Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

Politique du tourisme 1124 N 11 juin 1997
Das Volk der Esten hat am 20. August 1991 seine volle Souveränität
wiedererlangt. Es hat die ersten Jahre seiner Unabhängigkeit
in bewundernswerter Weise gemeistert und mutig
die nötigen Reformen an die Hand genommen.
Ich heisse unsere estnischen Kolleginnen und Kollegen als
Gäste der Bundesversammlung herzlich willkommen und
wünsche ihnen weiterhin einen angenehmen Aufenthalt in
der Schweiz. (Beifall)
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Bezzola Duri (R, GR): Die FDP-Fraktion stimmt diesem Bundesbeschluss
grossmehrheitlich zu und bittet Sie, die Minderheitsanträge
Rennwald abzulehnen. Entwicklung und
Ausbau der Sozialpartnerschaft sind Sache der Sozialpartner,
und es geht zu weit, wenn man nur Vorhaben unterstützen
will, wenn die Beziehungen zwischen Besuchern und
Einwohnern gefördert werden. Man könnte das auch falsch
verstehen.
Mit vorliegendem Bundesbeschluss sollen exemplarische
Projekte gefördert werden, Projekte, die sich auf den Tourismus
der ganzen Schweiz übertragen lassen und ihm durch
die positiven Impulse eine neue Dynamik geben. Das Bedürfnis
der Schweiz nach innovativen Tourismusmodellen ist offensichtlich.
Weltweit ist der Tourismus der Wachstumsmarkt
Nummer 1. Einzig im Tourismus- und Pionierland Schweiz ist
eine hartnäckige Stagnation, ja eine Rückläufigkeit auszumachen.
Die Auslöser dieser Stagnation sind vielschichtig. Der
Tourismus, und das sind nicht nur die Hotellerie und das
Gastgewerbe, haben jahrelang vom guten Image der
Schweiz profitiert und zuwenig für dessen Erhaltung und
Pflege getan. Es wurde zu lange verpasst, sich den globalen
Herausforderungen zu stellen und die Schweiz als touristischen
Standort auszurüsten. Die Infrastruktur und das touristische
Angebot sind vielerorts veraltet. Innovation und attraktive,
zeitgemässe Angebote sind dringend gefragt.
Gesamtarbeitsverträge haben eine lange Tradition in unserem
Land, um die selbstverständlich immer wieder gerungen
werden muss. Ich sehe in solchen Verhandlungen weder den
innovativen Modellcharakter noch die zeitliche Befristung
verwirklicht, welche wir mit diesem Bundesbeschluss erreichen
wollen. Tourismus kann nicht nur mit Gastgewerbe und
Hotellerie gleichgesetzt werden. Die Bahnen, der Detailhandel,
die Banken, die PTT, das Baugewerbe und die Landwirtschaft
sind ebenfalls Teile dieser Branche. Für jede dieser
Branchen existieren Gesamtarbeitsverträge. Wie wollen Sie
es rechtfertigen, dass diejenigen Sozialpartner Unterstützung
durch den Bund benötigen, die nicht handelseinig werden?
Auch in anderen Branchen könnte man in bezug auf die
Arbeitsbedingungen ein Verbesserungspotential geltend machen.
Soll auch in diesen Fällen der Bund Unterstützung für
eine Verbesserung bieten? Der Minderheitsantrag Rennwald
verletzt sozusagen die Einheit der Materie. Er gehört in einen
anderen Zusammenhang gestellt.
Neben innovativen Projekten muss die Zusammenarbeit im
Tourismus gefördert werden, denn dort liegt der Hauptgrund
für die Attraktivitätsverluste der Tourismusmarke Schweiz,
nicht im vertragslosen Zustand in der Hotellerie und im Gastgewerbe.
Der Hauptgrund liegt darin, dass die Repräsentantinnen
und Repräsentanten ihr Tourismusangebot nicht bündeln
und dadurch im globalen Tourismusmarkt nicht konkurrenzfähig
sind. Allein die Erkenntnis, nicht mehr wettbewerbsfähig
zu sein, genügt nicht. Zusammenschlüsse müssen
aktiv gefördert, ja erzwungen werden. Das Projekt des
Verkehrsvereins Graubünden zum Beispiel, nämlich die Redimensionierung
der 110 Verkehrsvereine in 10 bis 15 Destinationen,
geht in die richtige Richtung.
Zur Imagepflege unseres Landes: Wer wäre besser in der
Lage, ein positives Bild der Schweiz in die Welt zu tragen, als
eine gut funktionierende Tourismusbranche mit einem innovativen,
attraktiven und lebendigen Angebot? Die Förderung
von Modellen mit Vorbildcharakter – und es liegen schon
viele gute, machbare Modelle auf dem Tisch – ist für mich
Gegenstand dieser Vorlage.
Ich bitte Sie deshalb, die Minderheitsanträge Rennwald abzulehnen.
Fässler Hildegard (S, SG): Die Mittel zur Finanzierung des
Bundesbeschlusses sind bescheiden. Es lohnt sich daher,
gut zu überlegen, wofür sie ausgegeben werden sollen. In
Artikel 2, der die unterstützungswürdigen Vorhaben aufzählt,
sollen gemäss Minderheitsantrag auch Projekte aufgenommen
werden, welche zur Entwicklung des Ausbaus der Sozialpartnerschaft
durch Gesamtarbeitsverträge beitragen. Da
diese Aufzählung nicht kumulativ gemeint ist, schränkt der
Zusatz in Buchstabe e die Möglichkeiten nicht ein, sondern
erweitert sie um eine zukunftsträchtige, interessante Überlegung.
Es scheint mir gerechtfertigt, dass wir unter dem Titel «Innovation»
auch für Vorhaben Platz machen, deren innovative
Komponente nicht im finanziellen, sondern im sozialen Bereich
liegt. Wer sagt, dass solche Projekte nicht in diesen
Bundesbeschluss gehörten, verkennt die Bedeutung der Zufriedenheit
der Angestellten für die Zufriedenheit und das
Wohlbefinden der Gäste.
In Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe b sollen gemäss Minderheitsantrag
die Voraussetzungen zur Finanzierung um den Punkt
erweitert werden, dass durch die Vorhaben die Beziehungen
zwischen Einheimischen und Besucherinnen und Besuchern
verstärkt werden. Nun kann man dieses Ziel als Selbstverständlichkeit
anschauen. Es scheint mir aber doch wertvoll,
dass bei der Planung eines Vorhabens dessen Beziehungsverträglichkeit
überprüft und bei der Begründung zur finanziellen
Unterstützung dargelegt wird. Das Votum von Herrn
Bezzola hat mir nun bestätigt, dass das Ziel im Bundesbeschluss
ausdrücklich festgehalten werden muss. So kann dieses
eigentlich unbestrittene Ziel der Innovation und Erneuerung
im Tourismus bei keinem Projekt vergessen gehen.
Ich betone noch einmal, dass die Geldmittel recht bescheiden
sind und zur Unterstützung nur weniger Pläne reichen
werden. Diese sollten daher hohe Anforderungen erfüllen,
Anforderungen, welche sich am Massstab der viel zitierten
Nachhaltigkeit messen müssen. Investitionen zum besseren
Verständnis zwischen den Menschen, Investitionen zur Förderung
der Sozialpartnerschaft sind dazu prädestiniert.
Im Namen der SP-Fraktion bitte ich Sie, die Anträge der Minderheit
Rennwald zu den Artikeln 2 und 3 zu unterstützen.
Sie tragen damit dazu bei, dass die Sozialpartnerschaft und
das Verständnis zwischen uns und den Gästen unseres Landes
ernst genommen und verbessert werden.
Präsidentin: Die grüne Fraktion teilt mit, dass sie die Minderheit
unterstützt. Die liberale Fraktion teilt mit, dass sie die
Mehrheit unterstützt.
Wiederkehr Roland (U, ZH): Ich möchte mich zuerst an
Herrn Bezzola und Frau Gadient richten. Man sollte hier
vorne nicht so tun, als ob nur eine neue Tourismuspolitik die
Schweiz aus dem Tief reissen könnte. Es hat sehr viel mit der
Zufriedenheit der Leute zu tun, einerseits der Gäste, andererseits
natürlich auch des Personals. Wenn ich als Wanderer
irgendwo in der Schweiz am Morgen früh um 7 Uhr einen
Kaffee trinken will, weil ich früh aus dem Hause will, aber der
Angestellte erst ab 7.30 Uhr bezahlt wird, dann gehe ich an
einen anderen Ort. Dann gehe ich in Österreich wandern,
weil ich dort um 7 Uhr einen Kaffee bekomme.
Wir haben es hier wieder einmal mit einem Geschäft zu tun,
das wunderbar in die «Subventions-Chilbi» der Schweiz
passt, in die «Schiessbude» mit dem Werbeslogan: Jeder
Schuss ein Treffer! Wenn in diesem Saal Subventionen beantragt
werden, so trifft auch der schlechteste Schütze und
bekommt einen Preis.
Bei diesen «Schiessbuden» wird jeweils laut gerufen: Wer
hat noch nicht, wer will noch mal? Beim Tourismus geht es
um einen «Schützenbruder», der schon einmal hat und noch
einmal will. Der Tourismus hat schon bei der Mehrwertsteuer
eine beachtliche Reduktion herausgeholt. Sie erinnern sich
Bulletin officiel de l’Assemblée fédérale