<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> zweiten Gesetzgebungsarbeit diskutieren. Aber am<br />
raschesten ginge es wahrscheinlich, wenn wir das einmal <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Arbeitsgruppe Bremi geben wür<strong>de</strong>n, die das dann auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Finanzierungsformen gegenüberstellen und es dort<br />
gegebenenfalls in ihren Schlussbericht einfliessen lassen<br />
könnte. Ich glaube, dass das <strong><strong>de</strong>r</strong> richtige Weg wäre.