Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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Gestion du Conseil fédéral 1034 N 5 juin 1997<br />
man bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausarbeitung <strong><strong>de</strong>r</strong> Mutterschaftsversicherung<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> beim an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Projekt, das Sie genannt haben, nämlich<br />
bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Sanierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sfinanzen, einhalten wollte.<br />
Dazu kann man sagen, einiges sei teilweise realisiert, aber<br />
bezüglich <strong><strong>de</strong>r</strong> Projekte als solcher kommt <strong><strong>de</strong>r</strong> Tag <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrheit<br />
noch, da sind wir uns vollständig einig.<br />
Ich möchte vor allem jenen Votantinnen und Votanten danken,<br />
die auch mit <strong>de</strong>m Parlament selbstkritisch waren, wie<br />
etwa die Herren Imhof, Pelli und Dünki. Ich glaube, dass wir<br />
auch hier nur weiterkommen, wenn je<strong>de</strong>s Organ gegenüber<br />
sich selber selbstkritisch ist. Mit Gewaltentrennung allein ist<br />
es heute nicht mehr getan. Herr Pelli hat sehr zu Recht darauf<br />
aufmerksam gemacht, dass wir bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Lösung <strong><strong>de</strong>r</strong> komplexen<br />
und schwierigen Aufgaben, die uns gestellt sind, nur<br />
mit einer besseren Zusammenarbeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Gewalten weiterkommen<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
In diesem Zusammenhang: Man sagt wohl zu Recht, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Hauptmangel, <strong>de</strong>n wir in <strong><strong>de</strong>r</strong> Führung dieses Lan<strong>de</strong>s feststellen,<br />
liege eigentlich im Bereich <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommunikation. Das<br />
wür<strong>de</strong> ich durchaus unterschreiben. Ich bin allerdings auch<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, die die GPK selber geäussert hat, dass die Information<br />
nie besser ist als <strong><strong>de</strong>r</strong> Sachentscheid. Die Informationspolitik<br />
kann nie besser sein als die Sachpolitik.<br />
Wenn Sie aber hier auch selbstkritisch sind: Der Bun<strong>de</strong>srat<br />
hat Ihnen gera<strong>de</strong> wegen dieser erkannten Schwächen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Informations- und Kommunikationspolitik vor vier Jahren<br />
schon das Amt eines Bun<strong>de</strong>sratssprechers empfohlen. Das<br />
wur<strong>de</strong> von Ihnen abgelehnt. Wir sind uns im Bun<strong>de</strong>srat im<br />
klaren, dass wir gera<strong>de</strong> in ausseror<strong>de</strong>ntlichen Lagen in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Informationspolitik nur Fortschritte machen können, wenn wir<br />
tatsächlich über einen Bun<strong>de</strong>sratssprecher verfügen, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
auch die entsprechen<strong>de</strong> gesetzliche Legitimität für sich hat<br />
und daher mit <strong><strong>de</strong>r</strong> nötigen Autorität gegenüber <strong>de</strong>n Informationsdiensten<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> einzelnen Departemente auftreten kann.<br />
Hier teilen wir die Stossrichtung Ihres Berichtes; aber wir sollten<br />
vielleicht auch die Verantwortlichkeiten für die Imperfektion,<br />
die wir auf diesem Gebiet heute noch haben, gerecht auf<br />
die Exekutive und die Legislative verteilen.<br />
Ich kann natürlich nicht auf alle aufgeworfenen Fragen näher<br />
eingehen. Ich möchte mich auf ein Thema konzentrieren, das<br />
auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Berichterstattung <strong>de</strong>s Kommissionspräsi<strong>de</strong>nten<br />
im Vor<strong><strong>de</strong>r</strong>grund stand: Es ist die Führung dieses Lan<strong>de</strong>s in<br />
ausseror<strong>de</strong>ntlichen Lagen.<br />
Sie kennen die Eckpfeiler <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfassung. Die oberste vollziehen<strong>de</strong><br />
und leiten<strong>de</strong> Behör<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Eidgenossenschaft ist<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> siebenköpfige Bun<strong>de</strong>srat. Artikel 95 <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sverfassung<br />
sagt das ganz klar, und Artikel 103 sagt dann, dass die<br />
Geschäfte <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates nach Departementen unter die<br />
sieben Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> verteilt wer<strong>de</strong>n, dass aber die Entschei<strong>de</strong><br />
von <strong><strong>de</strong>r</strong> Behör<strong>de</strong> als solcher getroffen wer<strong>de</strong>n. Hier ist also<br />
verfassungsrechtlich das Kollegialsystem vorgeschrieben.<br />
Die oberste Leitung unseres Lan<strong>de</strong>s in <strong><strong>de</strong>r</strong> Form <strong>de</strong>s Kollegialsystems<br />
ist natürlich immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> und zu Recht Gegenstand<br />
von Diskussionen. Wir haben dieses Thema, wie Sie<br />
auch, gera<strong>de</strong> aufgrund jüngster Ereignisse mehrere Male,<br />
vor allem auch in einer sehr einlässlichen Klausursitzung,<br />
vertieft behan<strong>de</strong>lt, <strong>de</strong>nn es geht hier wirklich um letzte Fragen<br />
unseres Regierungssystems. Dabei ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
GPK einig, dass sich unser Regierungssystem, soweit das<br />
<strong>de</strong>n Courant normal betrifft, gut bewährt hat, und das wollen<br />
wir doch auch feststellen. Es ist ein System, das auf <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Grundlage unserer direkten Demokratie und durch die breitabgestützte<br />
Zusammensetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Regierung eine wohl einmalige<br />
Legitimität besitzt.<br />
Es hat übrigens unserem Land im internationalen Vergleich<br />
auch eine einmalige Stabilität verschafft. Ich muss Ihnen ehrlich<br />
sagen: Nach<strong>de</strong>m ich die jüngsten Wahlen in Grossbritannien<br />
und in Frankreich verfolgt habe, war meine Schlussfolgerung,<br />
dass ich mit unserem politischen System sehr zufrie<strong>de</strong>n<br />
bin. Die Stabilität, die wir in unserem Lan<strong>de</strong> haben und<br />
die gera<strong>de</strong> in diesem Lan<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> vier Kulturen und <strong><strong>de</strong>r</strong> vielen<br />
Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s wichtig ist, sollten wir nicht unterschätzen.<br />
Das gesagt, sind wir mit <strong><strong>de</strong>r</strong> GPK aber einig, dass dieses System<br />
natürlich auch Nachteile hat, und zwar ganz klare Nach-<br />
teile, vor allem bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Führung in ausseror<strong>de</strong>ntlichen Lagen,<br />
wie wir sie jetzt mehrfach erlebt haben. Die Stichworte sind<br />
gefallen: die Fichenaffäre im Eidgenössischen Justiz- und<br />
Polizei<strong>de</strong>partement, aber auch im EMD, dann <strong><strong>de</strong>r</strong> Rin<strong><strong>de</strong>r</strong>wahnsinn,<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Fall Nyffenegger, jetzt die namenlosen Vermögen<br />
und unser Verhalten im Zweiten Weltkrieg. Sie sehen:<br />
Die Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Fälle, wo wir unter sehr grossem Zeitdruck und<br />
bei sehr komplexen Problemen dieses Land führen müssen,<br />
hat sehr stark zugenommen.<br />
In bezug auf die Führung unter Zeitdruck haben natürlich unser<br />
kollegiales Regierungssystem und unsere direkte Demokratie<br />
gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Regierungssystemen ein<strong>de</strong>utige<br />
Nachteile. Unser System ist zwar sehr legitimierend, aber es<br />
ist eben auch sehr schwerfällig und sehr langsam.<br />
Das sind Fakten, die zu unserem Regierungssystem gehören.<br />
Ich bin überzeugt, dass bei <strong><strong>de</strong>r</strong>artigen Krisenfällen, wenn<br />
wir das so nennen wollen, ein präsidiales Regierungssystem,<br />
wo ein Staatspräsi<strong>de</strong>nt o<strong><strong>de</strong>r</strong> ein Premierminister ein klares<br />
Weisungsrecht hat, natürlich eminente Vorteile hat, die unser<br />
System ein<strong>de</strong>utig nicht aufweist. Deshalb haben wir uns im<br />
Bun<strong>de</strong>srat vertieft mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> Führung in ausseror<strong>de</strong>ntlichen<br />
Lagen auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>gesetzt. Wir haben allerdings<br />
auch feststellen müssen, dass schon <strong><strong>de</strong>r</strong> Begriff heute nicht<br />
mehr stimmt. Denn alle Weisungen betreffend die Führung in<br />
ausseror<strong>de</strong>ntlichen Lagen, die wir haben, regeln jene heute<br />
eigentlich veralteten Probleme, die früher ausseror<strong>de</strong>ntliche<br />
Lagen gekennzeichnet haben: nämlich das Regieren im<br />
Übergang vom Frie<strong>de</strong>nszustand über <strong>de</strong>n Zustand erhöhter<br />
Spannungen zum Kriegszustand. Darauf beziehen sich alle<br />
Weisungen, und wir wissen, dass das heute nicht mehr <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
typische Fall von «ausseror<strong>de</strong>ntlicher Lage» ist; daher müssen<br />
wir alle unsere Weisungen diesbezüglich noch in diesem<br />
Jahr überarbeiten müssen.<br />
Der Bun<strong>de</strong>srat möchte dieses aktuelle und brisante Thema,<br />
die Führung in ausseror<strong>de</strong>ntlichen Lagen, auf drei Ebenen<br />
angehen. Auf einer ersten Ebene will <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat Sofortmassnahmen<br />
zur Sicherstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> Führung unter erschwerten<br />
Bedingungen treffen. Sie kennen auch die entsprechen<strong>de</strong>n<br />
parlamentarischen Vorstösse, von Herrn<br />
Bonny und von Herrn Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at Rhinow.<br />
Wir sind <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, dass wir vor allem in drei Richtungen<br />
Verbesserungen realisieren müssen: einmal in Richtung eines<br />
effizienteren Frühwarnsystems. Es liegt in <strong><strong>de</strong>r</strong> Natur <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
<strong>de</strong>partementalen Organisation unserer Regierung, dass<br />
Frühwarnsysteme und Frühwarnungen im Normalfall über<br />
die Departemente erfolgen müssen, <strong>de</strong>nn dort haben wir die<br />
nötigen führungsmässigen Infrastrukturen, und dort ist normalerweise<br />
auch das nötige Know-how. An<strong><strong>de</strong>r</strong>seits mussten<br />
wir nun aber feststellen, dass bei einigen dieser genannten<br />
Fälle die «Warnlampen» in <strong>de</strong>n zuständigen Departementen<br />
vielleicht nicht rechtzeitig aufgeleuchtet haben. Deshalb wird<br />
die Regierung gleichsam als zweite Sicherung ein eigenes<br />
Frühwarnsystem entwickeln müssen.<br />
Die zweite Richtung, in die die Verbesserungen gehen müssen,<br />
betrifft die Entscheidvorbereitung im Bun<strong>de</strong>srat. Auch<br />
was die Entscheidvorbereitung anbelangt, haben wir beim<br />
Courant normal ein sehr bewährtes System: Die Anträge <strong>de</strong>s<br />
zuständigen Departementes gehen zunächst in ein breites<br />
Ämterkonsultationsverfahren und nachher in ein <strong>de</strong>partementales<br />
Mitberichtsverfahren. Dieses System bewährt sich<br />
aber wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um nur beim Courant normal, und – wir haben es<br />
erfahren – es bewährt sich wegen seiner Langsamkeit nicht<br />
mehr, wenn grosser Zeitdruck besteht.<br />
Drittens sind wir <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, dass bei Führung unter erschwerten<br />
Bedingungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Information eine ganz zentrale<br />
Aufgabe zukommt, und wir sind <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, dass bei solchen<br />
Krisenlagen die normalerweise bei <strong>de</strong>n Departementen<br />
angeglie<strong><strong>de</strong>r</strong>te Informationsaufgabe zentral geführt wer<strong>de</strong>n<br />
muss. Hierfür brauchen wir neben einem zusätzlichen Engagement<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Departementsvorsteher o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>spräsi<strong>de</strong>nten<br />
unbedingt einen Bun<strong>de</strong>sratssprecher, <strong><strong>de</strong>r</strong> gegenüber<br />
<strong>de</strong>n Informationsdiensten <strong><strong>de</strong>r</strong> Departemente mit erhöhter<br />
Legitimität und Kompetenz auftreten kann.<br />
Das ist die erste Ebene <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> Führung in<br />
ausseror<strong>de</strong>ntlichen Lagen.<br />
<strong>Bulletin</strong> <strong>officiel</strong> <strong>de</strong> l’Assemblée fédérale