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Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...

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OSCE/Conseil <strong>de</strong> l’Europe. Rapports 870 N 2 juin 1997<br />

Im Mittelpunkt <strong>de</strong>s Berichtsjahres stand die Aufnahme Russlands<br />

in <strong>de</strong>n Europarat als 39. Mitgliedland. Sie erfolgte nach<br />

einer fast einjährigen Suspendierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahmeprozedur<br />

wegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Ereignisse in Tschetschenien. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Debatte in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung gingen die Meinungen<br />

auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Abwägung zwischen juristischen und<br />

politischen Kriterien gab schlussendlich die politische Betrachtungsweise<br />

<strong>de</strong>n Ausschlag (Kapitel 3). Die Parlamentarische<br />

Versammlung musste sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Folge dann noch<br />

mehrere Male mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Tschetschenienfrage befassen und<br />

setzte zu diesem Zweck eine Ad-hoc-Kommission zur Überprüfung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> dortigen Entwicklung unter <strong>de</strong>m Präsidium von<br />

Nationalrat Mühlemann ein (Kapitel 4–6).<br />

Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Aufnahme Russlands in <strong>de</strong>n Europarat <strong>de</strong>ckt diese Institution<br />

heute praktisch <strong>de</strong>n ganzen Kontinent ab. Dem Ziel<br />

<strong>de</strong>s Europarates, einen gesamteuropäischen <strong>de</strong>mokratischen<br />

Sicherheitsraum zu schaffen, kommt damit eine noch<br />

grössere Be<strong>de</strong>utung zu. Gleichzeitig sind auch die Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

an das von <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung und<br />

vom Ministerkomitee eingesetzte System für die Überprüfung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> von allen Mitgliedlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n bei ihrem Beitritt eingegangenen<br />

Verpflichtungen gestiegen. Gegenwärtig sind Überprüfungen<br />

in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n im Gange: Albanien, Bulgarien,<br />

Tschechische Republik, Estland, Litauen, Moldawien, Rumänien,<br />

Russland, Slowakische Republik, Türkei und Ukraine.<br />

Verschie<strong>de</strong>ne schweizerische Delegationsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> üben<br />

hier Berichterstatterfunktionen aus: Nationalrat Columberg<br />

für Albanien, Bulgarien und Moldawien, Nationalrat Gross<br />

Andreas für Litauen, Nationalrat Mühlemann für Russland,<br />

Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at Rhinow für die Tschechische Republik und Nationalrat<br />

Ruffy für Albanien.<br />

Seit unserer letzten Berichterstattung wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n USA, Kanada<br />

und Japan <strong><strong>de</strong>r</strong> Beobachterstatus beim Europarat eingeräumt,<br />

wobei sich die Beobachtungstätigkeit gegenwärtig<br />

noch auf das Ministerkomitee beschränkt. Das Interesse dieser<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong> am Europarat darf als wichtiges Zeichen <strong><strong>de</strong>r</strong> Anerkennung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Tätigkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Organisation<br />

beim Aufbau eines gesamteuropäischen <strong>de</strong>mokratischen<br />

Sicherheitsraumes gewertet wer<strong>de</strong>n.<br />

Weitere wichtige Schwerpunkte <strong>de</strong>s Berichtsjahres waren<br />

das Aufnahmegesuch Kroatiens und die Ereignisse in Albanien<br />

im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n Parlamentswahlen vom Mai/<br />

Juni 1996 und <strong>de</strong>n Kommunalwahlen vom Oktober 1996.<br />

Die Meinungen zum Aufnahmegesuch Kroatiens drifteten in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Es ging<br />

nicht nur um die allgemeine Beitrittsreife dieses Lan<strong>de</strong>s, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

auch um die Rolle Kroatiens im Konflikt im ehemaligen<br />

Jugoslawien und um die Frage <strong><strong>de</strong>r</strong> Opportunität <strong><strong>de</strong>r</strong> unterschiedlichen<br />

Behandlung von Beitrittsgesuchen von Staaten<br />

im ehemaligen Jugoslawien. Kroatien wur<strong>de</strong> nach einem Aufschub<br />

schliesslich am 6. November 1996 als 40. Mitgliedland<br />

in <strong>de</strong>n Europarat aufgenommen (Kapitel 4).<br />

Nach<strong>de</strong>m die albanischen Parlamentswahlen Anlass zu kritischen<br />

Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzungen gegeben hatten, beschloss<br />

die Parlamentarische Versammlung die Entsendung einer<br />

Delegation zur Überwachung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommunalwahlen vom<br />

Herbst 1996 (Kapitel 5, 6).<br />

Von grosser Be<strong>de</strong>utung war auch die Verabschiedung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Bioethik-Konvention durch das Ministerkomitee, nach<strong>de</strong>m<br />

die Parlamentarische Versammlung Gelegenheit hatte, zweimal<br />

dazu Stellung zu nehmen (Kapitel 6).<br />

2. Zusammensetzung <strong><strong>de</strong>r</strong> Delegation<br />

Die Delegation setzte sich im Berichtsjahr wie folgt zusammen:<br />

– Nationalrat: Mühlemann (Präsi<strong>de</strong>nt), Ruffy (Vizepräsi<strong>de</strong>nt),<br />

Caccia, Columberg, Fehr Lisbeth, Frey Clau<strong>de</strong>, Gross Andreas,<br />

Vermot;<br />

– Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at: Bloetzer, Plattner, Rhinow, Seiler Bernhard.<br />

Spezielle Funktionen von Delegationsmitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n während<br />

<strong>de</strong>s Berichtsjahres<br />

Zu Beginn <strong>de</strong>s Berichtsjahres wur<strong>de</strong>:<br />

– Nationalrat Ruffy als Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission für<br />

Umwelt, Raumplanung und lokale Behör<strong>de</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gewählt<br />

und als Präsi<strong>de</strong>nt von <strong><strong>de</strong>r</strong>en Subkommission Raumplanung<br />

gewählt;<br />

– Nationalrat Columberg als Vizepräsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission<br />

für die Beziehungen zu <strong>de</strong>n nationalen Parlamenten und zur<br />

Öffentlichkeit wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gewählt;<br />

– Stän<strong><strong>de</strong>r</strong>at Seiler Bernhard zum Vizepräsi<strong>de</strong>nten <strong><strong>de</strong>r</strong> Landwirtschaftskommission<br />

gewählt;<br />

– Nationalrat Gross Andreas als Präsi<strong>de</strong>nt <strong><strong>de</strong>r</strong> Subkommission<br />

Partizipative Demokratie <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission für die Beziehungen<br />

zu <strong>de</strong>n nationalen Parlamenten und zur Öffentlichkeit<br />

gewählt;<br />

– Nationalrat Mühlemann wur<strong>de</strong> im Anschluss an die Aufnahme<br />

Russlands in <strong>de</strong>n Europarat zum Präsi<strong>de</strong>nten <strong><strong>de</strong>r</strong> Adhoc-Kommission<br />

für Tschetschenien gewählt.<br />

3. Wintersession 1996 (22.–26. Januar 1996)<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Wintersession 1996 stan<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong> Hauptthemen<br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Tagesordnung:<br />

a. das Gesuch <strong><strong>de</strong>r</strong> Russischen Fö<strong><strong>de</strong>r</strong>ation um Aufnahme in<br />

<strong>de</strong>n Europarat;<br />

b. die Beziehungen OSZE/Europarat: Ansprache von Bun<strong>de</strong>srat<br />

Flavio Cotti, <strong>de</strong>s amtieren<strong>de</strong>n OSZE-Präsi<strong>de</strong>nten;<br />

c. die Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitenrechte;<br />

d. Flüchtlinge und Vertriebene sowie Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufbau in gewissen<br />

Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n Ex-Jugoslawiens; die Lage <strong><strong>de</strong>r</strong> albanischen<br />

Asylbewerber aus Kosovo;<br />

e. die Umweltpolitik in Europa;<br />

f. die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit<br />

mit <strong>de</strong>n Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n Mittel- und Osteuropas;<br />

g. die «elektronische Demokratie».<br />

3.1 Das Gesuch <strong><strong>de</strong>r</strong> Russischen Fö<strong><strong>de</strong>r</strong>ation um Aufnahme in<br />

<strong>de</strong>n Europarat<br />

Das im Februar 1995 aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Intervention Russlands in<br />

Tschetschenien eingestellte Verfahren zur Aufnahme <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Russischen Fö<strong><strong>de</strong>r</strong>ation in <strong>de</strong>n Europarat wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m<br />

Abschluss <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>nsabkommens im Herbst 1995 wie<strong><strong>de</strong>r</strong>aufgenommen.<br />

Die Parlamentarische Versammlung stützte<br />

sich bei ihrer Prüfung <strong>de</strong>s Gesuchs auf <strong>de</strong>n von Nationalrat<br />

Mühlemann als Hauptberichterstatter verfassten Bericht.<br />

Innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung waren die<br />

Meinungen geteilt:<br />

– die eine Seite sprach sich für einen Beitritt aus, weil durch<br />

die Aufnahme in <strong>de</strong>n Kreis <strong><strong>de</strong>r</strong> europäischen Völker die Einleitung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> menschenrechtlichen und <strong>de</strong>mokratischen Entwicklung<br />

ermöglicht wer<strong>de</strong>;<br />

– die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Seite sprach sich gegen eine Aufnahme Russlands<br />

aus, weil dieses Land die Kriterien <strong>de</strong>s Europarates<br />

nicht erfülle.<br />

Im Bericht nahm Nationalrat Mühlemann klar für einen Beitritt<br />

Stellung: Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Zusicherung Russlands, die politischen,<br />

rechtlichen und wirtschaftlichen Reformen fortzuführen und<br />

eine politische Lösung im Tschetschenienkonflikt zu suchen,<br />

gebe es keinen Grund mehr, Russland die Mitgliedschaft im<br />

Europarat zu verwehren. Dies um so mehr, als die Politische<br />

Kommission <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung vorgeschlagen<br />

habe, ihr Instrumentarium zur Kontrolle über die<br />

Einhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> von Russland eingegangenen Verpflichtungen<br />

zu verstärken.<br />

Nach Auffassung verschie<strong>de</strong>ner Abgeordneter, vor allem aus<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission für Rechtsfragen und Menschenrechte, erfüllt<br />

die Russische Fö<strong><strong>de</strong>r</strong>ation jedoch die in <strong>de</strong>n Europaratssatzungen<br />

vorgesehenen Aufnahmebedingungen noch nicht.<br />

Dies gelte insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e für die Kriterien <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsstaatlichkeit<br />

und <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschenrechte. Ein Beweis dafür seien die<br />

Menschenrechtsverletzungen Russlands in Tschetschenien.<br />

Die Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Parlamentarischen Versammlung stan<strong>de</strong>n<br />

somit vor <strong>de</strong>m Dilemma, ob sie nach politischen o<strong><strong>de</strong>r</strong> nach juristischen<br />

Kriterien entschei<strong>de</strong>n sollten. Sollten sie <strong>de</strong>n Normen<br />

und Regeln <strong>de</strong>s Europarates <strong>de</strong>n Vorrang geben und<br />

somit Russland wegen <strong>de</strong>ssen Rechts- und Menschenrechtssituation<br />

<strong>de</strong>n Beitritt verwehren? O<strong><strong>de</strong>r</strong> sollten sie sich<br />

von <strong><strong>de</strong>r</strong> politischen Überlegung leiten lassen, dass mit einer<br />

Aufnahme Russlands <strong><strong>de</strong>r</strong> Rahmen für die Befolgung <strong><strong>de</strong>r</strong> Europaratsnormen<br />

geschaffen wird und damit die Aussichten<br />

auf eine Verbesserung <strong><strong>de</strong>r</strong> heutigen Situation in Russland erhöht<br />

wer<strong>de</strong>n?<br />

Nationalrat Columberg betrachtete die Aufnahme Russlands<br />

aus zwei Grün<strong>de</strong>n als verfrüht. Zum einen sei Russland an-<br />

<strong>Bulletin</strong> <strong>officiel</strong> <strong>de</strong> l’Assemblée fédérale

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