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Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

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20. Juni 1997 N 1501 Interpellation Nabholz<br />

97.3161<br />

Interpellation Nabholz<br />

Lohngleichheitsprinzip<br />

bei Teilzeitarbeit<br />

Interpellation Nabholz<br />

Egalité <strong>de</strong>s salaires<br />

lors du travail à temps partiel<br />

___________________________________________________________<br />

Wortlaut <strong><strong>de</strong>r</strong> Interpellation vom 20. März 1997<br />

Der Bericht <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates vom 15. Mai 1996 zum Übereinkommen<br />

Nr. 175 über die Teilzeitarbeit (BBl 1996 III<br />

1178ff., insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e 1191ff.) wird festgestellt, dass die<br />

Löhne in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz nach <strong>de</strong>m Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragsfreiheit<br />

festgesetzt wer<strong>de</strong>n und es <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeitgeberin o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>m<br />

Arbeitgeber freistün<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n Teilzeitbeschäftigten einen Lohn<br />

auszubezahlen, <strong><strong>de</strong>r</strong> geringer ist als <strong><strong>de</strong>r</strong> gemäss <strong>de</strong>n gleichen<br />

Grundsätzen berechnete Lohn für vergleichbare Vollzeitbeschäftigte.<br />

Trifft diese Aussage auch nach <strong>de</strong>m 1. Juli 1996, <strong>de</strong>m Inkrafttreten<br />

<strong>de</strong>s Gleichstellungsgesetzes, zu? Wäre die beschriebene<br />

Ungleichbehandlung angesichts <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass die<br />

Teilzeitarbeit überwiegend von Frauen ausgeführt wird, nicht<br />

eine indirekte Diskriminierung aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong>en Geschlechts<br />

und damit ein Verstoss gegen das Gleichstellungsgesetz?<br />

Texte <strong>de</strong> l’interpellation du 20 mars 1997<br />

Dans le rapport du Conseil fédéral du 15 mai 1996 concernant<br />

la Convention No 175 concernant le travail à temps partiel<br />

(FF 1996 III 1137ss., en particulier 1150ss.), il est constaté<br />

que les salaires sont fixés en Suisse sur la base <strong>de</strong> la liberté<br />

contractuelle et que l’employeur est libre <strong>de</strong> verser aux<br />

travailleurs à temps partiel un salaire proportionnellement inférieur<br />

à celui dont bénéficient les travailleurs effectuant un<br />

travail comparable à plein temps.<br />

Cette affirmation reste-t-elle valable <strong>de</strong>puis le 1er juillet 1996,<br />

date d’entrée en vigueur <strong>de</strong> la loi sur l’égalité? Etant donné<br />

que les postes à temps partiel sont majoritairement occupés<br />

par <strong>de</strong>s femmes, l’inégalité relevée ne constituerait-elle pas<br />

une discrimination indirecte à leur égard et donc une violation<br />

<strong>de</strong> la loi précitée?<br />

Mitunterzeichner – Cosignataires: Bühlmann, Dormann,<br />

Egerszegi, Gadient, Gren<strong>de</strong>lmeier, Heberlein, Jeanprêtre,<br />

Langenberger, Roth, Zapfl (10)<br />

Schriftliche Begründung – Développement par écrit<br />

Die Urheberin verzichtet auf eine Begründung und wünscht<br />

eine schriftliche Antwort.<br />

Schriftliche Stellungnahme <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates<br />

vom 28. Mai 1997<br />

Rapport écrit du Conseil fédéral<br />

du 28 mai 1997<br />

Nach Artikel 5 <strong>de</strong>s Übereinkommens Nr. 175 <strong><strong>de</strong>r</strong> IAO vom<br />

24. Juni 1994 über die Teilzeitarbeit sind nach <strong><strong>de</strong>r</strong> innerstaatlichen<br />

Gesetzgebung und Praxis entsprechen<strong>de</strong> Massnahmen<br />

zu treffen, um sicherzustellen, dass Teilzeitarbeitnehmen<strong>de</strong><br />

nicht allein <strong>de</strong>shalb, weil sie teilzeitbeschäftigt sind,<br />

ein Grun<strong>de</strong>ntgelt erhalten, das, anteilig auf Stun<strong>de</strong>n-, Leistungs-<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Akkordbasis berechnet, niedriger ist als das<br />

nach <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Metho<strong>de</strong> berechnete Grun<strong>de</strong>ntgelt vergleichbarer<br />

Vollzeitarbeitnehmen<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

In seinem Bericht vom 15. Mai 1996 über die von <strong><strong>de</strong>r</strong> internationalen<br />

Arbeitskonferenz anlässlich ihrer 80. und 81. Tagungen<br />

1993 und 1994 genehmigten Übereinkommen und<br />

Empfehlungen hielt <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat in bezug auf das Übereinkommen<br />

Nr. 175 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tat fest, dass «die Festsetzung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Löhne in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz nicht gesetzlich geregelt wird» und<br />

«dass die Löhne nach <strong>de</strong>m Grundsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragsfreiheit<br />

festgesetzt wer<strong>de</strong>n». Dies be<strong>de</strong>ute, «dass es <strong>de</strong>n Arbeitge-<br />

<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />

berinnen und Arbeitgebern freisteht, <strong>de</strong>n Teilzeitbeschäftigten<br />

einen Lohn auszuzahlen, <strong><strong>de</strong>r</strong> geringer ist als <strong><strong>de</strong>r</strong> gemäss<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen Metho<strong>de</strong> berechnete Lohn für vergleichbare<br />

Vollzeitbeschäftigte» (BBl 1996 III 1191ff.).<br />

Dies Aussage ist unter <strong>de</strong>m Gesichtspunkt von Artikel 4<br />

Absatz 2 Satz 3 <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sverfassung und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

seit <strong>de</strong>m Inkrafttreten <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sgesetzes über die Gleichstellung<br />

von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz) am<br />

1. Juli 1996 zu relativieren. Artikel 3 Absatz 1 <strong>de</strong>s Gleichstellungsgesetzes<br />

verbietet nämlich je<strong>de</strong> direkte o<strong><strong>de</strong>r</strong> indirekte<br />

Diskriminierung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern<br />

aufgrund ihres Geschlechts, namentlich unter Berufung auf<br />

<strong>de</strong>n Zivilstand, auf die familiäre Situation o<strong><strong>de</strong>r</strong>, bei Arbeitnehmerinnen,<br />

auf eine Schwangerschaft. In seiner Botschaft<br />

zum Gleichstellungsgesetz erläuterte <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat, dass<br />

eine «indirekte» Diskriminierung vorliegt, wenn sich eine<br />

Massnahme zwar auf bei<strong>de</strong> Geschlechter bezieht, die Angehörigen<br />

<strong>de</strong>s einen Geschlechts gegenüber <strong>de</strong>njenigen <strong>de</strong>s<br />

an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Geschlechts jedoch erheblich benachteiligt wer<strong>de</strong>n<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> benachteiligt wer<strong>de</strong>n könnten, ohne dass dies sachlich<br />

gerechtfertigt wäre. Als Beispiel zitierte <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srat die<br />

ständige Rechtsprechung <strong>de</strong>s Europäischen Gerichtshofes,<br />

nach <strong><strong>de</strong>r</strong> eine unterschiedliche Behandlung von Teilzeit- und<br />

Vollzeitangestellten eine Diskriminierung aufgrund <strong>de</strong>s Geschlechts<br />

darstellen kann, wenn feststeht, dass beträchtlich<br />

mehr Frauen unter <strong>de</strong>n Teilzeitbeschäftigten vertreten sind<br />

als Männer.<br />

Im weiteren gilt nach Artikel 6 <strong>de</strong>s Gleichstellungsgesetzes,<br />

dass eine Lohndiskriminierung vermutet wird, sobald sie<br />

glaubhaft gemacht wor<strong>de</strong>n ist. Diese Voraussetzung ist in <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Regel erfüllt, sobald eine Massnahme Personen <strong>de</strong>s einen<br />

Geschlechts in beträchtlich höherem Masse benachteiligt als<br />

Personen <strong>de</strong>s an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Geschlechts.<br />

Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung wird die<br />

Teilzeitarbeit heute immer noch mehrheitlich von Frauen<br />

ausgeübt: 83 Prozent <strong><strong>de</strong>r</strong> Personen, die 1996 in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz<br />

teilzeitlich arbeiteten (bei einem Beschäftigungsgrad von unter<br />

90 Prozent), waren Frauen. Ein Grundlohn, <strong><strong>de</strong>r</strong> für Teilzeitarbeitnehmen<strong>de</strong>,<br />

anteilig auf Stun<strong>de</strong>n-, Leistungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Akkordbasis berechnet, niedriger ist als <strong><strong>de</strong>r</strong> nach <strong><strong>de</strong>r</strong> gleichen<br />

Metho<strong>de</strong> berechnete Grundlohn für Vollzeitarbeitnehmen<strong>de</strong>,<br />

wür<strong>de</strong> <strong>de</strong>mnach in <strong>de</strong>n meisten Fällen weibliche Beschäftigte<br />

benachteiligen. Es wür<strong>de</strong> folglich die Vermutung<br />

vorliegen, dass dieser Basislohn eine Diskriminierung darstellt.<br />

Das betroffene Unternehmen müsste beweisen, dass<br />

diese unterschiedliche Behandlung sachlich gerechtfertigt<br />

und je<strong>de</strong> Diskriminierung aufgrund <strong>de</strong>s Geschlechts ausgeschlossen<br />

ist; ein Beweis, <strong><strong>de</strong>r</strong> schwer zu erbringen wäre. Das<br />

Unternehmen müsste nämlich nachweisen, dass seine Lohnpolitik<br />

einem tatsächlichen Bedürfnis entspreche, das nichts<br />

mit <strong>de</strong>m Geschlecht zu tun habe, und dass diese Lohnpolitik<br />

im Verhältnis zum angestrebten Ziel verhältnismässig sei. In<br />

einem konkreten Streitfall wird es die Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Gerichte<br />

sein, zu prüfen, ob die Festsetzung eines geringeren Grundlohnes<br />

für Teilzeitbeschäftigte tatsächlich sachlich gerechtfertigt<br />

ist.<br />

Erklärung <strong><strong>de</strong>r</strong> Interpellantin: befriedigt<br />

Déclaration <strong>de</strong> l’interpellatrice: satisfaite

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