Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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16. Juni 1997 N 1223 Asylgesetz und Anag. Än<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<br />
und Kriterien, sogar abschliessend, aufgezählt sind – auch<br />
zugunsten <strong>de</strong>s Asylsuchen<strong>de</strong>n –, Klarheit schaffen.<br />
Darum bitte ich Sie, diesem Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitsantrag zuzustimmen.<br />
Steinemann Walter (F, SG), Sprecher <strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit: Auch<br />
ich spreche für eine grosse, gewichtige Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit. Diese will<br />
bei Artikel 22 einen neuen Absatz 5 einführen. Der Antrag<br />
will die Sorgfaltspflicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Fluggesellschaften festschreiben,<br />
wonach sie bei Passagieren mit Reiseziel Schweiz vor <strong>de</strong>m<br />
Einsteigen zu überprüfen haben, ob die erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen Einreisedokumente<br />
für die Ziel<strong>de</strong>stination Schweiz vorhan<strong>de</strong>n<br />
sind. Diese Sorgfaltspflicht ist für die Fluggesellschaften zumutbar<br />
und wird von ihnen oft o<strong><strong>de</strong>r</strong> meistens weltweit wahrgenommen.<br />
Die Betreuungs- und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e die Rückbeför<strong><strong>de</strong>r</strong>ungspflicht<br />
ist <strong>de</strong>n Gesellschaften ebenfalls nicht unbekannt.<br />
Sie ist unproblematisch und wird von <strong>de</strong>n Carriers<br />
nicht bestritten. Somit scheint es uns zumutbar, dass sich<br />
eine Fluggesellschaft auf Verlangen <strong><strong>de</strong>r</strong> zuständigen Behör<strong>de</strong>n<br />
um einen Auslän<strong><strong>de</strong>r</strong>, <strong>de</strong>m die Einreise nicht gestattet<br />
wird, zu kümmern hat und diesen in <strong>de</strong>n Staat, von <strong>de</strong>m aus<br />
er beför<strong><strong>de</strong>r</strong>t wur<strong>de</strong>, o<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong>de</strong>n Staat, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Pass ausgestellt<br />
hat, o<strong><strong>de</strong>r</strong> in einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en, in <strong>de</strong>n er rechtmässig einreisen<br />
kann, weiter- o<strong><strong>de</strong>r</strong> zurückfliegen muss. Auch wenn eingewen<strong>de</strong>t<br />
wird, dieses Anliegen stehe im Chicago-Abkommen<br />
über die internationale Zivilluftfahrt, ist die Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung, diese Bestimmung sei aus Grün<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Klarheit<br />
anzubringen.<br />
In dieser Rückbeför<strong><strong>de</strong>r</strong>ungspflicht ist auch die Pflicht zur Betreuung<br />
vorgesehen, wenn eine unmittelbare Rückweisung<br />
nicht möglich o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Sicherheitsbegleitung erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lich ist.<br />
Auf die explizite Aufführung von Sanktionen gegen Fluggesellschaften<br />
haben wir verzichtet. Die Abstimmung über diesen<br />
neuen Absatz 5 ergab in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission 9 zu 9 Stimmen;<br />
das Anliegen wur<strong>de</strong> dann aber mit Stichentscheid <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Präsi<strong>de</strong>ntin in die Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit versetzt.<br />
Ich bitte Sie um Zustimmung, damit diese Bestimmung ins<br />
Gesetz aufgenommen wer<strong>de</strong>n kann.<br />
Fritschi Oscar (R, ZH): Wenn im Zuge <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommissionsberatungen,<br />
die bekanntermassen sehr ins Detail gingen, eine<br />
Bestimmung beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s eingehend und ausführlich unter die<br />
Lupe genommen wor<strong>de</strong>n ist, dann die sogenannte Flughafenregelung,<br />
die in zwei Etappen beraten wor<strong>de</strong>n ist und die<br />
zu einem neuen Verfahrensartikel geführt hat.<br />
Die Gründlichkeit war zweifellos angebracht, just weil die<br />
Kommission davon ausging, dass ein Zurückhalten im Transitbereich<br />
<strong>de</strong>s Flughafens als Freiheitsentzug zu werten ist<br />
und dass es darauf ankommt, das Verfahren kompatibel mit<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Menschenrechtskonvention auszugestalten.<br />
Zu diesem Zweck wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>shalb von <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission<br />
auch die Meinung von Professor Trechsel, <strong>de</strong>m schweizerischen<br />
Mitglied in <strong><strong>de</strong>r</strong> Europäischen Kommission für Menschenrechte,<br />
eingeholt, und diese Bemühungen haben sich<br />
nun in einem neuen Artikel 21a in Verbindung mit einem<br />
neuen Absatz 4 von Artikel 22 nie<strong><strong>de</strong>r</strong>geschlagen, <strong>de</strong>nen allenfalls<br />
eine gar pingelige Reglementierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Details vorgeworfen<br />
wer<strong>de</strong>n kann, sicher aber nicht, sie kollidierten mit<br />
<strong>de</strong>n Geboten <strong><strong>de</strong>r</strong> EMRK.<br />
Wenn ich da eine Zwischenbemerkung einschieben darf, für<br />
<strong>de</strong>n Fall, dass in <strong><strong>de</strong>r</strong> weiteren Diskussion darauf angesprochen<br />
wird: Vor knapp zwei Wochen ist in einer Zürcher Tageszeitung<br />
ein Bun<strong>de</strong>sgerichtsurteil referiert wor<strong>de</strong>n, das<br />
sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Flughafenregelung befasst. Dazu möchte ich<br />
<strong>de</strong>utlich anmerken, dass die Darstellung <strong>de</strong>s Artikels insofern<br />
irreführend war, als er nicht zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Phase unterschied,<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> über die Einreiseberechtigung entschie<strong>de</strong>n wird, und<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Phase, die dann beginnt, wenn das Bun<strong>de</strong>samt für<br />
Flüchtlinge eine Wegweisung verfügt hat. Ich halte in aller<br />
Form fest, dass sich das Bun<strong>de</strong>sgericht im angesprochenen<br />
Urteil nicht zur Frage geäussert hat, wie lange diese erste<br />
Phase, über die wir hier <strong>de</strong>battieren, dauern darf.<br />
Diese Frist von zwei Wochen, um <strong>de</strong>n ersten Entscheid – die<br />
vorläufige Verweigerung <strong><strong>de</strong>r</strong> Einreise – zu überprüfen,<br />
scheint uns nicht einfach trölerisch angesetzt. Es geht, insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />
für <strong>de</strong>n Gesuchsteller, um einen wichtigen Ent-<br />
<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />
scheid, <strong>de</strong>nn <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesuchsteller behauptet ja, im Falle seiner<br />
Wegreisung wäre die Rückkehr in <strong>de</strong>n angeblichen Verfolgerstaat<br />
seine einzige Wegweisemöglichkeit. Da braucht es<br />
eine umfassen<strong>de</strong> Anhörung mit Dolmetschern. Da braucht es<br />
gegebenenfalls die Mitwirkung <strong>de</strong>s Uno-Hochkommissariates<br />
für Flüchtlinge, das wie<strong><strong>de</strong>r</strong>um seine Zeit benötigt, um Informationen<br />
über behauptete Situationen und Zustän<strong>de</strong> vor<br />
Ort einzuholen. Und während dieser maximal 15 Werk- und<br />
Feiertage sind für jeman<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich von seinem bisherigen<br />
Staat verfolgt fühlt, die Transitzone eines Flughafens und<br />
eine angemessene Unterkunft wohl nicht völlig unzumutbare<br />
Zuweisungen.<br />
Insgesamt ist auch zu be<strong>de</strong>nken, dass bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Flughafenregelung<br />
eine gewisse Vorsicht sehr wohl angebracht ist: Flughäfen<br />
können zu Einfallstoren für Asylbewerber ohne Dokumente,<br />
zur eigentlichen Achillesferse im Asylverfahren wer<strong>de</strong>n.<br />
Das ist bisher in <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz nicht so, auch wenn die Zahlen<br />
in letzter Zeit zugenommen haben. Über die Flughäfen kommen<br />
immer noch <strong>de</strong>utlich weniger Asylbewerber zu uns als<br />
etwa in Deutschland und Österreich. Es ist aber doch daran<br />
zu erinnern, dass sich zu Beginn dieses Jahrzehntes einmal<br />
in kurzer Zeit 200 000 Gesuche auf <strong>de</strong>m Flughafen Frankfurt<br />
ansammelten, weil es sich herumgesprochen hatte, dass innert<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> maximal gesetzten Frist für <strong>de</strong>n Entscheid die Abklärungen<br />
nicht zu treffen waren. Insofern ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrag <strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit<br />
<strong>de</strong> Dar<strong>de</strong>l wirklich problematisch.<br />
Die FDP-Fraktion empfiehlt Ihnen <strong>de</strong>shalb Ablehnung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Anträge <strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit <strong>de</strong> Dar<strong>de</strong>l und Zustimmung zu <strong>de</strong>n<br />
Anträgen <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission.<br />
Zwygart Otto (U, BE): Die LdU/EVP-Fraktion wird <strong>de</strong>m Konzept<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit <strong>de</strong> Dar<strong>de</strong>l zustimmen.<br />
Es ist uns klar – wir haben es gehört –, dass wir eine rechtlich<br />
saubere, haltbare Lösung brauchen; das ist eine Voraussetzung.<br />
Sonst wer<strong>de</strong>n die Leute, die irgendwo um Asyl nachsuchen,<br />
ausweichen und allenfalls <strong>de</strong>n Zugang über die grüne<br />
Grenze suchen. Das wäre ein verfehltes Verfahren. Dabei<br />
sind die machbaren Fristen <strong><strong>de</strong>r</strong> entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Punkt. Hier<br />
hat man praktische Erfahrungen, man hat aber auch einen<br />
zweiten kritischen Punkt: die Unterbringung in <strong>de</strong>n Flughäfen.<br />
Wir wissen, dass wir da Lösungen für die Frage suchen<br />
müssen, ob wir das nun für eine Person o<strong><strong>de</strong>r</strong> für Gruppen<br />
machen müssen. Da lag es über einige Zeit im argen bei uns.<br />
Wir sind dankbar, dass heute diesbezüglich Verbesserungen<br />
erreicht wur<strong>de</strong>n.<br />
Fliegen ist eine mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Reisemetho<strong>de</strong>; bei <strong><strong>de</strong>r</strong> gegenwärtigen<br />
Ten<strong>de</strong>nz <strong><strong>de</strong>r</strong> sinken<strong>de</strong>n Billettpreise könnte es durchaus<br />
sein, dass das Anfliegen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweiz vermehrt praktiziert<br />
wird. Die steigen<strong>de</strong> Ten<strong>de</strong>nz kann sich dann als Hin<strong><strong>de</strong>r</strong>nis erweisen.<br />
Aber an<strong><strong>de</strong>r</strong>seits ist eine Frist, die lange genug ist,<br />
auch eine Puffermöglichkeit, um eine solche Zunahme aufzufangen.<br />
Die Einrichtungen am Flughafen müssen vorhan<strong>de</strong>n<br />
sein; sie müssen sich aber auch über bestimmte Bereiche<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> juristischen, medizinischen, aber auch <strong><strong>de</strong>r</strong> asylrelevanten<br />
Bereiche erstrecken, und das braucht eine Tiefenstaffelung.<br />
Diese muss gesichert sein, und das kann durchaus auch geschehen,<br />
in<strong>de</strong>m man sich zeitlich nicht zu strenge Fristen<br />
auferlegt. Die saubere Regelung ist sowohl bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrheit<br />
wie bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit vorhan<strong>de</strong>n.<br />
Unsere Fraktion wen<strong>de</strong>t sich hingegen ganz klar gegen die<br />
Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heitsanträge Fehr Hans und Steinemann. Zuerst zum<br />
Antrag <strong><strong>de</strong>r</strong> Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit Steinemann zu Artikel 22 Absatz 5:<br />
Die Praxis, die hier beantragt wird, ist an<strong><strong>de</strong>r</strong>swo nie<strong><strong>de</strong>r</strong>geschrieben;<br />
es braucht sie nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> ausdrücklichen Form.<br />
Sie hat aber vor allem auch Schwächen, in<strong>de</strong>m gewisse Sachen<br />
gar nicht durchgesetzt wer<strong>de</strong>n können.<br />
Was die Min<strong><strong>de</strong>r</strong>heit Fehr Hans bei Artikel 22 Absätze 1 und 3<br />
beantragt – <strong>de</strong>n Ersatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Kann-Formulierung –, ist ein Handicap,<br />
ein Fesseln-Anlegen, das sich als Bumerang erweisen<br />
könnte. Es gibt immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Grauzonen und Bereiche, wo<br />
das Obligatorium zu Unrecht gegenüber Menschen führt, die<br />
um Asyl nachsuchen. Deswegen ist unsere Fraktion <strong><strong>de</strong>r</strong> Meinung,<br />
dass hier die Kann-Vorschrift <strong><strong>de</strong>r</strong> richtige Weg ist.