Amtliches Bulletin der Bundesversammlung Bulletin officiel de l ...
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12. Juni 1997 N 1143 Nationalbankgesetz. Revision<br />
begrün<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> auf <strong>de</strong>m Antrag Stucky (Ziff. II Ziff. 1 neu) basiert.<br />
Artikel 39 Absatz 3 <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>sverfassung gibt <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizerischen<br />
Nationalbank <strong>de</strong>n Auftrag, für <strong>de</strong>n Geldumlauf <strong>de</strong>s<br />
Lan<strong>de</strong>s zu sorgen, ihn zu organisieren und optimal zu regeln,<br />
<strong>de</strong>n Zahlungsverkehr zu erleichtern und im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Bun<strong>de</strong>sgesetzgebung eine <strong>de</strong>n Gesamtinteressen <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s<br />
dienen<strong>de</strong> Kredit- und – vor allem auf die Gegenwart bezogen<br />
– optimale Währungspolitik zu führen. Die vorgelegte<br />
Revision <strong>de</strong>s Nationalbankgesetzes soll nun <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizerischen<br />
Nationalbank eine flexiblere und <strong>de</strong>n Neuerungen an<br />
<strong>de</strong>n Finanzmärkten Rechnung tragen<strong>de</strong> Anlagepolitik ermöglichen,<br />
in<strong>de</strong>m die Währungsreserven an<strong><strong>de</strong>r</strong>s angelegt<br />
wer<strong>de</strong>n können.<br />
Heute müssen die Devisenreserven für die Steuerung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Geldmenge und insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e für Interventionen am Devisenmarkt<br />
in liqui<strong><strong>de</strong>r</strong> Form gehalten wer<strong>de</strong>n. Man weiss aber,<br />
dass eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e, etwas «gestrecktere» Anlagepolitik sehr<br />
wohl möglich wäre, um trotz<strong>de</strong>m diesem Ziel Rechnung zu<br />
tragen. Aus einer solchen besseren Anlagepolitik wür<strong>de</strong>n<br />
400 Millionen Franken Mehrertrag erzielt wer<strong>de</strong>n können. Es<br />
han<strong>de</strong>lt sich von daher um ein sehr beschränktes Anliegen,<br />
das bei dieser Teilrevision auf <strong>de</strong>n Tisch kommt und zu <strong>de</strong>m<br />
die grüne Fraktion ihr Einverständnis gibt.<br />
Das heisst: Von unserer Seite wen<strong>de</strong>n wir uns nicht gegen<br />
diese Teilrevision. Wir möchten höchstens noch <strong>de</strong>n Hinweis<br />
anbringen, dass die Nationalbank – gera<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>n Unsicherheiten,<br />
die mit <strong>de</strong>m Euro verbun<strong>de</strong>n sind – sehr darauf achten<br />
muss, dass sie ihre Fähigkeit für Devisenmarktinterventionen<br />
aufrechterhält und ihre Anlagepolitik auch entsprechend<br />
ausrichtet. Soweit zum Geschäft, wie es auf <strong>de</strong>n Tisch<br />
<strong>de</strong>s Rates und <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission gekommen ist.<br />
Nun zum Rückweisungsantrag <strong><strong>de</strong>r</strong> grünen Fraktion, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich<br />
auf <strong>de</strong>n Antrag Stucky bezieht: Wir haben diesen Antrag in<br />
<strong>de</strong>n letzten Tagen zum ersten Mal gesehen. Er hat gleich,<br />
was nicht überraschend ist, eine sehr breite Aufmerksamkeit<br />
gefun<strong>de</strong>n. Die grüne Fraktion will sich mit diesem Antrag<br />
näher auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen. Herr Stucky will 400 Millionen<br />
Franken in eine Stiftung für humanitäre Zwecke im<br />
In- und Ausland geben, und zwar durch die Gel<strong><strong>de</strong>r</strong>, die die<br />
Nationalbank durch eine bessere Anlagepolitik hereinholen<br />
soll. Mit diesem Antrag stellt Herr Stucky die Verbindung zu<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> vom Bun<strong>de</strong>srat vorgeschlagenen Stiftung für Solidarität<br />
her.<br />
Mit einem Geschäft, das sowohl im Inland, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Schweizer<br />
Bevölkerung, als auch im Ausland auf grösste Aufmerksamkeit<br />
und Sensibilitäten stösst, oft auch für Aufregungen sorgt,<br />
sollten wir sehr sorgfältig umgehen. Der Antrag Stucky verdient<br />
<strong>de</strong>shalb eine sorgfältige Behandlung. Wir sollten ihn<br />
nicht in einem Hauruckverfahren annehmen o<strong><strong>de</strong>r</strong> ablehnen.<br />
Wenn er ernst gemeint ist, sollte er <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission zur besseren<br />
und umfassen<strong>de</strong>n Beurteilung vorgelegt wer<strong>de</strong>n. Aus<br />
welchen Grün<strong>de</strong>n?<br />
1. Der Antrag Stucky hat in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission nicht vorgelegen.<br />
Eine nähere Diskussion in <strong><strong>de</strong>r</strong> Kommission wäre notwendig,<br />
um auch eine breitere politische Trägerschaft dieses<br />
Vorschlages zu prüfen und genauer zu wissen, in welchen<br />
Kreisen er auf Zustimmung stossen wür<strong>de</strong>.<br />
2. Die Haltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Kantone ist nicht bekannt. Zwei Drittel <strong>de</strong>s<br />
Ertrages gehen ja bekanntlich an die Kantone. Wir müssten<br />
wissen, ob die Kantone bereit wären, ihren Anteil in eine solche<br />
Stiftung einzubringen. Wäre <strong>de</strong>m nicht so, dann wür<strong>de</strong><br />
die Stiftung praktisch ihrer finanziellen Basis beraubt. Man<br />
könnte sagen, sie hätte Schwindsucht.<br />
Daraus ergibt sich die Frage: Was will Herr Stucky eigentlich,<br />
grundsätzlich? Will er im positiven Sinne die Stiftung für Solidarität<br />
auf eine bessere politische Basis stellen? O<strong><strong>de</strong>r</strong> ist<br />
sein Antrag <strong><strong>de</strong>r</strong> Versuch eines geregelten, geordneten Ausstieges<br />
aus diesem Geschäft? Das müsste näher geprüft<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
3. Schliesslich wäre es notwendig, auch eine Stellungnahme<br />
<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates zu diesem Vorschlag zu erhalten.<br />
Das waren und sind die Grün<strong>de</strong>, warum die grüne Fraktion<br />
wegen <strong>de</strong>s Antrages Stucky das ganze Geschäft an die Kommission<br />
zurückweisen will. Eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Möglichkeit, unserer-<br />
<strong>Amtliches</strong> <strong>Bulletin</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Bun<strong>de</strong>sversammlung</strong><br />
seits konstruktiv und mit Sorgfalt auf <strong>de</strong>n Antrag zu reagieren,<br />
gibt es nicht.<br />
Jans Armin (S, ZG): Gemäss Artikel 2 <strong>de</strong>s Nationalbankgesetzes<br />
hat die Schweizerische Nationalbank «die Hauptaufgabe,<br />
<strong>de</strong>n Geldumlauf <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s zu regeln, <strong>de</strong>n Zahlungsverkehr<br />
zu erleichtern und eine <strong>de</strong>n Gesamtinteressen <strong>de</strong>s<br />
Lan<strong>de</strong>s dienen<strong>de</strong> Kredit- und Währungspolitik zu führen»,<br />
und «sie berät die Bun<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong>n in Währungsfragen».<br />
Neben dieser Hauptaufgabe hat sie auch Nebenaufgaben.<br />
Die Schweizerische Nationalbank ist die Hausbank für <strong>de</strong>n<br />
Bund, und sie verwaltet die Gold- und Devisenreserven <strong>de</strong>s<br />
Lan<strong>de</strong>s.<br />
Der Stein <strong>de</strong>s Anstosses war letztes Jahr <strong><strong>de</strong>r</strong> unbefriedigen<strong>de</strong><br />
Ertrag, <strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong>de</strong>n Vermögen gezogen wird; ich verweise<br />
Sie auf die parlamentarische Initiative Le<strong><strong>de</strong>r</strong>gerber. Ich<br />
will hier nochmals betonen: Es ist nicht die Hauptaufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Schweizerischen Nationalbank, aber es ist eine ihrer Aufgaben,<br />
<strong>de</strong>n Staatsschatz zins- und ertragbringend anzulegen.<br />
Das Vermögen ist ausseror<strong>de</strong>ntlich gross: Nach offiziellen Bilanzwerten<br />
60 Milliar<strong>de</strong>n Franken, nach Marktkursen – wenn<br />
man berücksichtigt, dass das Gold nicht 4596 Franken pro<br />
Kilogramm, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n etwa 16 000 wert ist – 90 Milliar<strong>de</strong>n<br />
Franken (Stand En<strong>de</strong> 1996).<br />
Es ist erlaubt zu fragen, welche Rendite daraus erzielt wird.<br />
Die Antwort lautet: Auf <strong>de</strong>n 90 Milliar<strong>de</strong>n Franken sind es 1,5<br />
bis 2 Prozent pro Jahr, und eine ganz wesentliche Rolle spielt<br />
dabei, dass Gold keinen Ertrag abwirft. Das Gold hat seit<br />
1982 die Hälfte <strong>de</strong>s Wertes verloren, Herr Maspoli. Gold ist<br />
nicht nur ertragslos, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n es ist dauernd noch mit Verlusten<br />
zu rechnen.<br />
Im Klartext kann man sagen, dass die Schweizerische Nationalbank<br />
aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Anlagevorschriften, die sie befolgen<br />
muss, und aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Tatsache, dass sie mit <strong>de</strong>n Dollar<strong>de</strong>visen<br />
nur kurzfristige Titel anschaffen konnte, geringere Erträge<br />
erwirtschaftet hat, als sie erwirtschaften könnte. Wir haben<br />
quasi auf diesem Wege die amerikanischen Steuerzahlerinnen<br />
und Steuerzahler unfreiwillig mitsubventioniert.<br />
Die Revision <strong>de</strong>s Nationalbankgesetzes soll jetzt diese «Subventionierung»<br />
<strong>de</strong>s amerikanischen Steuerzahlers been<strong>de</strong>n;<br />
so lassen sich etwa 400 Millionen Franken Mehrertrag pro<br />
Jahr erzielen. Parallel dazu soll die Gold<strong>de</strong>ckung <strong>de</strong>s Notenumlaufes<br />
nicht abgeschafft, aber von 40 auf 25 Prozent gesenkt<br />
wer<strong>de</strong>n, wohlgemerkt zu <strong>de</strong>n offiziellen, unrealistischen<br />
Kursen.<br />
Kollege Maspoli, Sie haben übersehen, dass – zu Marktkursen<br />
berechnet – <strong><strong>de</strong>r</strong> Notenumlauf heute zu 140 Prozent ge<strong>de</strong>ckt<br />
ist und neu, wenn wir <strong>de</strong>n Vorschlag <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>srates<br />
akzeptieren, immer noch zu 86 Prozent.<br />
Grundsätzlich meine ich aber, dass die Gold<strong>de</strong>ckung nicht<br />
mehr nötig ist und aufgehoben wer<strong>de</strong>n sollte, dies <strong>de</strong>shalb,<br />
weil sich <strong><strong>de</strong>r</strong> Wert <strong>de</strong>s Frankens nicht nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Menge Gold<br />
im Tresor <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalbank bemisst, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n nach seiner<br />
Kaufkraft. Er bemisst sich also nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, wie viele Waren<br />
und Dienstleistungen ich letztlich dafür erhalte.<br />
Die Pflicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Nationalbank, Banknoten, die von Privaten<br />
eingereicht wer<strong>de</strong>n, in Goldmünzen und Goldbarren einzulösen,<br />
ist bereits 1936 <strong>de</strong>finitiv aufgehoben wor<strong>de</strong>n. Beim heutigen<br />
Wechselkurssystem mit weitgehend marktbestimmten<br />
Wechselkursen ist Gold völlig funktionslos gewor<strong>de</strong>n. Mit an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />
Worten: Unser Verfassungsrecht und die Verfassungswirklichkeit<br />
klaffen heute stark auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />
Ich möchte hier, obwohl <strong><strong>de</strong>r</strong> Antrag von seinem Urheber noch<br />
nicht begrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n ist, noch etwas zum Vorschlag von<br />
Kollege Stucky sagen: Ich <strong>de</strong>nke, dass sein Vorschlag letztlich<br />
einen richtigen Kern hat, wonach die zu grün<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />
Schweizerische Stiftung für Solidarität nicht einen Teil <strong>de</strong>s<br />
Gol<strong>de</strong>s erhalten sollte, das die Nationalbank heute verwaltet,<br />
son<strong><strong>de</strong>r</strong>n dass man ihr die Mittel zur Verfügung stellen soll, die<br />
sie für ihre Aufgaben braucht.<br />
Ich meine aber, dass das Vorgehen nicht sinnvoll ist. Wir sollten<br />
diese Stiftung sehr präzise, sehr sorgfältig diskutieren,<br />
und ich möchte Kollege Stucky einla<strong>de</strong>n, seinen Antrag zurückzuziehen;<br />
dies auch <strong>de</strong>shalb, damit wir <strong>de</strong>m Ausland gegenüber<br />
keine missverständlichen Signale aussen<strong>de</strong>n.